Die Magie des Falken
Eyvindr hatte sich schon zu den Versammelten umgedreht, stieß die Faust mehrmals in die Luft und ließ den Platz unter den Hochrufen erbeben. Laggars helle Schreie hallten über allem. Man konnte meinen, es sei ein König gekrönt worden. Unter dem Jubel drückte Æringa ihm einen unbeschreiblich warmen Kuss auf die Wange, und der Hersir Jarnskegge und ein vor Glück betäubter Kyrrispörr begaben sich wieder in den Kreis zurück.
»Steck das besser weg«, sagte der Bucklige und lachte keckernd. Kyrrispörr beeilte sich, das prachtvolle Schwert in die Scheide gleiten zu lassen und Laggar zu streicheln, der von dem Geschehen wenig angetan war. Wie betäubt sah er zu, wie Eyvindr Kelda die allgemeine Aufregung wieder herunterkühlte, um mit dem eigentlichen Anlass für das Thing zu beginnen.
Kyrrispörr fühlte sich, als würde er schweben. Am liebsten hätte er Laggar auf den Schnabel geküsst und mit dem Buckligen getanzt. Ein Jarl und der geachtetste Seimar hatten ihn bei der Weihe begleitet! Und dann das Schwert … Kyrrispörr konnte gar nicht mehr damit aufhören, den Griff an seiner Seite zu betasten. Ja, das war wirklich sogar eines Königs »… und Seimar Kyrrispörr Hæricson wird berichten, wie es ihm unter Olaf Tryggvason ergangen ist. Tritt vor, Kyrrispörr.«
Es fuhr ihm wie ein Blitz durch die Glieder. Das hatte er ja vollkommen vergessen! Aber nach dieser feierlichen Aufnahme fiel es ihm schon leichter, wieder in den Kreis zu treten. Das Gewicht des Schwertes, das an seiner Schulter zerrte, spendete zusätzlich Sicherheit.
»Berichte. Wie war das, als Olafr Christ wurde?«
»Er hat König Æthelred den Angelsachsen getroffen«, krächzte Kyrrispörr. Eyvindr signalisierte ihm, lauter zu sprechen.
»König Æthelred Unred bot Olaf Tryggvason viel Silber. Aber er verlangte, dass Olafr sich dafür bekehren lässt. Und er gab ihm vier Priester mit.«
»Und wie erging es deinem Vater und den anderen Seimenn?«
»Zu Anfang haben wir eigentlich nichts bemerkt. Tryggvason ließ sich weiter Orakel werfen. Aber immer, wenn wir irgendwo angelegt hatten, wo die Bewohner keine Christen waren, hat er gesagt, lasst euch bekehren oder sterbt.«
»Nur das? Mehr hat er nicht verlangt?«
»Na, und dass sie Olaf als ihren Herren annehmen. Wer Christ ist, muss auch einem König gehorchen, hat er gesagt. Einem von Gott gesegneten König.«
»Und die anderen haben sich das gefallen lassen?«
Kyrrispörr zuckte mit den Schultern. »Olafr hat viele schnelle Schiffe. Die meisten Sippen hätte er niedergemacht, wenn sie sich widersetzt hätten. Oder ihnen wenigstens schweren Schaden zufügen können.«
»Und seine Seimenn?«
»Irgendwann wollte er keine Orakel mehr hören. Sie lauteten jetzt auch oft schlecht für ihn. Die Priester haben ihn immer getadelt, wenn er Seimenn befragt hat. Bis auf die Seimenn wurden dann alle getauft.«
»Und hat er gesagt, was er als König von Norwegen tun will?«
»Ja! Natürlich soll er von allen als Herr anerkannt werden, wie einst Harfager. Aber er hat auch mal gesagt, dass er den alten Glauben mit Stumpf und Stiel ausrotten möchte, mit dem Schwert, wenn es sein muss. Hæricr hatte sich schon gewundert, als Olafr plötzlich wieder mit seinen Seimenn sprach, aber manchmal war es so – an einem Tag erbitterter Feind, wenn er vor anderen über jemanden sprach, und am nächsten Tag, wenn die anderen nicht da waren, hat er den Beschimpften beschenkt. Hæricr Harekson nannte das ›Politik‹.«
Eyvindr Kelda nickte. Er stellte Kyrrispörr noch ein paar weitere Fragen, ließ sich von Olafs Eroberungszügen erzählen und wandte sich schließlich an die Versammelten, die wie gebannt zugehört hatten.
»Olafr Tryggvason, der von Harald Harfagers Geschlecht ist, will König sein über Norwegen. Doch was bringt er? Zweihandäxte der Huskarls von der Insel der Angelsachsen und Speere, wie sie die Schweden und die Dänen führen. Schärfer als jede Axt und durchdringender als jeder Speer ist jedoch seine Mission. Ich war im deutschen Reich Ottos, ich habe gesehen, wie ein jeder sich dort fügt in seine Rolle, die ihm von einem Herrn zugewiesen wird, und wie keiner aufbegehrt, wie es jeder freie Mann ob des Unrechts tun würde, denn Otto sagt, seine Macht wird von dem einen Gott gestützt, und wo nur ein Gott ist, da darf es auch nur einen Kaiser geben. Mann und Frau seien nicht würdig, gegen ihren Stand aufzubegehren. Sagt, was würden Oinn und Þórr von solchen Duckmäusern
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