Die Magier von Tarronn (2) (German Edition)
Tag etwas in ihrem Tatendrang zu bremsen. Solon hatte Recht, der Pyramidenbau sollte nicht in Sklavenarbeit ausarten, und ob er nun ein oder zwei Jahre bis zu Vollendung brauchte, was machte das schon für einen Unterschied? Endlich legte sich der Schlaf auch über Drakos’ Augen.
Er träumte vom heiligen Hain der Tarronn, den er in seinem ersten Leben oft besucht und beschützt hatte. Die riesige Kuppelhalle aus weißem Marmor, inmitten eines Parks mit uralten, himmelhohen Bäumen, war von hohen weißen Säulen umstanden und oft wandelten die Magier der Tarronn in ihrem Schatten.
Hier traf sich auch das hohe Tribunal der Caiphas-Galaxie, um Recht zu sprechen und Streitereien der Völker untereinander zu schlichten. Selbst im Traum hätte Drakos gern gewusst, ob das heute auch noch so war. Aber womöglich hielt man selbst solche wichtigen Zusammenkünfte nur noch als Videokonferenzen ab, von denen Horus und seine drei älteren Söhne erzählt hatten. Dann glitt Drakos in eine Phase tiefster Ruhe, in der Träume keine Chance hatten.
Horus, Imset und Sobek waren gemeinsam zu Neri und Seschat zurückgekehrt. Die beiden Frauen hatten es sich mit Nala im Garten bequem gemacht, den Abendbrottisch reich gedeckt und warteten nur noch darauf, dass die drei Männer gewaschen und mit frischer Kleidung am Tisch erschienen.
„Ihr seht ziemlich erschöpft aus“, stellte Neri fest.
„Wenn das so offensichtlich ist, dann müssen wir unsere Kräfte wirklich besser einteilen, sonst halten wir nicht lange durch“, erwiderte Imset.
„Siri hat Imset eine neue Technik beigebracht und dann waren die beiden einfach nicht mehr zu halten“, lachte Horus. „Sobek und ich kamen kaum noch hinterher. Die beiden haben mindestens doppelt so viel geschafft wie wir.“
„Kannst du mir diese Technik auch beibringen?“, bat Sobek seinen Vater.
„Beherrschst du den Drachenschrei?“, fragte dieser zurück.
„Ich glaube nicht.“ Sobek winkte niedergeschlagen ab.
„Lass den Kopf nicht hängen. Auch den Drachenschrei kannst du lernen. Wir haben ja noch eine Weile Zeit.“
„Sooo?“, fragte Neri gedehnt. „Dass ihr euch mal nicht irrt.“
„Mm, mm.“ Ihre beiden Männer schüttelten synchron die Köpfe.
„Ich bleibe noch volle zwei Wochen hier“, strahlte Sobek. „In dieser Zeit kann ich bestimmt noch eine Menge von Vater lernen. Ich werde mir jedenfalls die größte Mühe geben.“
Mit einem Freudenschrei sprang Neri auf, fiel Sobek und Imset um den Hals.
Horus nickte. „Ich habe doch gewusst, dass sie sich riesig freuen wird, wenn ich die beiden erst in zwei Wochen abhole. Bis dahin solltet ihr Sobek vielleicht etwas über die Vergangenheit, die genauen Familienverhältnisse und vor allem über Merit-Amun erzählen. Ich könnte mir vorstellen, dass irgendjemand das Thema auf den Tisch bringt. Es wäre besser, wenn er souverän antworten kann“, wandte er sich an Neri und Imset.
„Dann gibt es wohl so etwas wie ein Familiengeheimnis?“ Sobek war plötzlich gar nicht mehr müde.
„Mehrere mein Junge – mehrere.“ Imset schaute in weite Ferne. „Kannst du dich noch an den Tag erinnern, als du noch klein warst und sagtest, Mutter sähe wie eine richtige Königin aus?“
„Ja.“
„Und an die Geschichten von der traurigen Prinzessin, die Merit dir erzählt hat?“
„Aber natürlich, das waren die schönsten Geschichten, die ich je gehört habe“, lächelte Sobek.
„Nun, diese Geschichten sind die Wahrheit. Es hat sich alles genau so zugetragen, wie Merit es dir beschrieben hat.“ Imset hatte seinem Sohn die Hand auf den Arm gelegt. Er fühlte, wie Sobek zusammenzuckte. „Wa – wa – was? Dies ist alles wirklich passiert?“
„Ja. Ich bin der Krieger, Safi sein Freund, deine Mutter ist die Königin und Merit-Amun die traurige Prinzessin.“
„Und der König?“, fragte Sobek leise.
„Ist Pharao Ramses II., der in einigen Tausend Jahren in Ägypten regieren wird“, antwortet Imset.
„In einigen Tausend Jahren?“, flüsterte Sobek und schaute Horus ungläubig an.
Der nickte stumm, während Neri weiter sprach. Sie berichtete von Rami und der Zeitreise, den ägyptischen Teil ergänzte Imset.
„Dann habe ich auf der Erde auch noch Geschwister? Und ihr habt Merit-Amun wirklich aus der Zukunft geholt? Aber wer ist denn an ihrer Stelle jetzt dort?“ Sobek wollte alles ganz genau wissen.
Neri hatte Imsets Hand genommen, als bräuchte sie jetzt diesen festen Halt. „Du hast tatsächlich noch vier
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