Die Magier von Shannara 1 - Das verbannte Volk
hergeschickt?«
- Sie sind nur Helfershelfer -
Helfershelfer?
Das gab ihr zu denken. »Wer dann?« Die dunkle Gestalt bewegte sich abermals und blies ihr Gischt und Kälte ins Gesicht. Grianne lief ein Schauer über den Rücken.
- Stell mir eine interessantere Frage -
Niedergeschlagen überlegte sie einen Moment. Schatten waren bekannt dafür, dass sie den Lebenden vage oder unvollständige Antworten gaben. Es ging also darum, zu unterscheiden, was wahr und was falsch war. In diesem Fall fiel ihr das doppelt so schwer.
»Warum sprichst du mit mir?«, fragte sie aus einem plötzlichen Impuls heraus. »Ich bin die Ard Rhys der Druiden, deiner Erzfeinde im Leben.«
- Du bist nicht diejenige, als die du dich siehst. Du bist ein Wechselbalg, der täuscht und heuchelt. Du versteckst, wer du tief in deinem Inneren bist. Andere können das nicht erkennen, aber ich weiß die Wahrheit. Ich spreche mit dir, weil du nicht bist wie sie. Du bist wie ich -
Obwohl ihr dabei innerlich kalt wurde, tat sie den Vergleich kurzerhand ab: Sie begriff sehr wohl, wo er herrührte. Er war nicht der Erste, der sie so sah, und er würde nicht der Letzte sein. »Wie gelange ich zurück nach Hause? Wie finde ich den Rückweg?«
- Das kannst du nicht. Jemand muss dich finden Ihr Mut sank, dennoch zwang sie sich, weiterzumachen. »Hier wird mich niemals jemand finden. Niemand kann mich erreichen.«
- Man hat dich längst gefunden. Es ist schon jemand unterwegs -»Hierher. Um mich zu holen?« Ihr Herz machte einen Sprung.
»Wer ist es?«
- Ein Junge -
Unwillkürlich hielt sie inne. »Welcher Junge?«
- Er kann dir den Rückweg ermöglichen. Wenn er herkommt, musst du bereit sein, mit ihm zu gehen - Ein Junge. Sie holte tief Luft, und dabei schnürte sich ihr die Kehle zusammen. Ein Junge. Da musste noch etwas dahinter stecken, doch ahnte sie, dass er es ihr nicht preisgeben würde. Er würde sie warten lassen, denn das war die Art von Spiel, die er mit ihr trieb. Außerdem war die Zukunft niemals unveränderlich, auch für einen Schatten nicht. Er konnte ihr nicht verraten, ob dieser Junge Erfolg haben oder scheitern würde. Der Junge war unterwegs, so viel konnte er ihr sagen. Den Rest überließ er ihr. Sie musste einen anderen Weg suchen. Nun zog sie ihren Mantel enger um sich, da ihr auffiel, wie kalt ihr war. Diese Kälte rührte von seiner Gegenwart her, von der Nähe seiner Bösartigkeit. Sogar im Tod spürte man sie in der Gischt des Sees, in den Strömungen der Luft und in der Dunkelheit, die auf sie eindrang. Der Tod, lebendig geworden in Gestalt des Schattens, gab dem Macht, was er war.
- Frag mich weiter -
Da war sie wieder, seine Unrast, und sie lief Gefahr, die Verbindung zu verlieren. Aber sie wusste nicht, wo sie weitermachen sollte. »Wo finde ich diesen Jungen?
- An dem Durchgang, durch den du eingetreten bist. Du verschwendest meine Zeit. Frag mich etwas Wichtiges. Bist du möglicherweise so dumm, wie du auch pathetisch bist -
Sie erstarrte. Er verhöhnte sie, und sie sprang darauf an. »Sag mir, warum ich noch lebe. Weshalb hat man mich hier eingesperrt und nicht gleich getötet?«
Bestimmt lachte er jetzt, so rau, dass sie wütend zusammenzuckte. Das Wasser des Sees spritzte auf, und das grüne Licht, das aus der Tiefe strahlte, flackerte.
- Um demjenigen zu dienen, der dich hergeholt hat -»Wie kann ich demjenigen dienen?«
- Du stellst die falsche Frage. Stell die richtige -
Verzweifelt dachte sie nach. »Warum bin ich in der Verfemung?«, fragte sie schließlich.
Erneut lachte er, doch diesmal kühl und sanft, kaum ein Wispern im Wind.
- Schon besser, kleiner Straken. Du bist in der Verfemung, damit derjenige, der dich geholt hat, hinaus kann - Ihr stockte der Atem. Hinaus kann? Jemand war hinausgelangt? Ein Austausch, dachte sie. Natürlich. Die Macht, die sie hier festgesetzt hatte, gehörte zu dem Wesen, das fliehen wollte, und nicht jemandem aus ihrer eigenen Welt. Etwas Mächtiges hatte herausgewollt, etwas sehr Kluges, das in den Vier Ländern jene manipulieren konnte, die es brauchte. Und dieses Wesen hatte einen Weg durch sie gefunden.
Die Stimme des Schattens riss sie aus ihren Gedanken und forderte ihre Aufmerksamkeit.
- Höre. Du verstehst schon einiges, aber nicht alles. Hier ist die Wahrheit, die du akzeptieren musst, wenn du lange genug überleben willst, um den Rest zu erfahren. Du kannst dein wahres Ich nicht ablegen. Du erlangst Macht, indem du dein Schicksal annimmst. Begrabe deine
Weitere Kostenlose Bücher