Die Malerin von Fontainebleau
Ostern. Dann gibt es endlich wieder gebratenes Fleisch. Ein zartes Lamm passt gut zu diesem Rosmarin.«
»Wie konnte sich der König nur mit den Türken verbünden! Das ist nicht recht.« Luisa erinnerte sich gut an die düsteren Gesichter der Muselmanen in der Gastwirtschaft, die sich für die Violine der Lavbruchs interessiert hatten.
»Luca, es gibt vieles, das nicht richtig ist, aber die Dinge sind so, wie sie sind. Es ist ein Wunder, dass noch niemand deine Verkleidung durchschaut hat. Das darfst du nicht vergessen. Noch vor einiger Zeit hätte ich gesagt, dass es den König amüsieren würde, wenn er von deinem Rollenspiel erführe. Und vielleicht würde es das sogar noch jetzt, doch seit er Montmorency zum Connétable gemacht hat, gewinnen die Konservativen an Einfluss. Menschen wie die Kardinäle Tournon und Lorraine und Diane de Poitiers, die sich der spanischen Bigotterie verschrieben hat, würden dich benutzen, um ihren Einfluss geltend zu machen. Es wäre ein Vergnügen und eine Genugtuung für sie, dich zu demütigen und vor ein kirchliches Gericht zu zerren. Und jetzt, wo dein Bruder ein Ketzer ist, hätten sie alle Trümpfe in der Hand.«
Verzweifelt senkte Luisa den Kopf. Die Wahrheit war ernüchternd und bedrückend. »Aber ich werde nicht fortgehen!«
»Das verlangt ja niemand. Ich sage nur, wie es ist und dass du dich vorsehen musst.«
Sie rang die Hände. »Alles, was ich tue, ist meine Arbeit!«
»Ja, ich weiß. Die Welt ist ein seltsamer Ort …« Er lächelte und klopfte ihr kameradschaftlich auf die Schulter. »Nun komm!«
Sie stopfte den Brief in ihr Wams. Es war nicht Armidos
Schuld und auch nicht die ihre, dass Neid und Missgunst den Hof und die Ambitionen der Menschen bestimmten.
»Monsieur Rosso!«, rief jemand von der Abtei herüber.
Sie hoben die Köpfe und entdeckten Didier, der mit den Armen wedelte und auf sie zurannte. »Monsieur! Euer Assistent sagt, es ist wichtig!«
»Was gibt es denn?«, fragte Rosso unwirsch.
»Das Holz, glaube ich. Die ganze Ladung ist unbrauchbar. Monsieur Scibec de Carpi ist außer sich und will alles hinwerfen.« Aufgeregt rannte Didier scheinbar ziellos hin und zurück.
»Wo?«
»In der Tischlerei.«
»Gut, danke«, sagte Rosso und schien zu erwarten, dass der Diener sich entfernte, doch Didier blieb. »Ja, was ist denn noch? Sag Scibec, dass ich gleich dort sein werde.«
»Noch eine Sache, Meister Rosso. Ihr wart nicht hier, als sie Albin hingerichtet haben, Gott sei seiner armen Seele gnädig. Aber die Leute im Schloss sind nervös, wegen der Pest …«
»Er hatte nicht die Pest!«, widersprach Luisa, die Didier immer weniger ausstehen konnte. Das kleine Wiesel spionierte überall herum.
»Nein, genau, das hat sich ja dann herausgestellt, aber die schlichten Gemüter, Ihr versteht …«
Ungeduldig unterbrach Rosso ihn: »Komm zur Sache, Mann!«
»Also der tote Mann am See unten, der, den Albin ermordet hat …« Didier warf einen raschen Blick auf Luisa, die den Diener misstrauisch musterte. »Nun, das hat Unglück über das Schloss gebracht. Heute Morgen ist wieder einer auf der vorderen Baustelle verunglückt, und jetzt das mit dem faulen Holz. Vielleicht liegt ein Fluch auf Fontainebleau …«, orakelte er düster.
»Dummes Gewäsch! Aberglaube!« Doch Rosso und Luisa wussten beide, was Aberglaube auf Baustellen anzurichten vermochte.
»Ich dachte, vielleicht könntet Ihr den Vorschlag machen, einen Exorzisten kommen zu lassen …« Weiter kam Didier nicht, denn Rosso wies mit dem Finger zum Ausgang und brüllte: »Mach, dass du fortkommst! Ich will nichts von solchem Unfug hören!«
So wütend hatte Luisa Rosso noch nie erlebt, die Adern an seiner Stirn waren geschwollen. Erschrocken hastete Didier davon. Kopfschüttelnd starrte Rosso hinter ihm her.
»Das gefällt mir ganz und gar nicht. Hier stiftet jemand absichtlich Unruhe. Aber ich werde dem Einhalt gebieten. Einen Exorzisten! Nicht in meiner Galerie, nicht in Fontainebleau!« Er strich sich über den kurzen Bart und legte eine Hand an den Knauf seines Degens. »Du gehst zurück in die Werkstatt und setzt deine Arbeit fort. Eigentlich hatte ich mit dir über diesen Entwurf sprechen wollen. Aber das muss warten. Ich lasse dich später rufen.« Er deutete auf die Rolle unter seinem Arm.
Sie folgte ihm durch den Garten und sah ihm nach, wie seine schlanke Gestalt entschlossenen Schrittes den Hof durchmaß.
Der römische Stukkador empfing sie mit beißendem Spott. »Na, was
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