Die Magier von Shannara 1 - Das verbannte Volk
beugte sich vor. »Schlimm genug, dass Ähren Elessedil und der Junge vermutlich wissen, was passiert ist. Sie werden einen Weg suchen, zu ihr zu gelangen. Ob sie nun Erfolg haben oder nicht, niemals werden sie uns verzeihen, was wir getan haben. Solange sie leben, wird diese Angelegenheit für uns nicht zu Ende sein. Wenn du anderer Meinung bist, sag es jetzt!«
Schweigend starrte er sie an und schüttelte den Kopf. »Ich denke ebenso.«
Shadea war nicht sicher, ob sie ihm glauben durfte, dennoch reichte ihr die Bestätigung im Moment. Sie richtete den Blick erneut auf das Scrye-Wasser. Morgen würde wieder eine Nachricht von Terek Molt eintreffen, falls er noch lebte. Falls nicht, so hoffte sie nur, der Junge, der Elfenprinz und dieser Speichellecker Tagwen seien mit ihm ins Grab gefahren. Dann könnte sie diese Sache endlich vergessen und sich auf die Geschehnisse in Paranor konzentrieren.
Plötzlich fiel ihr Aphasia Wye ein, den sie mit dem Stiehl losgeschickt hatte, um den Jungen und seine Beschützer auszulöschen, wie Iridia sie erinnert hatte. Was war aus ihm geworden? Mochte die
Galaphile
zerstört und Terek Molt tot sein, der Meuchelmörder verfolgte vielleicht weiter seinen Auftrag. Wenn er sich einmal etwas vorgenommen hatte, hielt ihn nichts mehr auf. Der einzige Makel, den sie je bei ihm entdeckt hatte, war sein beunruhigendes Streben nach Unabhängigkeit. Wenn seine Laune wechselte, würde er das Unternehmen einfach im Stich lassen.
Erneut starrte sie auf das Scrye-Wasser und studierte die nachlassenden Wellen, die das Ende der
Galaphile
symbolisierten.
Bei Aphasia Wye, dachte sie, wusste man nie.
Blindlings schritt Iridia Eleri den Gang vor der kalten Kammer hinunter, so wütend, dass sie kaum einen klaren Gedanken fassen konnte. Tränen rannen ihr aus den Augen und hinterließen glänzende Spuren auf ihrem makellosen Gesicht. Wäre sie nur einen Moment länger geblieben, hätte sie sich nicht mehr zurückhalten können. Jetzt blieb sie in einem tiefen Alkoven des leeren Korridors stehen und weinte einige Minuten. Ihr Körper wurde von den Schluchzern geschüttelt, die Welt um sie herum brach zusammen. Sie wusste, was Shadea lediglich vermutete. Ähren Elessedil war tot. Die Stimme hatte ihr dies gesagt.
Schließlich hörte sie zu weinen auf, stand reglos in der Dunkelheit des Alkovens und zwang sich, der Wahrheit ins Gesicht zu sehen. Sich selbst hatte sie belogen und die anderen auch. Sie liebte Ähren immer noch. Sie hatte ihn stets geliebt und würde ihn stets lieben. Shadea mochte höhnisch grinsen, und die anderen sollten es bezweifeln, aber so war es nun einmal. Sogar sein Tod änderte daran nichts. Sie liebte ihn trotzdem. Doch konnte sie nicht ertragen, dass er ihre Liebe nicht erwidert hatte.
Sie starrte ins Leere, und die Worte hallten in ihrem Kopf wider. Die Stimme hatte versprochen, es würde sich ändern, wenn sie nur Zeit und Geduld habe, würde er irgendwann beginnen, sie zu lieben. Die Stimme hatte es ihr von Anfang an versprochen, als sie Iridia zum ersten Mal gerufen und ihr Hilfe angeboten hatte. Die Stimme war überzeugend und tröstlich, und deshalb hatte Iridia ihr zugehört und geglaubt. Ähren konnte ihr gehören, und dafür würde sie alles tun.
Und hatte es getan.
Sie schloss die Augen, als ein Zug von Erinnerungen durch ihren Kopf zog wie Gespenster. Eine Flut von Emotionen folgte darauf. Die Trauer, die sie für den Mann verspürte, den sie verlassen hatte, um Ähren nachzulaufen. Die Leere, die sie empfunden hatte, als sie das Kind des Mannes gebar und schließlich aussetzte. Die Demütigung, der sie preisgegeben war, als Grianne Ohmsford ihre Tat entdeckt hatte. Der schreckliche Schmerz, den sie empfunden hatte, als Ähren Elessedil ihr sagte, dass sie trotzdem nicht zusammen sein könnten, weil seinem Leben ein anderer Weg bestimmt sei. Die Wut, aus der heraus sie sich mit Shadea und den Übrigen verbündet hatte, um die Druiden von Grianne Ohmsford zu befreien. Der Hass auf die Ard Rhys, den sie genährt hatte, weil dieses Weibsbild die größte Schuld an ihrem Elend trug.
Das Gefühl der Zerstörung und des nicht wieder gutzumachenden Verlustes, da Ähren Elessedil nun auf ewig für sie verloren war.
- Aber das muss nicht sein -
Sie schlug die Augen auf und holte Luft. Da war die Stimme wieder, um sie abermals zu trösten. Beinahe hätte Iridia erneut zu weinen begonnen, so dankbar war sie. Wie sie von der Stimme abhängig war. Allein ihr Klang verlieh
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