Die Malerin von Fontainebleau
gottesfürchtig?«
»Sehr, Exzellenz. Mit kleinen Einschränkungen vielleicht, aber schwarze Schafe finden sich in jeder Gemeinde. Gott schickt uns täglich Prüfungen, damit wir unsere Glaubensfestigkeit beweisen können.«
Seufzend trank der Erzbischof einen tiefen Schluck, wischte sich den Mund und sagte: »Genau. Ich sehe den Ketzer, den wir gefangen haben, als eine solche Prüfung an. Es kann nicht angehen, dass diese Leute frei herumlaufen und ehrliche, gottesfürchtige Bürger zu Abtrünnigen machen! Wisst Ihr, es scheint mir fast, als hätte der Himmel Euch geschickt, damit wir gemeinsam diese Stadt auf den richtigen Weg zurückführen.«
»Exzellenz, Ihr sprecht mir aus dem Herzen.«
Der Diener kam zurück, um ihnen nachzuschenken. Dabei stieß er gegen den Fuß des Erzbischofs, der aufschrie und nach dem Jungen schlug. Doch der war schneller und rannte aus dem Zimmer. Mit schmerzverzerrtem Gesicht rückte der Erzbischof den Fuß wieder in die Mitte des Bänkchens. »Dieses leidige Podagra wird in den kalten Monaten wirklich zur Plage.«
»Lasst den Tölpel auspeitschen, dann wird er sich merken, dass er aufzupassen hat«, empfahl Sampieri, der seinen Burschen mit äußerster Strenge behandelte.
»Ach, an und für sich ist er ein guter Junge. Heute ist es so arg, dass ich den Fuß nur anzusehen brauche, und tausend Nadelstiche durchfahren ihn.«
Viele hohe Herren litten an Gicht, und Sampieri wusste, dass ausschweifendes Leben und Völlerei schuld daran waren. Aber das konnte er dem Erzbischof nicht vorhalten. »Ich werde für Euch beten, Exzellenz.«
»Danke, Monsignore, doch ich bin mir meiner Verfehlungen bewusst. Nun, Ihr habt den weiten Weg nach Embrun sicher nicht wegen meines Podagras auf Euch genommen.«
Sampieri räusperte sich. Unterschätzen sollte er den Erzbischof nicht. In dem plumpen Körper verbarg sich ein wachsamer Geist. »Ich habe Euch die Vollmacht Seiner Heiligkeit gezeigt, Exzellenz. Es ist meine Aufgabe, den Kampf gegen die Häresie auch hier in Frankreich zu führen.«
»Fürchtet Seine Heiligkeit, dass wir den Protestanten gegenüber zu nachsichtig sind? Dem ist nicht so, das kann ich Euch versichern. Auch wenn es manchmal schwer ist und wir allein gegen den Unglauben kämpfen müssen. Die Position Seiner Majestät ist leider ambivalent«, verteidigte sich der Erzbischof.
»Seine Heiligkeit weiß das, deshalb bin ich hier. Im Norden Italiens, im Piemont und in dieser Region haben sich über Generationen Ketzergemeinden eingenistet. Es ist unser Anliegen, diese unliebsame Seuche auszurotten oder zumindest so weit einzudämmen, dass sie zu einer unwichtigen Erscheinung wird.« Sampieri beugte sich vor und fuhr mit fanatischer Leidenschaft fort: »Wir sind das Werkzeug Gottes! Die Ketzer sind verirrte Seelen, die befreit werden müssen durch die Reinheit unserer Taten! Einige unter ihnen sind stärker besessen als die anderen. Solche werden zu Wortführern und müssen zuerst auf den rechten Weg zurückgeführt werden!«
Erzbischof Antoine de Lévis de Château-Morand betrachtete eingehend seinen Fuß, der in einem weichen Strumpf steckte. »Seid Ihr wegen des Gefangenen hier?«
»Nicht nur, obwohl er sicher meiner besonderen Aufmerksamkeit bedarf. Ist er schon peinlich befragt worden?«
»Noch nicht. Aber wenn Ihr darin versiert seid, überlasse ich Euch diese Aufgabe.«
»Sehr schön. Soweit ich informiert bin, handelt es sich bei dem Gefangenen um einen Vaudois. Ich arbeite eng mit Guy de Mallêt zusammen, dem Sekretär von Kardinal Tournon.« Sampieri zögerte.
»Ich entsinne mich, Mallêt einmal in Begleitung des Kardinals gesehen zu haben. Ein junger Mann mit großen Ambitionen, wie ich vermute.«
»Und mit Visionen. Mallêt und natürlich der Kardinal sind beide bestrebt, Frankreich den Katholiken zurückzugeben. Da der Vater des jungen Mallêt bei Hof verkehrt, ist auch der junge Guy oft im höfischen Umfeld zu finden, wo er auf einen Ketzer aufmerksam wurde, der unter dem Schutz von Meister Rosso Fiorentino sein Unwesen treibt.«
Der Erzbischof runzelte die Stirn. »Fiorentino ist doch ein Landsmann von Euch. Ich habe bisher nichts gehört, das ihn belasten könnte. Außerdem wacht der König persönlich über seine Künstler.«
»Mit diesem verhält es sich etwas anders. Armido Paserini ist sein Name, und er verkehrt mit Jules Dubray, einem bekannten Wortführer der Vaudois. Sein Vater …«
»Ja! Dubray, ein Prediger, der auf dem Scheiterhaufen endete.
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