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Die Magie des Falken

Die Magie des Falken

Titel: Die Magie des Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruben Philipp Wickenhaeuser
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meinte es gut mit ihm: Der Speerschaft blockierte damit die im Zuschlagen begriffene Axt, und der Krieger war nicht allzu kräftig. Die Axt glitt zur Seite ab und fuhr in den Boden. Kyrrispörr wusste, dass er seinem Gegner keine Zeit zum Schreien geben durfte: Sofort setzte er nach, versetzte dem anderen einen mehr schlecht als recht geführten Tritt in den Magen, der ihm aber die Luft aus den Lungen trieb, blockierte mit dem Speerschaft seine Beine, dass er auf den Rücken fiel, und hob den Speer zum Stich über den Kopf, aber er stieß nicht zu: Ein Mal durfte er Blut vergießen, hatte Eyvindr gesagt. Nicht öfter. Also drückte er seinem Gegner mit dem Fuß den Helm vom Kopf, um ihn wenigstens besinnungslos zu schlagen. Kyrrispörr erstarrte mitten in der Bewegung. Sein Gegner war Hvelpr.
    Hvelpr, den Olafr einst als Geisel genommen hatte, der Kyrrispörrs bester Freund geworden war – er lag nun hilflos zu seinen Füßen und hatte die Arme in dem unsinnigen Versuch erhoben, sein Gesicht vor dem glänzenden Speerblatt zu schützen. Als der Tod nicht wie erwartet kam, öffnete Hvelpr die zusammengekniffenen Augen und keuchte vor Erstaunen, als er Kyrrispörr erkannte.
    »Du?«, entfuhr es ihm. Einen Augenblick lang starrten sie sich an. Dann zischte Hvelpr: »Bring es zu Ende. Hast es endlich geschafft!« In seinen Augen lag blanker Hass.
    »Was habe ich geschafft?«, fragte Kyrrispörr verwirrt.
    »Du hast geglaubt, du hättest mich damals getötet! Jetzt bring es zu Ende, feiger Hund!«
    Hvelpr schloss die Augen, warf den Kopf in den Nacken, dass er Kyrrispörr die Kehle darbot, und krampfte die Hände ins Gras.
    »Ich wollte dich nicht töten!« Kyrrispörr ließ den Speer sinken. Hastig sah er sich um. Feilanr lag tot da. Sonst war hier, hinter der Hütte, niemand zu sehen. Von der anderen Seite hingegen drangen Geräusche herüber, als würden Olafs Mannen bald mit dem Schauspiel fertig sein. Dass er Feilan erschossen hatte, berührte Kyrrispörr merkwürdigerweise gar nicht – er verspürte weder Trauer noch Genugtuung.
    »Wir müssen weg!«, zischte Kyrrispörr. »Komm mit!«
    »Nur tot«, zischte Hvelpr zurück. Sein Blick war hasserfüllt, sodass Kyrrispörr keinen Augenblick am Ernst seiner Worte zweifelte. Die Zeit wurde knapp.
    »Wie du willst.« Er drehte den Speer um und stieß ihm das stumpfe Ende mit Wucht gegen die Stirne. Hvelpr erschlaffte.
    Hastig warf Kyrrispörr sich Hvelp über die Schulter und eilte geduckt davon. Er sah das Ruderboot schon, als er hinter sich Schreie hörte.
    »Stehenbleiben! Da flieht einer!« Kyrrispörr spurtete, so schnell er konnte. Hvelps Körper lag ihm schwer auf der Schulter, und der Speer erwies sich als äußerst hinderlich. Es war nicht mehr weit!
    Im nächsten Moment platzte seine Hoffnung auf Flucht. Zwei Männer versperrten ihm den Weg. Beide zogen Wurfbeile hervor. Mit der Last auf den Schultern konnte Kyrrispörr nicht ausweichen – ihm war klar, dass er in der Falle saß. Die beiden zögerten nicht: Schon hob sich das Beil über den Kopf des einen Mannes. Aber es entglitt ihm! Ungläubig starrte er auf die Pfeilspitze, die ihm aus der Brust trat. Gleich darauf fiel auch sein Kumpan zu Boden.
    »Schnell!«, rief Æthelstan und hatte schon seinen Bogen wieder gesenkt, um das Ruderboot ins Wasser zu schieben. Als Kyrrispörr Hvelp ins Boot gleiten ließ und rasch hinterhersprang, ruderten er und Æthelstan sogleich mit voller Kraft. Kyrrispörr sah ein paar von Olafs Männern oben über dem Ufer stehen bleiben; mehrere schlanke Schatten flogen trügerisch langsam zu ihnen herüber. Es gelang Kyrrispörr gerade noch rechtzeitig, den Kopf einzuziehen. Die Pfeile klapperten über die Reling und verschwanden im Wasser.
    Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis sie außer Reichweite der Bögen waren. Und es dauerte noch länger, bis Kyrrispörr sich sicher war, dass sie nicht verfolgt wurden. Hvelpr begann sich inzwischen wieder zu regen. Ein Gefühl sagte Kyrrispörr, dass es besser war, Hvelp erst einmal zu fesseln. Er überließ Æthelstan das Rudern und band Hvelp die Hände. Danach begann für Hvelp die schmerzhafte Tortur des Erwachens. Kyrrispörr beobachtete ihn dabei; er fragte sich, was solchen Hass in die Augen seines Freundes gesät hatte.
    In einer von Ufergrün gut getarnten Bucht warteten sie, ob sich Verfolger an ihre Fersen geheftet hatten. Aber Olafr brauchte seine Männer offenbar anderswo.
    »Ich wollte dich nicht umbringen, was erzählst

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