Die Malerin von Fontainebleau
zu mir kommen!«, rief er mit
salbungsvoller Stimme und mit einem drohenden Blick auf Sampieri, der widerstrebend seinen Platz wieder einnahm.
Luisa erhob sich und ging über einen roten Teppich auf die Ehrentribüne zu. Vor dem Erzbischof kniete sie nieder und reichte ihm das Dokument, das er mit spitzen Fingern entgegennahm. Nachdem er das Siegel eingehend geprüft hatte, erbrach er es und entfaltete das königliche Schreiben.
Luisa verschränkte die Hände ineinander und betete stumm, dass der König auch Aleyd begnadigt hatte. Auf Freiheit für die anderen wagte sie nicht zu hoffen. Gebannt hing sie an den bischöflichen Lippen, die zuerst stumme Worte formten, bevor der Erzbischof mit einem Nicken das amtliche Schreiben dem Dominikaner reichte, der zuvor das Urteil verlesen hatte.
Laut sprach der Mönch: »Im Namen Seiner allerchristlichsten Majestät, des Herrschers über Frankreich und …« Es folgten alle Titel, die König Franz I. führte, »… wird befohlen, den durch ein kirchliches Gericht zu Unrecht verurteilten Armido Paserini sofort in die Freiheit und die Obhut seines Bruders Luca Paserini, des Überbringers dieses Schreibens, zu entlassen …«
Ein Aufschrei ertönte von der Ehrentribüne, und Monsignor Sampieri vergaß seine würdevolle Position als Vorsitzender des Inquisitionsgerichts. Wutentbrannt rannte er nach vorn und riss dem Mönch das Blatt aus den Händen. »Das ist unmöglich! Dieser Fetzen hier ist eine Fälschung! Nehmt den Betrüger fest! Ketzerbande alle miteinander!« Sampieri stand in seinem schwarzweißen Gewand da wie der Racheengel selbst. Sein Bursche kam ebenfalls nach vorn und wollte Luisa am Ärmel greifen, doch sie wehrte ihn ab und drehte sich zum Publikum um, das offensichtlich Gefallen an der Vorstellung fand, die Leute johlten jetzt, und einige schienen bereits Wetten abzuschließen, ob
es ihr gelingen würde, Armido vor dem Scheiterhaufen zu bewahren.
»Ich war selbst beim König in Villeneuve und habe mit ihm und Katharina de Medici gesprochen!«, rief sie. »Ich bin kein Betrüger! Der Connétable war dort und hat mich gesehen!«
Ein anerkennendes Raunen erklang. Der Connétable war nach dem König der mächtigste und am meisten gefürchtete Mann im Land. Auch wenn Sampieri davon nicht beeindruckt war, der Erzbischof kannte die Reichweite des Zorns der Mächtigen und gab dem Mönch ein Zeichen, der daraufhin zu Sampieri trat.
»Gebt mir das Schreiben, Monsignore. Der Erzbischof wünscht es!«
Luisa meinte, Sampieris Zähne knirschen zu hören, als er das Papier widerwillig aus den Händen gab. »Und die anderen, Euer Exzellenz?«, wagte Luisa zu fragen, die die Gunst der Stunde nutzen wollte. »Was ist mit Armidos Frau? Sie ist schwanger.«
Seine Exzellenz Antoine de Lévis de Château-Morand betrachtete das Siegel und die Unterschrift des Königs und wechselte einen Blick mit Sampieri, den Luisa nicht deuten konnte. Dann nickte er. »Auch die Kirche ist voller Gnade und Mitleid. Die Schwangere kann ebenfalls gehen. Qualifikator!«
Einer der Dominikaner stand auf und stieg die Tribüne hinunter.
»Ihr begleitet den Freigelassenen und diesen Mann hier in den Kerker. Dort können sie die Schwangere mitnehmen und müssen dann die Stadt sofort verlassen. Sie dürfen sich hier nie wieder sehen lassen. Und …« Der Erzbischof sah sie bedächtig an und senkte die Stimme, so dass nur sie, der Qualifikator und Sampieri seine Worte hören konnten. »Ich
lege Euch nahe, dieses Land zu verlassen. Ihr seid Ausländer. Die Straßen Frankreichs sind unsicher, und Seine Majestät kann Euch nicht in jeder dunklen Gasse beschützen. Habt Ihr mich verstanden?«
Sie schluckte. Die Drohung war eindeutig. Wenn die Kirche ihr Recht nicht offiziell auf dem Scheiterhaufen erhielt, konnte der Tod sie auch anderswo ereilen.
Der Erzbischof räusperte sich und sagte laut: »Ihr Bürger von Embrun. Wie es sich ergeben hat, hat Seine Majestät uns einmal mehr an seiner unendlichen Güte und Weisheit teilhaben lassen und einen Verurteilten begnadigt. Wir und die heilige römische Kirche können nur hoffen, dass sich der Auserwählte dieser Gnade als würdig erweist und sein zweites Leben zu Gottes Lob und Wohlgefallen nutzt.«
Während Luisa die Bühne erklommen und die Hinrichtung unterbrochen hatte, waren die Scheiterhaufen um die Pfähle aufgeschüttet worden, und aus der Menge wurden nun Steine nach den Verurteilten geworfen. Nur durch die Soldaten, die Gérard erfolglos
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