Die Magier 01. Gefährten des Lichts - Six héritiers (Le Secret de Ji, Bd. 1)
gewachsen.
Lautlos schlich er an den Zimmern der Züu vorbei, deren Türen gleich nach der Treppe links und rechts abgingen. Der redselige Wirt hatte sie ihm gezeigt, als er Yan zu seinem Zimmer führte. Anscheinend hatten die Priester darauf bestanden, genau diese Zimmer zu bekommen. Strategisch gesehen waren sie die beste Wahl. Niemand konnte die Treppe hinauf- oder hinuntergehen, ohne von ihnen gesehen zu werden.
Die Tür zur Linken stand einen Spalt offen. Vielleicht hielt einer der Züu Wache oder wollte zumindest hören, was auf dem Flur geschah. Yan ging ruhig weiter. Er durfte auf keinen Fall ihr Interesse wecken. Etwas zu spät kam ihm der Gedanke, wie ein Betrunkener zu schwanken. Vielleicht konnte er sie so täuschen.
Unbeholfen steckte er den Schlüssel ins Schloss und mühte sich damit ab, ihn herumzudrehen. Er musste nicht schauspielern: Das Schloss klemmte tatsächlich. Endlich sprang die Tür auf. Yan trat ins Zimmer und lehnte sich mit einem erleichterten Seufzer an die Tür. Er hatte den Eindruck, die Nacht in einem Wespennest zu verbringen. Oder in einem Haifischbecken.
Eine Nacht, er musste nur eine einzige Nacht überstehen, dann könnte er zu Léti zurückkehren. Die Nachrichten, die er seinen Gefährten überbringen würde, waren alles andere als gut. Das Dorf wurde Tag und Nacht von ihren Feinden überwacht, und die Hoffnung, andere Erben zu finden, beschränkte sich auf einen Unbekannten, der Lichtzeichen gab und vielleicht überhaupt nichts mit ihnen zu tun hatte.
Er konnte nichts weiter tun, als abzuwarten und ein paar Vorkehrungen für die Nacht zu treffen.
Das Zimmer hatte eine Dachluke, die gerade so groß war, dass ein schlanker Mann hindurchpasste - oder der Bolzen einer Armbrust. Er vergewisserte sich, dass sie gut verschlossen war, und knotete den Riegel mit einem Strick fest. Für jemanden, der zu allem entschlossen war, würde das zwar kein großes Hindernis sein, aber es war immer noch besser als gar nichts.
Er würde heute Nacht wohl kein Auge zutun, und bestimmt würde er nicht sofort schlafen können. Obwohl es schon spät war, verspürte er keinerlei Müdigkeit. Kälte und Aufregung hielten ihn wach.
Er beschloss, sich die Kleider für den nächsten Tag zurechtzulegen. Auf keinen Fall würde er noch einmal diesen albernen Mädchenumhang anziehen!
Bei der Gelegenheit fiel ihm auf, dass jemand seine Sachen durchsucht hatte.
Rasch sah er nach, ob etwas fehlte. Nein, es war nichts gestohlen worden. Er besaß jedoch auch nichts, was einen Dieb hätte interessieren können.
Man hatte ihn nicht ausrauben wollen - der Eindringling hatte vielmehr sorgsam darauf geachtet, alles so zu hinterlassen, wie es gewesen war. Es war reiner Zufall, dass Yan überhaupt etwas bemerkt hatte.
Zum Glück enthielt sein Bündel nichts, das ihn hätte verraten können. Das Quälendste war der Gedanke, dass jemand unbemerkt in sein Zimmer eingedrungen war.
Er untersuchte das Schloss, doch es war unversehrt. Allerdings hatte es geklemmt … Hatte sich vielleicht jemand daran zu schaffen gemacht?
Jetzt wusste er, dass er auf keinen Fall schlafen konnte. Am liebsten hätte er sich gleich auf den Rückweg gemacht, doch das wäre zu verdächtig gewesen.
Mit dem Dolch in der Hand setzte er sich auf einen Hocker mitten ins Zimmer. Der erste ungebetene Besucher würde sein blaues Wunder erleben. Der zweite allerdings … Er hatte keine Ahnung, wie er mit dem zweiten fertigwerden sollte.
Wenn er daran dachte, dass er all das noch vor wenigen Tagen aufregend gefunden hätte! Jetzt wünschte er sich sein eintöniges, geruhsames Leben zurück.
Trotz der unbequemen Haltung nickte er immer wieder ein. So verging ein knapper Dekant, der ihm allerdings wie mindestens zwei vorkam.
Stimmen im Flur.
Er brauchte einen Moment, um zu begreifen, dass sie nicht aus einem Albtraum stammten.
Mehrere Männer - zwei, drei, vielleicht auch mehr - unterhielten sich auf dem Treppenabsatz. Yan presste das Ohr an die Tür, konnte aber kaum etwas verstehen. Alles, was er hörte, war: »Ich … fünfzig.« Der Rest war nur Gemurmel.
Er beschloss, das Wagnis einzugehen und die Tür zu öffnen. Ein Gespräch um diese Uhrzeit musste einfach bedeutsam sein. Er stellte die Kerze unter den Hocker, warf ein Tuch darüber und drehte den Schlüssel behutsam im Schloss. Dann schob er die Tür einen winzigen Spalt auf.
Die Scharniere quietschten. Leise zwar, aber in Yans Ohren klang das Geräusch lauter als der gellende Schrei
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