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Die Magistra

Die Magistra

Titel: Die Magistra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Dieckmann
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Handfläche. »Präge dir diesen Buchstaben gut ein, bis du dir vor dem Abendbrot die Hände wäschst«, sagte sie. »Er sieht aus wie ein Mast, an dem ein Fähnchen flattert. Mit ihm beginnt dein Name, den auch ein Apostel unseres Herrn trug! Wenn du ihn bis morgen nicht vergessen hast, schenke ich dir den nächsten Buchstaben aus Kuchenteig, und kannst du erst einmal deinen Namen schreiben, wird es nicht mehr lange dauern, bis du alt genug bist, um von einem richtigen Schulmeister unterrichtet zu werden!«
    Als Philippa die Küche verlassen wollte, bemerkte sie, wie Roswitha sich abmühte, eine streng riechende Kräutersalbe auf ihrem geschwollenen linken Handrücken zu verteilen. Das Zeug war hart wie Stein und zerbröckelte, kaum daß die Amme es aus dem Gefäß gekratzt hatte. Roswithas Gesicht verzerrte sich vor Anstrengung. Sie schien Schmerzen zu haben.
    »Was fehlt dir denn?« fragte Philippa verwundert.
    »Kein Grund zur Sorge.« Die Amme verbarg ihre Hand unter einer Falte ihres Kleides. »Nur ein läppischer Hautausschlag. Vermutlich bin ich bei der Pflege Eurer Muhme mit einer Arznei in Berührung gekommen, die mir die Haut gereizt hat! Kümmert Euch lieber um Eure Schülerinnen. Der Rat soll bereits bei Meister Lupian angefragt haben, ob es Euch denn noch ernst wäre mit der Mädchenschule!« Sie erhob sich schwerfällig, wankte zum Herdfeuer hinüber und schichtete die halb verkohlten Scheite wieder auf.
    »Der Rat?« Philippa legte ungläubig die Stirn in Falten. »Was haben die Ratsherren mit meinem Unterricht zu tun? Ich berichte Melanchthon. Er wird verstehen, daß ich …«
    »Nun, eigentlich waren es nicht die Ratsherren, die sich nach Euch erkundigt haben, mein Herz.«
    »Sondern wer?«
    »Es war dieser Eidgraf«, stieß Roswitha hervor und spuckte in die Aschenglut. Sie gab sich keine Mühe, ihren Abscheu zu verbergen. »Wolfger von … was weiß ich. Dieser schreckliche Mensch ist vorzeitig aus Schmalkalden zurückgekehrt, um uns allen das Leben schwerzumachen. Ihr solltet Euch vorsehen!«
    ***
    Im Ofen der Schulstube knisterten die Holzscheite. Obwohl an diesem Nachmittag nur elf Mädchen im Schwarzen Kloster erschienen waren und folglich auch die Brandspende dürftiger ausgefallen war als gewöhnlich, schlug Philippa wohlige Wärme entgegen, als sie ihren Platz vor dem blanken Katheder bestieg.
    Noch aufgewühlt von Roswithas Erzählung blickte sie in die erwartungsvollen Gesichter ihrer Schülerinnen. Die jüngeren Mädchen hatten wie immer Rechenbretter und Fibeln mit Schnörkelschrift vor sich liegen, die älteren Wachstafeln und angespitzte Griffel.
    »Habt Ihr bereits die Neuigkeit gehört, Schulmeisterin?« rief das Mädchen namens Barbara lauthals. »Der Mörder Eurer Gehilfin ist entflohen. Man sagt, er sei auf einem Boot die Elbe abwärts getrieben!«
    »Das stimmt aber nicht«, widersprach ein rundliches Mädchen, das vor kurzem erst mit dem Addieren begonnen hatte. »Mein Vater hat gesehen, wie er sich hinter der Eisenwaage in Luft aufgelöst hat. Er war doch ein Zauberer wie die alte Barle und …«
    Philippa ertrug es nicht länger. Energisch klopfte sie mit der flachen Hand auf den Katheder, daß ihre Bücher nur so hüpften. Augenblicklich verstummten die Mädchen und senkten die Köpfe. »In dieser Schulstube wird kein Klatsch verbreitet, habt ihr verstanden?« Sie erhob sich und stützte sich mit beiden Armen auf die Tischplatte. »Ihr seid hier, um etwas zu lernen, was euren Verstand schärfen soll. Nicht, um euch gegenseitig mit Marktgeschwätz zu unterhalten. Barbara, nimm bitte deine Tafel zur Hand. Ich werde dir einen Satz aus der Epistel des Jakobus diktieren. Danach werden die Älteren versuchen, ihn vom Lateinischen ins Deutsche zu übersetzen. Die Jüngeren schlagen ihre Fibel auf und suchen die Seite, auf der die Werkzeuge der Handwerkszünfte zu sehen sind.«
    Folgsam kamen die Kinder Philippas Aufforderungen nach. Lediglich Barbara machte keine Anstalten, ihre Wachstafel aus der Tasche zu nehmen. »Bei unserer früheren Schulmeisterin mußten wir kein Latein lernen«, behauptete sie verstockt. »Sie erklärte uns, daß der Schädel einer Frau sich verformt, wenn sie sich mit solchen Dingen beschäftigt.«
    Widerwillig mußte Philippa lachen. »Danke, daß du mich darüber in Kenntnis setzt, Barbara. Als ich begonnen habe, die lateinische und griechische Sprache zu erlernen, war ich kaum älter als du. Ich hoffe, mein Schädel ist nicht gar zu schief

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