Die Magie Des Herrschers

sein.
    Ohne sich aufzuhalten, schritt er in seine Gemächer, öffnete die beiden Flügeltüren des riesigen schwarzen Lackschranks und betrachtete die verbliebenen zehn Klingen, die in all ihrer meisterlichen Pracht in den Halterungen hingen. Keine der Waffen machte auf ihn den Eindruck, eine raffiniert angefertigte Fälschung zu sein.
    Behutsam zog er die erste aldoreelische Klinge aus der Scheide und fuhr prüfend mit dem Daumen über den Stahl. Er schien immens scharf zu sein. Als er sich einen leichten Schnitt an der Hand zufügte, presste er die Zähne zusammen. Dies musste ein Original sein.
    Fluchend hing er das Schwert zurück und wiederholte die Prozedur, bis er ein weiteres Mal fündig wurde. Eine Schneide war nicht in der Lage, ihm Schaden zuzufügen.
    Grollend schlug er die Klinge mit der flachen Seite gegen die Wand, dass sie knapp oberhalb des Heftes in zwei Teile zersprang. Verächtlich warf er den Griff auf den Boden und verließ seine Unterkunft. Jetzt musste er handeln, bevor ihn die Hohen Schwerter noch mehr zum Narren hielten.
    Zwei Fälschungen, bei Tzulan, das ist schlecht, überlegte er unterwegs. Wo haben die Eisenkrebse die ausgetauschten Klingen verborgen? Ich werde dafür sorgen, dass sie den Ort in den kommenden Verhören herausschreien! Seine Finger glitten durchs Haar. Was ist nur los auf Ulldart? Zuerst bricht mir Aljascha aus, und nun fühlen sich die Ritter berufen, nicht länger Helden zu spielen, sondern auch noch Helden sein zu wollen. Unwillkürlich ballte er die Fäuste. Was kommt als Nächstes?

    Die vor kurzem fertiggestellte Bardri-Oper Ulsars war besetzt bis auf die letzten Ränge. Auf acht Stockwerken verteilten sich die Logen und Emporen mit den Wohlhabenden und neuen Adligen. In den Parkettreihen saß das einfache Volk.
    Samt und weitere teure Stoffe verkleideten das Mauerwerk, überall funkelte und glitzerte das Blattgold, riesige Kronleuchter mit geschliffenen Kristallen sorgten für die stimmungsvolle Beleuchtung des Gebäudes.
    Es roch nach einer Mischung aus frischem Holz und Apfelblütenduft, der aus dem mit Essenzöl getränkten, porösen Steinen stammte, die über den Lampen angebracht worden waren. Durch die Hitze gaben sie das Aroma frei und sorgten für eine angenehmere Luft in der Oper.
    Lodrik saß in der »Kabcar-Loge«, die den besten Blick und das beste Hörerlebnis versprach. Immer wieder nickten ihm Menschen zu, deuteten stummen Applaus an, um ihre Anerkennung und Freude über den Bau, der auf Geheiß des Herrschers entstanden war, zum Ausdruck zu bringen.
    Dennoch bemerkte er, dass etliche Ränge leer blieben. Es musste sich um die Plätze der Ulsarer handeln, die zu den engsten Freunden Aljaschas zählten und nun die Rache des Kabcar fürchteten – oder ihr Fehlen als Protest verstanden.
    Doch Lodrik sah vorerst von einer Verhaftung ab, auch wenn er sich sehr wohl dachte, dass etliche der Neuen im Adelsstand seiner Gemahlin ihre Unterstützung zugesagt hatten. Sollten sie nur in stetiger Angst und Ungewissheit leben! Vielleicht würde er tatsächlich einen aus ihren Reihen verhaften lassen, nur um ihre Besorgnis neu zu entfachen.
    Seine verstoßene Gattin befand sich, wie ihm der Gouverneur in Granburg gemeldet hatte, in der Provinzhauptstadt und schien sich in ihre Strafe zu fügen. Ihre Drohung würde er nicht vergessen, doch im Augenblick konnte ihm die einstige Kabcara gestohlen bleiben. Wenn Tzulan ein Einsehen hat, nimmt er sie während der Niederkunft zu sich. Es wäre das Beste für das Kind.
    Entspannt räkelte sich der Herrscher in seinem äußerst bequemen Sessel, streckte sich dezent und nahm einen Brief aus den Ärmelaufschlag seiner Uniform, die nach wie vor eher schlicht als protzig gehalten war, trotz all der Macht, die ihn umgab und die er besaß.
    Kurz überflog er den Inhalt ein weiteres Mal und verstaute das Papier, dann langte er nach dem Programmheft auf dem Sitz neben sich, das ihm der Leiter der Oper persönlich überreicht hatte.
    Licht im Dunkel lautete der pathetische Titel des Stückes, das an diesem Abend aufgeführt werden sollte. Es drehte sich um einen jungen Mann, der König wurde, zahlreiche Neuerungen in seinem Land zum Wohl der Bevölkerung einführte und nebenbei noch einen Krieg gewann.
    Woher kenne ich das nur? Lodrik musste lächeln. Der Name der Oper war die genaue Umkehrung dessen, was der gesamte Kontinent bei seinem Machtantritt gefürchtet hatte.
    »Was wird heute Abend gespielt, Hoher Herr?« Sein