Die Magier von Shannara 1 - Das verbannte Volk
war unverzeihlich. Schlimm genug war es schon, dass keiner daran gedacht hatte, Tagwen einzusperren, denn der würde natürlich nicht untätig herumsitzen, nachdem seine geliebte Ard Rhys verschwunden war, aber diesen Jungen entwischen zu lassen, war einfach zu viel. Sie hätte sich selbst um die Angelegenheit kümmern sollen, doch konnte sie unmöglich alles erledigen.
Sie stolzierte zur Tür, starrte sie einen Moment lang an und überlegte, ob sie hinausgehen sollte, um sich zu beruhigen. Häufig schlich sie durch die Gänge und schüchterte die Druiden, die sie jetzt befehligte, mit ihrer Gegenwart ein. Sie würden ihr gehorchen, weil sie die Ard Rhys war, vor allem jedoch auch, weil sie sich vor ihr fürchteten. Niemand würde öffentlich gegen sie aufbegehren, solange Terek Molt und die anderen ihr Rückhalt gaben und die ehemalige Ard Rhys verschwunden blieb. Mancher würde vielleicht ein Komplott gegen sie aushecken, so wie sie gegen Grianne Ohmsford.
Unternehmen konnte sie allerdings erst etwas, wenn diese Abtrünnigen etwas unternahmen. Wenigstens würde sie ihre Gegner wissen lassen, dass sie auf der Hut war und nur auf eine Gelegenheit lauerte, sie zu erwischen. Sie ging zurück zum Fenster und schaute hinaus. Die ersten scharfen Böen schüttelten die Bäume und kündigten den Beginn des Regens an. Am liebsten hätte sie die Druiden in dieses Wetter hinausgetrieben, damit sie zum Kennon-Pass marschierten, um Entsagung und Demut zu üben. Einige würden eine derartige Strapaze vielleicht nicht überstehen, aber deswegen würde sie auch nicht unglücklich sein.
Ihre Gedanken kehrten zu Tagwen und dem Jungen zurück. Vielleicht waren sie ihr für den Augenblick entkommen, dachte sie, früher oder später jedoch würde sie die beiden aufspüren. Und die Eltern des Knaben ebenfalls. Überall in den Vier Ländern hielten Druiden von Luftschiffen aus nach ihnen Ausschau. Sie hatte sich dafür eine einfache Geschichte ausgedacht. Die Gesuchten waren Angehörige von Grianne Ohmsfords Familie und befanden sich somit ebenfalls in Gefahr. Hilfe konnten sie in Paranor finden, wo die Druiden sie beschützten. Jeder, der sie sah, sollte eine Nachricht schicken. Zur Bekräftigung hatte sie eine ordentliche Belohnung ausgesetzt. Die meisten würden das Angebot ignorieren, doch die Gierigeren würden sich umschauen. Irgendwann würden der Junge und sein Zwergenfreund gesichtet werden. Dann würde sie sich persönlich mit ihnen befassen.
Sie dachte gerade darüber nach, welche Befriedigung damit einhergehen würde, als es laut klopfte und Terek Molt hereinstürzte, ohne eine Antwort abzuwarten.
»Was soll das bedeuten?«, brüllte sie ihn an. »Türen haben einen ganz bestimmten Zweck, Molt!«
»Wir haben sie gefunden«, knurrte er mit seiner tiefen Stimme. »Im Westen, jenseits des Meridon.« Sie zuckte zusammen. »Tagwen und den Jungen?«
»Vor wenigen Minuten hat jemand die Magie der Elfensteine beschworen. Es war auf dem Scrye-Wasser in der kalten Kammer zu sehen. Iridia war dabei. Irrtum ausgeschlossen.«
Die kalte Kammer war der Raum, wo die Druiden die Kraftlinien lasen, die sich kreuz und quer über die Vier Länder erstreckten. Das Scrye-Wasser war eine Flüssigkeit, auf deren Oberfläche sich alle Magie als Kräuseln darstellte, dessen Ausdehnung die Stärke der angewendeten Macht anzeigte. Grianne Ohmsford hatte es in Paranor vor einem Dutzend Jahren eingeführt, nachdem sie sich bereits als Ilse-Hexe dieses Hilfsmittels bedient hatte.
»Elfensteine ?«s, fragte sie, da sie den Zusammenhang nicht gleich begriff.
»Gewiss, Shadea«, erwiderte er und lächelte so dermaßen selbstzufrieden, dass sie ihm am liebsten das Gesicht zerkratzt hätte. »Sie sind uns entkommen und haben den einzigen Druiden aufgesucht, der ihnen möglicherweise helfen kann.«
»Den Elfenprinzen!«, zischte sie. »Aber die Elfensteine hat er nicht mehr. Sein Bruder verwahrt sie.«
»Allerdings bewacht er sie nicht so gut, dass man sie nicht entwenden könnte, wenn man wollte. Um die Ard Rhys zu retten, würde Ähren Elessedil dies tun. Nein, er ist es bestimmt gewesen. Die Hinweise stammen aus dem Teil des Westlandes, in dem er lebt. Tagwen wusste, wo er wohnt, und er hat den Jungen mitgenommen.«
»Sie haben es gewagt, die Steine zu benutzen. Das überrascht mich. Ähren Elessedil müsste wissen, dass wir jede Anwendung von Magie überwachen.«
»Doch wie soll er die Ard Rhys sonst finden?«, gab Terek Molt zu bedenken. »Er
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