Die Magie Des Herrschers
Ellenbogen und arbeitete ihren Oberkörper langsam in eine aufrechte Haltung. Als ihr Blick dabei auf ihre rechte Hand fiel, keuchte sie erschrocken auf. Sie schimmerte in einem dunklen Blau. Dieses Leuchten umgab auch ihre Linke, sogar den ganzen Leib, wie sie feststellen musste. Es war das gleiche Blau, in dem einst der Tersioner gestrahlt hatte.
Soscha sank zurück in die Federn. Ich bin magisch. Ich trage diese Kraft, die einst Sabin gehörte, nun in mir. Jetzt verstand sie, was sich vor Monaten im Raum nebenan abgespielt hatte. Der ehemalige Minenarbeiter hatte ihr seine Fertigkeiten übertragen und war danach gestorben. Ihr Körper und ihr Verstand hatten ganz offensichtlich eine Phase der Ruhe benötigt, um das »Geschenk« des Mannes zu verarbeiten.
Ungläubig hob sie die Hand vors Gesicht, um sie zu betrachten. Das blaue Flirren und Schimmern wich nicht. Er war ein Intuitiver. Ob ich das auch übernommen habe? Sie setzte sich ruckartig auf, wobei sie nicht auf den leichten Schwindel achtete, der sie kurzzeitig befiel. Dann streckte sie die Linke aus und konzentrierte sich darauf, mithilfe der Magie ein Fenster zu öffnen. Am Rande nahm sie wahr, wie das Blau sich intensivierte. Dann zuckte ein blauer Faden von dem Leuchten und legte sich um den Griff.
Die Klinke am Rahmen zitterte leicht und drehte sich langsam, bis sich der Schließmechanismus mit einem Klicken löste. Nun musste sie das Fenster nur noch aufziehen, aber es widersetzte sich dem Versuch aus der Ferne.
»Verdammt, geh auf«, zischte sie erbost. Das Blau um sie herum strahlte auf, Dutzende Energiestrahlen stoben von ihr weg.
Krachend rissen die Fensterflügel aus der Verankerung. Die Scheiben flogen aus dem Rahmen und klirrten auf den Boden, und die Scherben verteilten sich im ganzen Raum.
Verdutzt über das Ergebnis, musste Soscha lachen. Danke, Sabin , dachte sie. Ich werde dein Opfer und deine Gabe in Ehren halten.
Moolpár hob den Kopf, die bernsteinfarbenen Augen zeigten deutlich seine Überraschung. »Ich wusste nicht, dass unsere Anführer magisch begabt sind«, gestand er dem abwartenden Perdór. »Woher auch? Von uns hat niemand die Fähigkeit, diese Kräfte zu sehen. Soscha ist die einzige Person, die ich kenne und die dazu im Stande ist.«
Stoiko und Perdór tauschten einen schnellen Blick. Der kensustrianische Krieger und Diplomat rief bei den Männern nicht den Eindruck hervor, die Unwahrheit zu sagen.
Soscha schaute aus dem Fenster, um die Schönheit von Meddohâr im Schein der Monde zu bewundern, ehe sie sich Moolpár zuwandte. »Euer König und seine Begleiter verfügen allerdings über eine Magie, wie ich sie bisher noch nie gesehen habe. Es könnte daran liegen, dass Euer Volk nicht von Ulldart stammt. Deshalb ist es wohl mit anderen Gaben ausgestattet.«
»Daraus ergibt sich doch die spannende Frage«, hakte der dickliche König ein, »ob somit auf anderen Kontinenten Magie noch vorhanden ist beziehungsweise stärker genutzt wird als bei uns. Das Kaiserreich Angor können wir getrost außen vor lassen. Hätten sie dem Kabcar etwas Ebenbürtiges entgegenzusetzen gehabt, wäre es gewiss zum Einsatz gekommen.«
»Und mit allen anderen Reichen hatten wir in der jüngsten Vergangenheit nur wenig zu schaffen«, sagte Stoiko bedauernd. »Die Palestaner und die Agarsiener, die mit ihren Schiffen weit herumkommen, haben nie etwas davon erwähnt, selbst in friedlichen Zeiten nicht.«
Perdór spielte an den Korkenzieherlocken seines Bartes herum, die gedrehten Strähnen hüpften auf und nieder. Ganz nebenbei gönnte er sich eines dieser kleinen Gebäckstücke, die er zu seiner neuen Leibspeise erkoren hatte. Seine Zähne brachen den schützenden Teigmantel auf, und sein Mund wurde geflutet mit dem Aroma von Vanille und herber Schokolade; dann stieß er auf das süße Innenleben des Törtchens: einen Klecks Johannisbeermarmelade. Die herabrieselnden Krümel verteilten sich auf seinem brokatenen Rock.
»Wir sollten uns ein paar kleine Vögel zulegen«, schlug Fiorell amüsiert vor. »Sie würden Euch den Pelz sauber halten. Bei der Menge an Bröseln, die Ihr produziert, wärt Ihr von Piepmätzen nur so bedeckt. Dann hättet Ihr nicht immer nur einen Vogel …« Er schlug mit den Armen. »Und, schwupps, könntet Ihr zudem fliegen, Majestät.« Er zwinkerte. »Vorausgesetzt, es wären sehr, sehr viele Vögel. Oder Geier, die Euer Gewicht hochhievten. Das wäre ein Mahl! Anschließend würden sie an Überzuckerung
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