Die Magier von Shannara 2 - Der Baum der Talismane
aufbringen.«
Kurz schaute sie zu Hobstull hinüber, der sie mit dem gleichen forschenden Blick wie schon zuvor anstarrte.
»Hobstull benutzt Fallen, in die er seine Beute mit Geräuschen, Bildern oder Gerüchen lockt. Darin ist er sehr geschickt. Ich habe viele Sammelstücke durch seine Klugheit und Ausdauer erhalten. Du bist das jüngste und vielleicht wichtigste. Aber noch bist du nur ein Sammelstück. Verstehst du?«
Ein Sammelstück. Sie unterließ es, ihre Wut in ihrer Miene und ihrer Stimme zu zeigen, was ihr große Anstrengung abverlangte. »Ja, Herr.«
»Gut.« Die blauen Augen glitzerten. »Ich bin Tael Riverine, Straken-Lord des Kraal-Reichs. Ich herrsche von der Drachenkette im Norden bis zum Quitte im Süden, von der Huka-Ebene bis zum Brockenthrog-Wehr im Osten. Ich herrsche über dich. Lerne, das zu akzeptieren. Ich bin dein Herr, jetzt und immerdar.«
Zögern. »Verstehst du das, Grianne Ohmsford, einst Ard Rhys der Druiden?«
Ihr Mut sank. Sie hatte verzweifelt darauf gehofft, dass sie durch Zufall und nicht mit Absicht eingefangen worden war, dass sie eine Chance hätte, ihre Freiheit zurückzugewinnen, nachdem das Interesse der Häscher an ihr gesunken sei. Doch der Dämon wusste, wer sie war, und sie war hier, weil er es so geplant hatte, und damit schwanden ihre Aussichten, freigelassen zu werden.
»Ja, Herr«, brachte sie heraus.
Der Dämon sah ihre Miene. »Du hast nicht richtig gehört, was ich dir vorhin gesagt habe, wie? Du hast nicht aufgepasst.«
Ohne zu wollen, duckte sie sich in Erwartung des Schmerzes. »Ich sagte, du befindest dich in der Welt von Jarka Ruus und dass ich dich hergeholt habe, um zu leben. Du bist meinetwegen hier. Du bist hier, weil ich das wünschte. Erinnere dich an deine eigene Welt, an deinen Besuch in den Ruinen des Schädelreiches, wo einst der Dämonenlord herrschte. Denk an die Feuer, die ohne Grund aufloderten und brannten. Erinnere dich an das Gesicht, das du in den Flammen sahst, als du sie mit deiner Magie erforscht hast.«
Sofort wusste sie, was der Dämon ihr erzählte. Sie erinnerte sich an alles, besonders an das Gesicht, das in den Flammen erschienen war und sich gerade lange genug aus der Verborgenheit wagte, so dass sie die Züge genau erkennen konnte.
Es war sein Gesicht. Das Gesicht des Straken-Lords.
»Jetzt ist es dir wieder eingefallen, nicht wahr?«, sagte der Dämon. »Gut.« Er machte eine Geste. »Geh auf die Knie, und verneige dich vor mir.«
Das tat sie, und währenddessen lief ihr ein Schauer über den Rücken, als sie begriff, in wie großen Schwierigkeiten sie steckte. »Bring sie fort, Hobstull«, befahl der Straken-Lord.
Ohne weiter abzuwarten drehte sich der Dämon um und verschwand die Treppe hinauf in die Dunkelheit.
Hobstull ging hinüber zu ihr, befestigte eine Kette an einem der Ringe an dem Gurt um ihren Bauch und zog sie auf die Beine. Er betrachtete sie einen Moment lang, dann zog er an der Kette, um ihr zu bedeuten, sie solle folgen. Er führte sie zu einer schweren Eisentür, die unter der Treppe verborgen war, und die abgetretenen Stufen voller Wasserflecken hinunter. Sie folgte unterwürfig, da sie die Reste ihrer Kräfte aufheben wollte für einen Zeitpunkt, an dem sie ihr mehr nutzen würden. Unterwegs dachte sie über ihr Dilemma nach. Was ihr der Schatten des Dämonenlords erzählt hatte, bestätigte sich nun. Sie befand sich in der Verfemung, weil der Straken-Lord einige Druiden, die sie hassten, dazu gebracht hatte, sie mit Magie hierher zu verbannen. Vor allem war sie hier, weil dadurch ein anderes Wesen in der anderen Welt freigesetzt worden war. Der Straken-Lord hatte das zwar nicht zugegeben, doch war sie sich dessen sicher nach dem, was sie von Bronas Schatten gehört hatte.
Dennoch war nicht der Straken-Lord selbst in ihre Welt hinübergegangen, sondern ein anderer Dämon, einer, über den sie nichts wusste.
Warum war der Straken-Lord nicht persönlich gegangen? Bestand der eigentliche Zweck darin, sie herzubringen oder den anderen Dämon hinaus? Der Schlüssel zum Verständnis des Ganzen lag in der Antwort auf diese Frage.
Am Fuß der Treppe wandte sich Hobstull einer Reihe dicker Holztüren zu, in die winzige Schlitze gesägt waren. Während sie an den Türen vorbeigingen, hörte sie Geräusche von innen. Ein- oder zweimal schoben sich schwarze Finger heraus, als versuchten sie, ihren Geschmack über die Luft zu erspüren, die sie im Vorbeigehen bewegte. An den Wänden brannten Fackeln und
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