Die Magie Des Herrschers
setzten.
Mithilfe von Seilwinden wurden die Kristalllüster in die Decke hinaufgezogen, die Luken schlossen sich hinter ihnen und ließen den Opernsaal im Dämmerlicht liegen. Die Ouvertüre begann, Pauken und Blechbläser fluteten den Raum mit martialischem Tongewitter.
»Dem Anlass durchaus entsprechend«, meldete sich Nesreca zu Wort. »Wie weit seid Ihr mit der Bearbeitung Eurer Papiere über die Zukunft Ulldarts?«
»Wenn ich Euren Satz übersetze, lautet die Frage: Wann greifen wir Kensustria an?«, meinte Lodrik spitz. »Meine Gemahlin hat ganze Arbeit geleistet. Ich werde mindestens ein Jahr benötigen, bis ich die Einzelheiten meiner Aufzeichnung rekonstruiert habe. Was sie nicht zu Asche verbrannt hat, ist zumeist unkenntlich geworden.« Er reckte sich, um einen besseren Blick in den Orchestergraben werfen zu können, wo etwas mehr Ruhe eingekehrt war. Leise wechselten sich Fagott, Streicher und Hörner ab und intonierten das Thema der Oper.
»Aber was ist mit Kensustria?«, hakte der Konsultant nach und verschränkte die Hände.
»Wir haben Zeit.« Der Herrscher nahm sein Opernglas und beobachtete die Musiker. »So etwas müsste man können«, meinte er bewundernd. »Mir ist aufgefallen, dass Ihr mich viele magische Dinge gelehrt habt, Mortva. Nur nichts Sinnvolles, wie Menschen zu heilen und dergleichen.« Sein Blick wanderte durch den Saal über die Gesichter der Zuhörer hinweg. »Ihr habt mich nur gelehrt zu zerstören.«
»Zu dem Zeitpunkt, zu dem ich zu Euch kam, brauchtet Ihr nichts dringender als dieses Wissen«, antwortete Nesreca pikiert auf den unterschwelligen Vorwurf. »Und Ihr habt es gebraucht, wenn ich Euch daran erinnern darf.«
»Sehr richtig, ich habe es gebraucht«, nickte Lodrik, setzte das Fernglas ab und betrachtete den Mann von der Seite. »Aber weshalb bringt Ihr meinen Sohn und meiner Tochter die gleichen Dinge bei wie mir? Weshalb zeigt Ihr ihnen nur die Zerstörung, nicht das Schöne, das Gute?«
»Wir beginnen mit dem Einfachen«, lächelte der Berater boshaft. »Und danach kümmern wir uns um den Rest. Das verspreche ich Euch, Hoher Herr.« Seine Hände lösten sich voneinander und umschlossen die Lehnenenden. »Also wollt Ihr Kensustria so lange von einem Angriff verschonen, bis Ihr Eure …«, er beherrschte sich und suchte auf die Schnelle ein anderes Wort, »… Eure Visionen eines neuen Ulldart neu aufgezeichnet habt? Ich rate Euch, zögert nicht länger. Wer weiß, was die Menschenfresser im Süden in der Zwischenzeit alles aushecken. Was tun wir, wenn ihre Flotte zurückkehrt, gewaltiger und stärker als je zuvor? Das Land müsste vorher am Boden liegen und sich Euch ergeben haben.«
Der erste Akt begann, Schauspieler liefen, Arien schmetternd, über die große Bühne und besangen die Not des Landes, das unter der Knute der Brojaken litt.
»Mortva, meine Geduld neigt sich allmählich dem Ende zu«, warnte ihn der Herrscher. »Wenn ich Ulldart einer neuen Form des Miteinanders zuführe, hat alles genau durchdacht zu sein. Gerade die Einplanung der Kensustrianer ist eine Angelegenheit, die mit größtem Fingerspitzengefühl betrieben werden muss, weil sie so völlig andersartig sind als wir. Und dennoch gehören sie dazu.« Er lauschte dem Chor, der auf die Bühne getreten war und ein melancholisches Stück zum Besten gab. »Wenn wir schon gerade beim Fragen sind, Vetter, was wisst Ihr über aldoreelische Klingen?«
Nesreca war froh, dass es so düster in der Loge war und Lodrik seinen erschrockenen Ausdruck, den er für einen unbeherrschten Moment zur Schau trug, nicht erkennen konnte. »Ich?«, fragte er scheinbar ruhig. »Nun, es sind mächtige Waffen, die im Großen und Ganzen wohl im Besitz der Hohen Schwerter sein dürften. Weshalb fragt Ihr?«
»Wenn nun genau diese besonderen Klingen eine nach der anderen verschwänden, welchen Schluss zöget Ihr daraus?«, spann Lodrik den Faden unschuldig weiter.
»Ich würde denken, dass jemand die Waffen einsammelt, um sie in seinen Besitz zu bekommen. Sie sind sehr viel wert. Aber welcher Wahnsinnige würde sich dafür mit dem Orden anlegen?« Nesreca täuschte Verwunderung vor, so gut es ihm möglich war.
»Genau diese Frage sollten wir uns bei nächster Gelegenheit stellen«, empfahl der Herrscher huldvoll. »Die Hohen Schwerter haben es sich zur Aufgabe gemacht, diese einmaligen Klingen zu bewahren, wie mir der Großmeister übermittelte. Und er ließ mir ausrichten, dass sie zu seiner Verwunderung von
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