Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Malerin von Fontainebleau

Die Malerin von Fontainebleau

Titel: Die Malerin von Fontainebleau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilken Constanze
Vom Netzwerk:
Arbeitsgürtel, an dem ein Lederbeutel mit kleineren Werkzeugen hing, und stellte sich lässig dem Neuankömmling entgegen.
    »Die Handwerker.« Jean de Mallêt sprach dies mit so viel Herablassung aus, dass es wie eine Beleidigung klang, und er erzielte die erwünschte Wirkung.
    Armido kochte innerlich vor Wut und sah Francesco an, dass es ihm genauso ging. Aber sich de Mallêt zu widersetzen wäre töricht, denn der Adlige war ein enger Vertrauter Diane de Poitiers’, der Geliebten von Thronfolger Henri. Wohl jeder anständige Mensch am Hof bedauerte täglich den Tod des Dauphins François vor einem Jahr. Im Gegensatz zum intellektuellen François war Henri ein einfältiger, intriganter Tunichtgut, der nichts außer seinem Vergnügen im Sinn hatte und sich in politischen Dingen ausschließlich
auf das Urteil seiner zwanzig Jahre älteren Geliebten verließ. Er war von dieser Frau geradezu besessen, und das verlieh Diane de Poitiers die Macht am Hof, die sie sich immer erträumt hatte.
    Ihr gegenüber standen Madame d’Étampes und ihre liberalen Freunde. Madame d’Étampes, eigentlich Anne de Pisseleu, war die langjährige Geliebte von König Franz I. und wegen ihrer Klugheit und ihres Charmes allseits beliebt. Diane und ihre konservativen und intriganten Anhänger waren Anne ein Dorn im Auge, besonders seit dem vor drei Jahren ausgebrochenen Religionskonflikt. Dieser Streit spaltete den Hof und Frankreich in zwei Lager, wobei die höchste Bildungsinstitution, die Sorbonne, auf Seiten der Kirche und der Inquisition stand. Und niemand, nicht einmal der König, konnte es sich erlauben, die Kirche zum Feind zu haben.
    All dies schoss Armido durch den Kopf, als er den verhassten Jean de Mallêt vor sich sah. Die Italiener am Hof hielten zusammen und hatten Armido bald über die verfeindeten Parteien aufgeklärt. »Kommt Ihr zum Schauen, oder beehrt Ihr uns mit Eurer Anwesenheit aus einem besonderen Grund?«
    Mallêt trug eine dunkelblaue Samtweste, Beinkleider derselben Farbe und ein smaragdgrünes Wams. Sein Dolch und der Degen waren mit Edelsteinen besetzt und funkelten im Sonnenlicht. Mit seinen vierzig Jahren war er eine stattliche Erscheinung und als Fechter gefürchtet. Er hatte scharf geschnittene Gesichtszüge und zog die Frauen in Bann, doch die kühlen grauen Augen standen im Gegensatz zu dem ständigen Lächeln, das er wie eine Maske vor sich hertrug. »Beides, mein Guter, beides. Scibec, Ihr solltet Euch um Eure Männer kümmern, dahinten liegt gutes Holz, das sie falsch zugeschnitten haben. Solche Verschwendung duldet Seine Majestät nicht.«

    Nicht nur, dass er Scibec seinen Titel nicht zugestand, er maßregelte ihn auch noch vor seinem Landsmann. Armido kannte Scibecs aufbrausendes Temperament und drückte ihm kameradschaftlich die Schulter. »Du wirst das schon ausbügeln. Vielleicht hat sich der verehrte Monsieur ja auch getäuscht. Na geh schon.«
    Einen derben italienischen Fluch murmelnd, ging Scibec davon.
    »Ich verstehe Eure Sprache leider nur zum Teil. Vielleicht war das in diesem Fall zum Wohle Eures Freundes«, lächelte Mallêt verschlagen.
    »Wie Ihr meint, Monsieur.« Armidos Französisch war gebrochen, aber er hatte in Rom oft Gelegenheit gehabt, die Sprache mit Künstlern und Kaufleuten zu üben.
    Mallêt lachte. »Ihr seid klüger als Euer Freund. Das gefällt mir, Paserini. Aber seid nicht zu klug, hört Ihr!« Er trat dicht an Armido heran, so dass dieser das Parfum des Franzosen riechen konnte. »Ich weiß von Euren Verbindungen zu Marot und seinen ketzerischen Gesellen!«
    »Marot wird bei Hof als Poet wieder geschätzt. Seine Majestät hat ihn gnädig aufgenommen und seine neuesten Verse gutgeheißen. Was könntet Ihr da gegen Marot haben?« Armido wusste nur zu gut, dass Clément Marots Verse von den Protestanten gefeiert worden waren und seine Rückkehr nach Paris ein Wagnis gewesen war. Marot war 1534 in die »Plakataffäre« verwickelt gewesen, Auslöser für das rigorose Vorgehen der Sorbonne gegen die Lutheraner, von denen viele auf dem Scheiterhaufen geendet hatten. Der Dichter hatte aus Paris fliehen müssen und Schutz bei Marguerite d’Angoulême, Königin von Navarra und Schwester von König Franz I., gefunden.
    »Das wisst Ihr ganz genau, verlasst Euch bloß nicht zu sehr auf Euren Künstlerstatus. Ihr seid kein Meister Rosso
und auch kein berühmter Dichter – vergesst das nicht! Ihr seid nur ein kleiner Stukkador, für den die Königin von Navarra keinen Finger

Weitere Kostenlose Bücher