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Die Magierin des Windes: Roman (German Edition)

Die Magierin des Windes: Roman (German Edition)

Titel: Die Magierin des Windes: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Misty Massey
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die Artie sein Schiff abgeluchst hatte. Die einzige Frage, die sich ihr stellte, war, wie sie sich davon würde abhalten können, McAvery in Stücke zu reißen, bevor sie ihn den Gerichten auslieferte.
    Sie warf noch einen Blick auf die Spielkarte in ihrer Hand. Was konnte es schaden, die Karte zu benutzen, wenn sich die Gelegenheit dazu ergab? Es war ja nicht so, als ob jemand ermordet worden wäre, um den Zauber zu wirken … Plötzlich zogen die Gesichter lange verschwundener Kinder vor ihrem inneren Auge vorbei. Ihre kummervollen Augen waren so lebendig, wie auch sie es gewesen war – in ihrer Kindheit. Niemand war getötet worden, um diesen Zauber zu wirken, aber für die Danisober waren so viele Menschen gestorben, dass es für sie dasselbe war. Sie wollte nichts damit zu tun haben. Sie kippte die Hand leicht seitwärts, schnippte die Karte in die Luft und sah zu, wie sie auf das glitzernde Wasser unter ihr zuflatterte, während der Anker gerade die Oberfläche durchbrach; dann wandte sie sich ab.
    »Ich will verflucht sein!«, rief irgendjemand. »Schaut euch das bloß an!«
    Mehrere der Männer hatten sich an der Reling versammelt, und auch Falkin sah neugierig hin. Auf dem Wasser saßen die drei kartenspielenden Soldaten und wippten mit der Bewegung der Wellen. Als sich das Schiff weiter entfernte, warf einer von ihnen lächelnd seine Karten hin und beugte sich vor, um sein imaginäres Gold an sich zu reißen.

Kapitel 16
     

     
    Die Sonne weicht der Sternenschar, Die Dunkelheit bricht an. Mit fernem Raunen schießt davon Das Geisterschiff sodann.
    Samuel Taylor Coleridge
     
     
     
    WÄHREND DER REST der Mannschaft die Thanos aus dem Hafen navigiert hatte, hatten Jarvis und Bardo Shadd in die Kapitänskajüte gebracht. Sie war geräumig und warm. Regale voller Bücher nahmen die eine Wand ein; an der anderen hingen verschiedene gerahmte Karten. In der Nähe der Tür stand ein mit seltsamen, kunstvollen Schnitzereien verzierter Kleiderschrank, der Falkin an Olympias Theke erinnerte. Er verfügte über einen goldenen Griff und ein Schlüsselloch, aber kein Schlüssel war zu sehen. Sie versuchte aber dennoch, die Tür zu öffnen. Sie ließ sich auch ganz leicht aufschieben und enthüllte samtene Wämser und Hosen sowie Seidenhemden. Falkin nahm sich eine Minute Zeit, sie durchzusehen, und genoss den exotischen Samtflor und die schlüpfrige Glätte der Seide. Zu ihrem Entzücken hing dort ein rotes Hemd. Es sah zwar ein wenig zu groß für sie aus, aber sie beschloss, es als gutes Vorzeichen zu betrachten. Sie nahm das Hemd und eine recht kleine Samthose hinter einen nahen Wandschirm mit und zog die unbequemen Röcke aus.
    Es war eine wunderbare Erleichterung, das Mieder aufzuschnüren, und Falkin sog einen langen, tiefen Atemzug ein, sobald ihre Rippen wieder frei waren. Das Logbuch rutschte ab und fiel polternd zu Boden. Falkin ließ die Frauenkleider über dem Wandschirm hängen, nachdem sie sich umgezogen hatte, hob aber das Buch auf und trug es zum Kleiderschrank. Sie schob es auf den Boden unter die aufgehängten Kleider. Später würde sie noch Zeit haben, ein besseres Versteck zu suchen.
    Eine Anrichte mit Spiegel stand gedrungen neben dem Kleiderschrank; sie war mit Kristallkaraffen voll Rum und Gin und einer Anzahl geschlossener Weinflaschen versehen. In die Mitte des Fußbodens hatte man einen glänzenden, runden Tisch mit vier Stühlen gestellt. Er war aus irgendeinem dunklen Holz geschnitzt, hatte aber einen aschgoldenen, runden Fleck direkt in der Mitte, als sei dort ein Krug Bier ausgekippt und das Bier nie aufgewischt worden. In einem Raum, der so gepflegt wie dieser wirkte und in dem die Möbel so poliert waren, dass sie glänzten, stach einem der Fleck besonders ins Auge.
    Das Heckfenster am hinteren Ende der Kajüte bestand aus Glasscheiben mit geschliffenen Rändern, die Licht auf das breite, gut ausgestattete Bett fallen ließen, das sich darunter befand. Es war so groß, dass drei Leute bequem darin hätten schlafen können. Shadd ruhte nun dort – ob es bequem war oder nicht, konnte Falkin nicht sagen. Sie hatten ihn aufs Bett gelegt und das weiche Bettzeug aus Leinen sicher um ihn herum festgesteckt. Seine Verbände hatten scharlachrot genässt, während sie mit seinem massigen, bewusstlosen Körper gekämpft hatten, aber er war nicht aufgewacht. Falkin holte sich eine Hängematte von unten und hängte sie an den dunklen Holzbalken auf, die quer unter der Decke verliefen. Sie hatte

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