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Die Malerin von Fontainebleau

Die Malerin von Fontainebleau

Titel: Die Malerin von Fontainebleau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilken Constanze
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entgegen und korrespondieren mit den unteren Reliefs sowohl in der Form als auch im Inhalt.«
    »Ja, aber dieses komplizierte Konzept wird dem unbedarften Besucher, wenn ich das so sagen darf, entgehen«, wandte Pellegrino vorsichtig ein.
    »Das, mein lieber Pellegrino, ist Absicht, denn wie anders könnte der König als der universal gebildete Gelehrte auftreten und seinem Gast das Geheimnis seiner einzigartigen Galerie enthüllen? Franz wird als Einziger den Schlüssel zur Galerie besitzen und sie nur auserwählten Gästen öffnen. So ist es geplant. Und sein Ruf als der größte Förderer der Künste, als Gelehrter und intellektueller Monarch wird sich verbreiten und Karl in den Schatten stellen.« Rosso lächelte schmal. »Auch das ist beabsichtigt.«
    »Verzeiht mir, verehrter Rosso, aber es mangelt Seiner Majestät an Weitblick. Wie kann man so ein herrliches Kunstwerk in Auftrag geben, Dutzende von Schlössern renovieren oder neu erbauen lassen und gleichzeitig einen Pakt mit einem Teufel wie Suleiman schließen und den bigotten Hetzern der Sorbonne freie Hand lassen?«

    Erstaunt hörte Luisa Pellegrino zu, dem sie politisches Interesse nicht zugetraut hatte.
    Doch Rosso Fiorentino zuckte nur mit den Schultern. »Mein lieber Pellegrino, zum Glück bin ich nur ein Künstler. Ich sehe davon ab zu hinterfragen, woher Franz die Mittel für seine Kunstprojekte nimmt, denn ich bin kein Moralapostel. Dafür gibt es mutigere Männer, wie zum Beispiel unseren guten Marot oder Étienne Dolet. Übrigens habe ich gehört, dass Dolet den Maler Compaign in Lyon erstochen hat. Ob die Königin von Navarre ihm da heraushelfen kann …«
    »Wenn es jemand kann, dann sie!«, sprach Pellegrino im Brustton der Überzeugung. »Es ist ein Elend, dass sie nicht mehr am Hof ist und diese Schlange von Poitiers so an Einfluss gewonnen hat.« Plötzlich hielt Pellegrino inne und warf Luisa einen abschätzenden Blick zu.
    »Paserini, haltet Euch an die Kunst.« Rosso lachte, aber es fehlte seinem Lachen an Wärme.
    »Ich habe mein Leben einzig der Kunst gewidmet«, sagte sie schlicht.
    »Hört, hört!«, spottete Pellegrino. »Große Worte aus dem Mund eines kleinen Mannes. Wobei Ihr noch nicht einmal wie ein Mann ausseht! Kein Bart, zart wie ein Hühnchen …«
    »Lasst ihn in Ruhe, Francesco. Luca wird die Mosaikmalereien an der Danaë übernehmen. Er hat mehr Talent im kleinen Finger, als einige dieser flämischen Rüpel in ihrem ganzen Leben zustande bringen.«
    Luisa errötete und hoffte inständig, dass sie die Erwartungen des Meisters nicht enttäuschen werde. Aber sie ahnte auch, dass sie von nun an vor Pellegrino auf der Hut sein musste. Eifersüchtig würde er sie mit Argusaugen beobachten und jeden noch so kleinen Fehler von ihr sofort aufdecken. Ihr Mund war trocken, und ihre Augen brannten, weil sie kaum Schlaf gefunden hatte in dieser Nacht. Und
dann wanderten ihre Gedanken wieder zu ihrer größten Sorge: Wo steckte Armido?
     
    Armido ritt wie gehetzt durch den Wald. Zum ersten Mal in seinem Leben hatte er einen Menschen getötet. Das Gefühl, wie das Messer die Kleidung des Jägers durchstochen hatte, kratzend an den Rippen entlanggefahren war und das weiche Fleisch durchschnitten hatte, würde er nie vergessen. Es war so leicht gewesen, und das erschreckte Armido zutiefst. Vor Gott war er ein Sünder, und nur vor Gott musste er sich verantworten. Die Kirche würde ihm nach der Beichte Absolution erteilen, und er hätte sein Gewissen reingewaschen. Sein neuer Glaube erlaubte ihm das nicht, nun erschien es ihm richtiger denn je, dass er der Kirche den Rücken gekehrt hatte.
    »Verlogenes Papistengeschmeiß«, fluchte Armido und gab seinem Pferd die Sporen. Der Wald lichtete sich, und er erkannte den pilzförmig geformten Felsen, auf den Jules ihn hingewiesen hatte. Er bog rechts ab, folgte einem ausgetrockneten Bachlauf und kam bald darauf zu einer Weide, deren blattlose Zweige weit über dem Bachlauf hingen. Hier stieg Armido ab und führte sein Pferd die Böschung hinauf.
    »Bist du allein?« Es war die raue Stimme einer Frau.
    »Ja. Wo ist Jules?« Armido wandte den Kopf. Neben ihm stand Aleyd, die leuchtenden Haare unter einer Kapuze verborgen. Im Fackellicht war sie schön wie eine Amazone. Die hellen Augen musterten ihn ernst.
    »Mein Bruder und der barbe erwarten dich. Komm mit.« Sie führte ihn durch dicht stehende Nadelbäume zu einer Lichtung. »Der Feenteich.«
    Er band sein Pferd an einen Baumstamm und trat

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