Die Magie Des Herrschers
Mund und kaute mit dicken Backen. »Ich bin jeder Gefahr gewachsen«, nuschelte er, und die Krümel regneten zu Boden.
»Seit Ihr mir von Eurem Treffen mit Tobáar ail S’Diapán erzählt habt«, warf Stoiko ein und fuhr sich über den Schnauzbart, »muss ich die ganze Zeit über an diese andere Kensustrianerin denken, Belkala, so hieß sie doch? Die Priesterin, die mit dem jetzigen Großmeister liiert war. Was wohl aus ihr geworden ist?«
»In Berichten über den Orden taucht sie jedenfalls nicht mehr auf. Nach Telmaran ging sie wohl verschollen«, verkündete der ilfaritische Exilkönig und wuchtete sich hoch. »Ich mag zwar nicht mehr in meinem geliebten Reich weilen, aber meine Spione arbeiten noch immer. Nun ja, so gut sie eben können. Nesreca hat ein Netz von Gegenspionen und Geheimdienstlern geschaffen, die wie die Wühlmäuse tätig waren, um meine besten Spürnasen in Ulsar auszuschalten. Die Hohen Schwerter sind übrigens die Besitzer der letzten vier aldoreelischen Klingen auf Ulldart, alle anderen sind verschwunden oder gestohlen worden.«
»Verfluchter Nesreca«, ärgerte sich Stoiko. »Nur er kann dahinterstecken. Dass Lodrik nach wie vor so blind sein kann, verwundert mich sehr.«
»Was erwartet Ihr, wo er den Einflüsterungen des silberhaarigen Dämons jahrelang schutzlos ausgeliefert war?«, meinte Fiorell ernsthaft. »Immerhin hat er sich seine Alte vom Leib geschafft. Eine Intrigantin weniger am Hof.«
»Warum zögert er?«, murmelte Perdór, nahm sich ein Stück Konfekt aus der mit Eis gefüllten Schale auf dem Schrank und versenkte eine weiße Praline in seinem Mund. »Der Kabcar hat Kensustria von allen Seiten eingeschlossen, er hat die Schwarze Flotte versenkt, er hat überlegene …«
»Vermutlich überlegene«, präzisierte der Spaßmacher, während er Eisstücke aus der Schüssel klaubte und damit jonglierte.
»… Truppen und verfügt mit seinen magischen Fertigkeiten und denen seiner Kinder über ein ungeheures Zerstörungspotenzial.« Vorsichtig zerbiss er die mit geschlagener Sahne gefüllte Köstlichkeit; Erdbeerlikör verteilte sich an seinem Gaumen. »Was hält ihn von einem Angriff ab? Ich bewundere die Fertigkeiten der Kriegerkaste und die ihrer Ingenieure, aber rein zahlenmäßig sind sie den Truppen des Kabcar unterlegen.«
»Vielleicht will er erst alle aldoreelischen Klingen in seinem Besitz bringen«, meinte Soscha.
»Glaube ich nicht.« Perdór schüttelte den Kopf, dass die Locken wippten. »Die Schwerter sind für die Einnahme von Kensustria nicht wichtig. Irgendetwas hat ihn dazu bewogen, vorerst von einem Einmarsch abzusehen. Es gibt Berichte aus Ulsar, dass er sich in aller Öffentlichkeit mit seinem Berater gestritten habe. Womöglich hat es etwas damit zu tun?«
»Und wenn er endlich aufwacht?«, hoffte Stoiko. »Das würde doch nur Gutes für uns bedeuten.«
Perdór seufzte. »Wenn der Kabcar die Befehlsgewalt über das Heer hätte, ja. Aber ich zweifle daran. Über die Hälfte der Soldaten sind Tzulandrier und Sinured treu ergeben. Selbst wenn er versuchen würde, das Steuer herumzureißen und Ulldart von dem Bösen zu befreien, stünde er vor der Schwierigkeit, im schlimmsten Fall eine unkontrollierbar große Streitmacht gegen sich stehen zu haben.« Kurz musterte er die Schale mit Konfekt, dann verschwand auch schon die nächste Praline in seinem Mund. »Wäre es möglich, dass er nach einem Ausweg sucht, wie er sich von den Geistern, die er rief, befreien kann, ohne dass der Kontinent in eine wahrlich Dunkle Zeit gerät?«
»Kann er das erreichen?«, raunte Soscha abwesend. »Wird am Ende nicht er die Dunkle Zeit bringen, sondern die, die ihm im Augenblick noch dienend zur Seite stehen?«
»Wenn Nesreca an reiner Macht gelegen wäre, hätte er den Kabcar schon lange vom Thron gestoßen, dessen Kinder umgebracht und als entfernter Vetter die Regentschaft übernommen«, hielt Perdór dagegen. »Betrachten wir das Ganze im Zusammenhang mit dem Raub der aldoreelischen Klingen, wird das Ereignis, das sich da zusammenbraut, noch erschreckender. Keine Waffen, kein Hindernis für das Böse.«
»Und seine Magie?«, gab Soscha zu bedenken.
»Er ist allein«, meinte Stoiko niedergeschlagen. »Vielleicht hat er noch seine Kinder hinter sich. Aber wozu Nesreca und seine beiden übermächtigen Helfershelfer alles in der Lage sind, können wir nur erahnen.« Mit Schaudern dachte er an seine Befreiung zurück, bei der er um ein Haar das Opfer von Hemeròc
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