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Die Maikaefer

Die Maikaefer

Titel: Die Maikaefer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Burkhard Driest
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Frau?«
    Ich hätte ihm weder meiner Mutters Versteck noch das Backhaus genannt, aber eine Antwort erübrigte sich sowieso, weil aus der Küche ein spitzer Schrei zu uns drang, und wir alle dorthin schauten. Im nächsten Moment öffnete sich die Tür, und sechs Soldaten kamen mit vier Frauen heraus. Einer hatte seine Pistole in der Hand und dirigierte die Truppe an uns vorbei. Ich kannte die Frauen, es waren die Magd Gertrud Franke, Hilde Plum, ihre Tochter Mauerblümchen und Tante Leni, die Frau des Administrators Rudolf Bahlow. Als ich die schweißnasse Försterfrau sah, dachte ich an den Schlachthof in Naugard, wo die Pferde, wenn wir dem Schlachthof nahe kamen, jedes Mal zu schwitzen begannen und auszubrechen drohten. Inzwischen wusste ich, was die Frauen erwartete und dass die wilde Gier meiner zwei Mongos ihre einzige Chance war. Vielleicht würden sie mit den Soldaten einen Streit anfangen, sodass die Frauen in dem Tumult entwischen könnten. Sie nahmen sich in ihrer Gier gegenseitig Frauen und Beute weg, das hatte ich schon erlebt. Ich überlegte mir, wem ich helfen würde, und meine Wahl fiel auf Mauerblümchen. Sie war die Jüngste, sie war erst achtzehn.
    Ich hatte mich nicht getäuscht. Husten-Mongole brachte seinen Karabiner in Anschlag und stoppte die ganze Truppe. Es begann ein großes Palaver, währenddessen ich auf eine Gelegenheit wartete, Mauerblümchen wegzuziehen und mich mit ihr davon zu stehlen. Doch es kam nicht dazu, denn Narbenstirn griff mir an die Kehle und zerrte mich zum Haupteingang. Dort krallte er seine rußige Pfote so fest in mein Haar, dass mir die Tränen kamen. »Wo ist Frau?«
    Ein Soldat kam die Stufen der Freitreppe herauf, wies die Kastanienallee hinunter und sagte: »Brot backen.«
    Währenddessen versuchte ich, die neue Situation aufzunehmen: Die Toten lagen immer noch am Obstgarten, die Tür zur Wohnung des Administrators stand sperrangelweit auf, Kühe, Schafe, Hühner, Gänse rannten, flatterten oder sprangen herum, überall standen Panjewagen und klapprige Gäule, die nicht vom Gut waren. Dazwischen liefen Mongos hin und her. Nicht alle hatten Schlitzaugen, es gab auch ein paar blonde Rotarmisten, aber alle waren betrunken und versuchten in den Häusern und Ställen etwas zu finden, was sie mitnehmen konnten.
     
    Mein Bewacher ließ mein Haar los und stieß mich mit dem Karabiner die Stufen herunter. Von den angekommenen Mongos sprach ihn einer mit Tulga an, erklärte ihm etwas und zeigte auf das Backhaus.
    Wahrscheinlich hatte ich es mit ihm verdorben, denn er schubste mich noch heftiger, und als wir am Backhaus ankamen, musste ich vorangehen. Dann gab er mir einen Tritt, und ich taumelte zwischen die Eingesperrten. Jemand fing mich auf.
    Im Backhaus war ein großes Jammern und Wehklagen, aber es zeitigte bei den Mongos keine Wirkung. Wer Erbarmen erwartet hatte, sah sich getäuscht. Selbst als einige der Frauen entsetzlich zu schreien begannen, weil einer der Mongos mit einer Fackel hereinkam, half das nichts. Im Gegenteil, Tulgas Kollege Husten-Mongo nahm seinen Karabiner und schoss in die Decke.
    Vor mir stand Elfi, in die ich hinein gestolpert war. Ich hatte sie in dem Moment erkannt, als sie meine Hände ergriffen und ganz fest gedrückt hatte. Ich wollte sie fragen, was inzwischen geschehen war, aber das Wimmern der Frauen und das Brüllen der Mongos übertönten ihre Worte. Ich schlang meine Arme um ihren Bauch und blieb bei ihr.
    Husten-Mongo hatte sich inzwischen Kathrin Wendt geschnappt und zerrte sie hinaus. Ich erinnerte mich, wie verliebt Hotte in Kathrin war und wie oft er von ihr geschwärmt hatte.
    Die Schmiede war nicht weit von hier, und ich wusste, würde Hotte das sehen, nähme er den Schmiedehammer und würde den Mongo erschlagen. Durch das Schreien, Schießen und Elfis Umarmung war so ein Tumult in mir, dass ich nichts sehnlicher wünschte als Hotte mit dem Schmiedehammer. Er sollte alles hier zerschmettern, den Panzer zuerst, der das Backhaus bedrohte, dann die Mongos und den Rest.
    Ich suchte die Tür, als könnte Hotte jeden Moment hereinkommen. Aber er kam nicht. Stattdessen fiel Tulgas Blick auf Elfi. Er hatte eine brennende Fackel in der Hand und zielte mit ihr auf sie. Alle um sie herum rückten zur Seite. Im nächsten Moment war er da, trat mir so heftig in den Bauch, dass ich sie loslassen musste und hinfiel. Er griff nach ihr. Weil sie sich zu entwinden suchte, ließ er die Fackel fallen. Jemand bückte sich und warf sie in den

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