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Die Magie Des Herrschers

Die Magie Des Herrschers

Titel: Die Magie Des Herrschers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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    Auf dem Tisch neben ihr stand die Spieluhr. Die kleinen Figürchen vollführten ihre letzten Bewegungen, die Melodie wurde langsamer und langsamer, bis sie endlich mit einem letzten zögerlichen Ton abbrach.
    Die Brojakin erwachte aus ihrer Apathie. Beinahe mechanisch hoben sich ihre Hände und langten nach dem seitlich angebrachten Schlüssel, um mit kurzen, knappen Drehungen die Feder des Mechanismus neu aufzuziehen. Gleich darauf hüpfte der kleine hölzerne Brojak um die Tänzerin herum, und das Lied erklang zum wiederholten Mal.
    Norina schloss lächelnd die Lider und genoss die Wärme der Sonnen.
    Leise öffnete sich die Tür, und Torben betrat das Zimmer.
    Wie immer. Verflucht, es ist wie immer. Seufzend näherte er sich der Frau, die in ihrer eigenen Welt versunken war, ging vor ihr in die Hocke und betrachtete sie betrübt. Es hatte sich während seiner Abwesenheit nichts an ihrem Verhalten geändert.
    »Hört Ihr mich?«, fragte er leise. Er ergriff ihre Hände und drückte sie sanft. »Norina, was auch immer Euch angetan wurde, verschließt Eueren Verstand nicht länger vor mir. Wenn Ihr wisst, was aus den anderen geworden ist, wo sich Euer Kind befindet, dann erzählt es mir endlich. Sie sind doch wichtig für Ulldart, wenn es alles stimmt, was Ihr und die anderen mir damals berichtet habt.«
    Die Tarpolin lächelte weiterhin still vor sich hin.
    »Verdammt!«, rief der Rogogarder verzweifelt, ließ ihre Finger los und knallte den Deckel des Kästchens zu. Mit einem Misston, als wäre die Spieluhr über die Behandlung empört, endete das Stück. Torben stand auf und lehnte die Stirn ächzend gegen die Wand.
    Norina riss die Augen auf und sah sich verunsichert um. Sie erhob sich und öffnete die Fensterflügel. Vor ihr lag eine Straße, die sie nicht kannte und an die sie sich nicht erinnern konnte.
    »Wir sind nicht mehr auf See, oder?«
    Torben fuhr überrascht herum und starrte die Frau an, die am Sims stand und sich neugierig nach vorn lehnte, um hinauszuschauen. Er war derart verblüfft, dass er keinen Ton hervorbrachte.
    Norina wandte sich ihm zu. »Ihr seid in den paar Wochen rapide älter geworden, Kapitän Rudgass«, sagte sie freundlich. »Euren Bart tragt Ihr auch anders als sonst.« Ihr Gesicht verzog sich für einen Moment voller Schmerzen, ihre Hand wanderte an den Kopf. »Habe ich die Überfahrt nach Rogogard verschlafen? Und wo ist mein Junge?«
    »Norina, ich …«, stammelte der Freibeuter freudig, und ein Leuchten legte sich auf sein Gesicht, als er in ihre klaren Mandelaugen sah. »Ihr erinnert Euch wieder?«
    Sie runzelte die Stirn. »Was soll das heißen? Wir waren an Bord der Grazie , und ein Balken schlug gegen meinen Kopf.« Sie hielt inne und schien zu überlegen. »Ich kann mich nicht entsinnen, was danach geschah.« Ihre Finger fuhren prüfend über die Stelle, an der sie damals der Balken getroffen hatte, und sie sah Torben entsetzt an. »Wo sind die anderen? Wo ist mein Kind?« Sie ließ sich auf den Stuhl fallen.
    »Ihr seid in Verbroog und in meiner Obhut«, erklärte Torben vorsichtig. »Was wisst Ihr denn noch von damals?«
    Die Tarpolin betrachtete ihre Hand. »Ich bin auch älter geworden«, murmelte sie dumpf. »Welches Jahr schreiben wir?« Torben schwieg. »Welches Jahr?«, verlangte sie nachdrücklich zu wissen.
    »Vierhundertneunundfünfzig«, antwortete er knapp.
    »Bei Ulldrael!« Ihre Augen weiteten sich. »Dann sind seit jener Sturmnacht mehr als … fünfzehn Jahre vergangen. Fünfzehn Jahre.« Sie warf einen Blick hinaus.
    »Holt meinen Sohn. Er muss inzwischen ein junger Mann sein. Ich möchte ihn sehen, bitte! Und Matuc, Fatja und Waljakov, all die treuen Freunde. Sie sind doch wohlauf? Oder?«
    Torben wusste nicht, was er sagen sollte; er wich dem forschenden Blick aus und schaute auf die Holzdielen. Wie soll ich ihr nur klar machen, dass wir keine Ahnung haben, was aus den anderen wurde?, überlegte er krampfhaft.
    »Ich …«, setzte sie an, doch dann entwich ihr ein Laut des Schmerzes, und beide Hände fuhren an ihre Stirn. »Ein Strand«, stöhnte sie, »ich sehe einen Strand, an dem Matuc und Fatja liegen. Ich habe meinen Jungen in die Kleidertruhe gelegt und bin den Strand entlanggegangen.« Sie keuchte auf. »Männer in einem Boot. Sie nehmen mich mit, und …« Klar schaute sie in seine Augen. »Ihr müsst ihn finden, Torben. Er ist wichtig für das Schicksal Ulldarts.« Abrupt verstummte sie.
    Augenblicklich eilte der Mann an ihre

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