Die Magier von Tarronn (1) (German Edition)
Worte in einer fremden Sprache und trat einen Schritt zurück. Dann verließ er mit den anderen still die Grotte. Hatik blieb noch zurück und verstärkte das magische Siegel. Erst als er sein Werk eingehend geprüft hatte, folgte er den Atlan. Solon lag nun für volle sieben Tage in einem Schlaf, der seinem Körper Kraft geben sollte für die Unsterblichkeit. Die Kräuter und Harze, die Aron und Talos gesammelt hatten, sollten, wenn die alten Schriften stimmten, den Körper auf wundersame Weise verjüngen. Hatik wachte sieben Nächte lang in der Nähe des Wasserfalls. Niemand sollte des Ritual stören und den alten Magier gefährden, der für ihn so etwas wie ein Vater geworden war.
Am Ende der siebenten Nacht trafen die Atlan vor dem Wasserfall mit Hatik zusammen. Sie lösten die Sperren und warteten auf das Erscheinen von Solon, denn nach den alten Anweisungen durfte niemand den Schläfer wecken. Gespannt lauschten die Versammelten auf jedes noch so kleine Geräusch und pünktlich mit dem ersten Sonnenstrahl erschallte aus dem Inneren der Grotte ein herzhaftes Gähnen. Bald darauf, waren sich nähernde Schritte zu hören. Alle warteten gespannt auf den Magier. Als er ins Sonnenlicht hinaustrat, ging ein Raunen durch die Menge. Die Freunde umringten ihn und jeder fasste ihn an. Ganz nach seiner Gewohnheit wollte er sich den Bart streichen, doch hielt er plötzlich inne. Der ehemals silberweiße Bart prangte in sattem Braun. Verblüfft lief er zum See und erkannte fast sein Spiegelbild nicht wieder. Aus dem Wasser schaute ihm ein junger kräftiger Mann mit lockigem Haar entgegen. Überwältigt ging er in die Knie und fing, hemmungslos vor Freude, zu weinen an. Dann sprang er auf und drückte seine Freunde an sich, einen nach dem anderen. Hatik griff er sich als Letzten, riss ihn in seine Arme und schwenkte ihn im Kreis.
Der Rückweg ins Dorf glich einem Triumphzug. Die Nachricht von Solons wiedergewonnener Jugend verbreitete sich wie ein Lauffeuer. Die Atlan, bekannt für ihre spontanen Feiern, übertrafen sich heute selber. Auf dem zentralen Platz fand ein regelrechtes Volksfest statt. Solon und Hatik waren die Helden des Tages, ohne den einen, hätte es das Glück des anderen nicht gegeben. Auf dem Höhepunkt der Feier reichte Talos Solon das Fläschchen mit dem blutroten Atlamat. Für die versammelte Gemeinschaft der Atlan gab er die nötigen Erklärungen zu dem, was gleich geschehen würde. Eine gespannte Stille breitete sich aus. Hunderte neugierige Augenpaare beobachteten Solon. Feierlich setzte dieser die Flasche an die Lippen und trank sie langsam und bedächtig, Schluck für Schluck, aus. Als er das leere Gefäß wieder auf den Tisch stellte, brandete ein unbeschreiblicher Jubel auf.
Der erste Atlan hatte die Unsterblichkeit zurück gewonnen.
Hatik fragte in Gedanken nach, wie er sich fühle. Solon antwortete auf die gleiche Weise. Ich weiß gar nicht, wie ich es beschreiben soll. Das Atlamat prickelt im Augenblick im ganzen Körper. Es fühlt sich aber nicht einmal unangenehm an. Ich muss nur aufpassen, dass mich das euphorische Gefühl, das es nebenbei erzeugt, nicht völlig überschwemmt.
In ein paar Stunden geht das vorüber , sandte Hatik gedanklich zurück. Dabei lächelte er zufrieden.
Solon hatte sich inzwischen erhoben und hielt für seine Freunde eine Dankesrede. Er würdigte den Anteil jeder einzelnen Person mit leidenschaftlichen Worten. Die meisten Atlan erfuhren erst heute, was in den letzten Wochen geschehen war und welche dramatischen Szenen sich abgespielt hatten. So kam zu der Hochachtung, die man im Allgemeinen gegenüber der Gruppe um Solon und Talos empfand, eine tiefe Ehrfurcht hinzu. Der hunderttausende Jahre alte Status der Magier und Hüter war dadurch noch mehr gefestigt worden. Die Atlan waren stolz auf ihre Hüter, die im rechten Moment wirklich zuschlagen und Unglück abwenden konnten. Denn diese bewachten schließlich das Wertvollste, was ihr Volk besaß – die Seherin. Dass einer der Hüter obendrein ein Drakonat und Magier war, machte das Glück perfekt. Wäre da nicht noch der Drakon Letan gewesen …
Ein paar Tage später machten sich Mara, Aron und Hatik noch einmal zur Höhle des toten Drachen auf, um die verbliebenen Eierschalen zu holen.
Auf dem Plateau ging ein feiner Nieselregen nieder. Weit und breit war alles still. Als die drei Ankömmlinge gemeinsam durch die Gänge zum Brutplatz schritten, klebte die beklemmende Atmosphäre noch immer in jedem Winkel.
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