Die Magier 02. Krieger der Dämmerung - Le Serment orphelin (Le Secret de Ji, Bd. 2)
bleibt doch, oder?«
Der Zü erinnert sich an den stählernen Griff, der seinen Geist umklammert und jeden freien Willen ausgelöscht hat. Der Ankläger stellt ihm keine Frage. Wenn er nicht als sein Sklave enden will, muss er sein Verbündeter werden.
»Wenn ich Euch helfen kann …«
»Ihr werdet es nicht bereuen. Ich pflege meine Freunde reich zu belohnen«, sagt der Mann in einem beunruhigenden, leicht spöttischen Tonfall.
»Und was ist mit den Flüchtlingen?«
»Sie sind so gut wie tot. Ich schicke ihnen etwas sehr viel Besseres als Eure kleinen Jungen im roten Gewand.«
Der Ankläger ist voller Vorfreude. Sein Diener schläft bereits viel zu lang. Es ist an der Zeit, ihn zu wecken.
Die Erben bereiteten sich gründlich auf ihren Besuch bei Königin Séhane vor. Alle freuten sich auf das Treffen, und Grigán brachte es nicht übers Herz, ihnen von seinen düsteren Vorahnungen zu erzählen. Ihr erster Tag in den Fürstentümern zog sich in die Länge, und sie warteten voller Ungeduld auf den Abend.
Léti und Corenn suchten mehrere Schneider- und Schusterwerkstätten auf und kauften knöchellange juneeische Gewänder und Schnürschuhe für alle. Grigán dankte seinen Freundinnen für das Geschenk, doch er zog es vor, seine schwarze Lederkluft anzubehalten. Immerhin entfernte er die Salzschicht von der Überfahrt und polierte das Leder.
Da er nun reich war, machte auch Rey einige Einkäufe, die er den anderen erst im letzten Moment zeigte. Der Schauspieler hatte sich von Kopf bis Fuß nach Sitte der lorelischen Edelleute gekleidet. Léti starrte ihn mit offenem Mund an. Er trug einen leichten Umhang und ein besticktes Hemd. Neben ihm kam sich Yan in seinem juneeischen Gewand lächerlich vor. Dass Bowbaq noch lächerlicher aussah, tröstete ihn nur wenig.
Wie Grigán beschloss Léti, ihr Schwert auf die Burg mitzunehmen, obgleich ihr Futteral anders als das des Kriegers keinen geheimen Schlitz hatte. Doch in den letzten Tagen hatte sie sich so sehr an die Waffe gewöhnt, dass sie sich verletzlich fühlte, wenn sie das schwere Eisen nicht an der Hüfte spürte. Und Léti wollte sich nie wieder verletzlich fühlen.
Als der siebte Dekant nahte, brachen sie auf. Hin und wieder warfen Einheimische ihnen neugierige Blicke zu, ohne sich jedoch übermäßig für sie zu interessieren. Die Gefährten gelangten ohne Zwischenfall zum Schloss.
Der Kammerherr, der sie auch beim letzten Mal empfangen hatte, wartete vor dem Tor.
Er begrüßte sie höflich und führte sie in den äußeren Hof, eskortiert von vier mit Hellebarden bewaffneten Wachen.
Dieses Aufgebot kam Grigán leicht übertrieben vor, aber natürlich kannte er die örtlichen Gepflogenheiten nicht. Dann betraten die Gefährten den inneren Hof und gingen auf das Schloss zu.
Es reichte nicht an die Pracht der lorelischen Paläste heran. Der Bau war groß, zweckmäßig und schlicht, aber auch gemütlich - ein vornehmes Schloss, in dem trotzdem eifrig gearbeitet wurde.
Die Erben durchquerten mehrere Zimmer, bis der Kammerherr auf eine Tür am Ende eines Gangs wies.
»Ihre Majestät kommt in wenigen Augenblicken zu Euch. Aber zuerst müsst Ihr Eure Waffen bei den Wachen abgeben.«
Léti wartete ab, wie Grigán sich verhielt, bevor sie gehorchte. Der Krieger überreichte den Wachen sein Schwert, behielt die Scheide jedoch am Gürtel. Die Juneer schöpften keinen Verdacht. Sie wirkten nun wesentlich ruhiger.
Corenn öffnete die Tür und trat in den Saal. In einem großen Kamin brannte ein Feuer, denn obwohl die Sonne in Junin viel Kraft hatte, war es im Innern des Schlosses kühl. Sieben Samtstühle standen um eine mit Porzellangeschirr und Silberbesteck gedeckte Tafel herum. An den Wänden hingen Jagdtrophäen, Gemälde und prachtvolle Wandteppiche, auf denen wichtige Episoden der Geschichte der Fürstentümer dargestellt waren. Einer von ihnen zeigte die Unterzeichnung des Ersten Abkommens der Fürstentümer.
Während sie auf die Königin warteten, sahen die Erben sich um. Mit unverhohlenem Stolz zeigte Grigán Yan den Kopf eines Acors, eine Art riesiger Wolf mit Wildschweinhauern. Yan fragte sich, ob der Präparator zur Übertreibung neigte oder ob das Tier im Kampf gestorben war. Die Haut sah aus, als könne Grigáns Kluft aus ihr gefertigt sein, aber Yan kam nicht mehr dazu, den Krieger danach zu fragen. Die Tür öffnete sich.
Eine alte Frau in einem klassischen juneeischen Gewand trat in den Saal, begleitet von zwei muskulösen Wachen. Nur
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