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Die Magier 04. Kinder der Ewigkeit - Le Doyen Eternel

Titel: Die Magier 04. Kinder der Ewigkeit - Le Doyen Eternel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Grimbert
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Antwort musste sie nicht lange suchen: Im Gegensatz zu Yan oder ihrer Tante hatte sie nie die Neugier entwickelt, die sie dazu veranlasst hätte, eine Frage nach der anderen zu stellen.
    Yan … Wo mochte er gerade sein? Was tat er?
    Léti seufzte und verscheuchte die Schwermut, die in ihr aufstieg. Sie schüttelte die dicke Decke ab, die ihr wärmend auf den Schultern lag, und trat an das Bett der verwundeten Corenn.
    Selbst im Schlaf waren die Gesichtszüge der Ratsfrau sorgenvoll, beunruhigt, ja traurig. Hatte sie im Fieberwahn erahnt, dass sich die Erben getrennt hatten? Wenn nicht, dann würden sie bald neue Sorgen quälen.
    Léti wünschte sich den schmutzigen Verband um den Kopf ihrer Tante weit fort. Sie hätte sich so gern in ihre Arme geflüchtet, Trost bei ihr gesucht, sich von ihrer unerschütterlichen Zuversicht anstecken lassen, wie sie es als Kind getan hatte. Doch in dieser Nacht hatten sie die Rollen getauscht. Nun war sie es, die ihre Tante würde trösten müssen, wenn sie am nächsten Morgen erwachte. Sie musste ihr helfen, wieder gesund zu werden. Sie musste über Corenn wachen, so wie Corenn sie seit ihrem Aufbruch aus Eza beschützt hatte.
    Neidisch betrachtete sie Lana, die bei ihrer Krankenwache neben Corenn eingeschlummert war und sich unter der Decke eingerollt hatte wie ein Kleinkind. Dann fiel ihr Blick auf Bowbaq, der auf seinem Stuhl eingenickt war, und sie musste unwillkürlich lächeln. In die kleine Jagdhütte war tiefe Stille eingekehrt. Ruhe und Frieden.
    Aber wir werden niemals ganz zur Ruhe kommen, dachte sie mit plötzlicher Hellsicht. Dann überprüfte sie den Riegel, den sie vor die Tür geschoben hatten, vergewisserte sich noch einmal, dass ihr Rapier griffbereit lag, blies die Laterne aus und streckte sich schließlich auf ihrem Bett aus.
    Beim Einschlafen betrachtete sie das sanfte Flackern des Kaminfeuers. Doch die tanzenden Flammen weckten nur böse Erinnerungen an die Undinen, an Enttäuschung und Schmerz.
    Seine Feinde hatten das Jal’dara verlassen. Er ahnte es. Er spürte es. Er wusste es.
    Aber er fand sie nicht.
    Der Schatten des Dämons zog durch alle Länder und Königreiche der bekannten Welt und drang in den Geist Tausender Menschen ein. Er forschte nach einer kleinen Gruppe Sterblicher, die sich der Neuen Ordnung der Dyarchen widersetzten. Greise, deren Gedanken er streifte, starben vor Schreck. Menschen, deren Sinne von Drogen getrübt waren, wurden noch Monde später von Albträumen verfolgt.
    Das Vieh war die ganze Nacht über unruhig, die Hunde und Wölfe heulten, und aus öden Landstrichen ertönte das Jaulen wilder Bestien. In den folgenden Tagen würden die Maz eifrig erörtern, wie diese göttliche Gegenwart, die alle gespürt und doch nicht unmittelbar erlebt hatten, zu erklären war.
    In dieser Nacht hielt sich Sombre nicht mehr zurück. Warum sollte er noch länger im Verborgenen bleiben? Über kurz oder lang würde ihn die Menschheit als Herrn und Meister anerkennen müssen. Es wurde Zeit, dass die Sterblichen ihn fürchten lernten.
    So überquerte der Dämon Meere und Berge, er durchforstete Tempel, Schänken und Paläste, spähte Reiter, Seeleute und Wanderer aus, immer schneller und immer wütender, so zornig, wie es nur ein mächtiger Gott sein konnte.
    Gewiss, die Welt war groß, aber nicht so groß, dass er sechs unbedeutende Sterbliche aus den Augen verlieren konnte. Sechs Menschen, die seit vier Monden seine ganze Aufmerksamkeit in Anspruch nahmen. Er hatte ihre Gedanken immer erreichen können. Selbst wenn sie tot wären, könnte er sie aufspüren. Nur das Jal entzog sich seinem Zugriff.
    Doch seine Feinde hatten die Kinderstube der Götter verlassen, so wahr er der Bezwinger war. In dem unbeschreiblichen Getöse der menschlichen Gedanken, die er in sich vernahm, spürte der Dämon ihre Gegenwart, wenn auch nur sehr entfernt, undeutlich, tausendfach schwächer als sonst.
    Und das reichte nicht, um sie zu finden.
    Sombre streifte ziellos durch die Nacht. Er wusste nicht, wo er noch nach den letzten überlebenden Erben suchen sollte. Einer von ihnen konnte der Erzfeind sein, der ihm eines Tages gegenübertreten würde, und dieser Gedanke quälte ihn maßlos.
    Rasend vor Zorn und Ungeduld ließ der Dämon seinen Schatten schließlich über den eisigen Gipfeln Arkariens schweben, dem einzigen Ort, an dem es eine Verbindung zu seinen Feinden gab. Und während er wartete, malte er sich den grausamen Tod aus, den er den aufsässigen Sterblichen

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