Die Magier von Tarronn (1) (German Edition)
gekommen?“
„Ist unser Geheimnis, stimmt’s Binti?“ Merit klopfte sanft den Hals des Pferdes. Den beiden Männern zwinkerte sie verschmitzt zu. Dann zog sie eine Möhre aus den Falten ihres langen Gewandes und sofort hob das Pferd schnuppernd den Kopf.
„Aha – bestochen hat sie ihn“, stellte Hatik trocken fest.
„Das erklärt aber noch nicht, wie sie da hoch gekommen ist“, warf Safi ein.
„Habt ihr schon mal was von Stühlen gehört?“, platzte Merit heraus und begann zu lachen, als sie die verblüfften Gesichter sah. „Schweben oder springen, wie ihr, beherrsche ich nicht. Der Große hier ist auch kein Kamel, das man besteigen kann, wenn es sitzt. Hinauf wollte ich aber unbedingt, also musste ich mir eben etwas einfallen lassen.“
Hatik amüsierte sich köstlich. „Nur gut, dass das kein versteckter Vorwurf war, sonst würde ich dir glatt ein Sondertraining anbieten.“
„Echt? Das würdest du machen? Wann geht es los?“ Merit war Feuer und Flamme.
„Aber nicht das Spezialprogramm“, versuchte Safi zu protestieren.
„Na, du kommst auf Ideen! Ich will ihr helfen und sie nicht umbringen.“ Hatik schüttelte fassungslos den Kopf.
„Was ist das Spezialprogramm?“, fragte Merit vorsichtig.
Safi erzählte ihr haarklein, was am ersten Trainingstag mit Mara geschehen war. Merit schluckte. Sie schaute Hatik mit großen Kulleraugen an.
„Keine Angst, das wird nur ein Mentaltraining. Du bist genau so wenig eine Kriegerin, wie deine Mutter. Warum sollte ich dich dann zu etwas zwingen, was nicht deine Bestimmung ist?“
Merit atmete auf. Sie wusste genau, dass Hatik nie etwas versprach, was er nicht halten konnte. Das tiefe Vertrauen aus der ägyptischen Zeit hatte keinen Abbruch erlitten. Ganz im Gegenteil, seit sie wusste, was er für das ganze Volk der Atlan tat, war es noch weiter gewachsen. So fragte sie kurzerhand: „Fangen wir gleich morgen an?“
„Ist in Ordnung. Wenn du bereit bist, dann gib mir Bescheid.“
Safi hatte sich auch wieder beruhigt. Schließlich kannte er seinen Freund schon lange genug. Er musste sich eingestehen, dass er um seine geliebte Prinzessin manchmal einfach überbesorgt war. Dabei konnte sie sehr wohl selbst auf sich aufpassen. Jetzt hatte sie Binti als vierbeinigen Beschützer dazu bekommen und Safi hatte es mehr als einmal in der Schlacht erlebt, wie der Hengst auf die Hinterbeine ging und Angriffe auf seinen Herrn mit gezielten Hufschlägen abwehrte. Für Merit würde er, seit sie auf ihm reiten durfte, sicher das Gleiche tun. Jetzt trottete Binti mit seiner Reiterin gemächlich neben den beiden Männern her. Bei jedem Windstoß flatterte seine Mähne mit dem ebenfalls rabenschwarzen Haar von Merit hoch und umwehte die beiden wie ein dunkler Schleier, denn Solon hatte dem Wachstum etwas auf die Sprünge geholfen, nachdem Merit-Amun ihr Haar dem roten Drachen zum Tausch angeboten hatte.
Neri stand im Garten und wartete bereits auf Hatik. Als sie Binti sah, stutze sie kurz, dann zog ein Lächeln über ihr Gesicht. „Ich wollte mich schon wundern, was der Stuhl vor der Hütte macht. Bei dem Anblick ist mir alles klar. Du holst also nach, was wir dir als Kind immer verboten haben.“
Dann sprachen alle vier im Chor: „Geh niemals in die Nähe von Binti, er ist wild und gefährlich.“ Dann mussten sie lachen. Binti schüttelte leicht die Mähne, als würde er vorwurfsvoll sagen: Ich – gefährlich? Das ist ja zum Wiehern!
Hatik wollte seinen Stalldienst antreten, aber Safi hielt ihn am Handgelenk zurück. Merit war bereits von ihrem großen Freund herunter gesprungen und rieb ihn trocken. Hatik sah ein, dass er hier nur stören würde und so ließ er sich von Safi ins Haus ziehen. „Die beiden kommen ganz gut alleine klar. Merit hat mir in den letzten Tagen solche Löcher in den Bauch gefragt, was die Pferdepflege angeht.“ Er breitete seine Arme weit aus. „Jetzt darf sie endlich machen, was ihr die Etikette immer verbot.“ Neri nickte zu diesen Worten.
Am nächsten Morgen, pünktlich nach dem Frühstück, fand sich Merit-Amun bei Hatik zum Training ein. Neri legte ihr wärmstens ans Herz, jede Anweisung genauestens zu befolgen, aber sie wusste auch, dass Hatik nie etwas Unmögliches verlangen würde.
Kaum hatte Hatik Merit die Hand gereicht, waren beide auch schon verschwunden, um Augenblicke später hoch im Gebirge wieder zu erscheinen. Er ließ ihr Zeit, sich umzusehen. Sie konnte fast die ganze Insel überblicken. Von hier sah der Ozean
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