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Die Malerin von Fontainebleau

Die Malerin von Fontainebleau

Titel: Die Malerin von Fontainebleau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilken Constanze
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die Bäder des Schlosses geworfen. Die kleinen dunklen Räume hatten sie enttäuscht. Es verwunderte sie, dass sie als Rarität in Frankreich galten, in ihren Augen konnten sie sich nicht mit den großartigen Thermen Italiens messen.
    Die sieben Baderäume mit Fenstern, die auf den nördlichen Garten blickten, lagen parallel zu den Küchen. Bevor sie die nur angelehnte Tür zum ersten Bad aufdrückte, horchte sie eine Weile. Als alles still blieb, trat sie ein und wurde von einer Welle feuchtwarmer Luft getroffen. Ihre Kerze flackerte, und Wachs tropfte auf ihre Hand. »Au!« Fast
hätte sie den Leuchter fallen lassen. Das unruhige Licht zeigte ihr das Heißbad, in dem sich Wassergefäße, Bestecke zum Hautreinigen und ein Ofen befanden. Die Tür zum nächsten Raum stand offen, und die Wärme nahm zu. Eine Wanne stand an der Wand, und von der gewölbten Decke tropfte Schwitzwasser. Der dritte Raum war größer und beinhaltete das viereckige Wasserbecken.
    Ihre Hand lag schon am Türriegel, als sie erstarrte. Stimmengemurmel erklang aus dem Innern, und Wasser plätscherte. Sie blies die Kerze aus und überlegte, wie sie unbemerkt einen Blick in das Bad werfen konnte. Luisa tastete sich zum Fenster, das sich leicht öffnen ließ, und kletterte nach draußen. Nach der feuchten Wärme erschien ihr die frostige Dezembernacht doppelt kalt. Zitternd drückte sie sich an der Mauer entlang und schob den Kopf über das Fenstersims des Baderaums. Die unterschiedlich dicken Glasscheiben erschwerten die Sicht, ließen aber erkennen, dass mehrere Kerzen den Raum in flackerndes Licht hüllten und dass sich ein Mann im Becken befand und eine Frau auf der Holztreppe saß, die ins Wasser führte. Ihre langen offenen Haare verdeckten ihr Gesicht, und Luisa konnte nur die Umrisse eines schlanken nackten Frauenkörpers erkennen. Der Mann stand bis zur Brust im Wasser, und das Licht erhellte das unverkennbar arrogante Profil Jean de Mallêts. Gedämpft drangen Gesprächsfetzen zu Luisa.
    »… und wenn Seine Majestät die Gefahr nicht sehen will, ich sehe sie!«, sagte Mallêt. »Und ich handle danach, genau wie mein Sohn!«
    »Aber es werden immer mehr! Die Lutheraner rotten sich in so vielen deutschen und schweizerischen Städten zusammen, dass man sie bald nicht mehr bändigen kann!«, erwiderte die Frau.
    »Deshalb muss diese Teufelsbrut im Keim erstickt werden,
wo immer man auf sie trifft. Vor allem ihre Rädelsführer müssen ausgerottet werden. Sie sind schlau, besuchen katholische Gottesdienste und praktizieren ihre ketzerischen Riten nur im Geheimen, aber ich finde sie!« Mallêt schlug mit der Faust ins Wasser, dass es spritzte und die Frau den Kopf wandte.
    »Aber nicht alle sind schlecht …«
    Mallêt war mit zwei Schritten bei der Frau und zog sie ins Wasser. »Nein? Was soll das heißen? Hat der Ketzer …«
    Der Rest ging in spritzendem Wasser und einer Umarmung unter, mit der die Frau Mallêt zum Schweigen brachte. Luisa hatte genug gesehen, und sie zitterte vor Kälte. Im Schatten der Mauer lief sie zum westlichen Ende des Galerietrakts. Aus der Mathuriner-Abtei drang monotones Gemurmel, hier und da blinkte ein Licht durch das Gemäuer. Es musste kurz vor der Frühmesse sein. Vielleicht war ihr Bruder inzwischen zurückgekehrt. Sie stieg die Treppen zur Galerie hinauf und fand die Tür verschlossen.
    Notgedrungen lief sie denselben Weg zurück und betete, dass Mallêt und seine Gespielin noch beschäftigt waren. Bemüht, kein Geräusch zu machen, kletterte sie durch das Fenster und vergaß, dass sie den Leuchter auf dem Sims abgestellt hatte. Klirrend ging der Bronzeleuchter zu Boden. »O Gott!«
    In blinder Panik rannte Luisa nun aus den Schwitzkammern, durch die Küche, ohne darauf zu achten, dass sie eine Flasche umwarf und damit die Schlafenden aufweckte, schaffte es durch die Tür in den ersten Stock und hinauf ins Treppenhaus. Rufe ertönten hinter ihr. Sie rannte den langen Flur entlang, bog um die Ecke und wähnte sich schon fast in der Sicherheit ihres Zimmers, als sie gegen die Brust eines hochgewachsenen Mannes prallte, der sie mit festem Griff packte und damit vor dem Fallen bewahrte. Der Duft von Sandelholz ließ sie erstarren.

    »Meister Rosso!«
    Rosso ließ sie los und musterte sie amüsiert. »Und ich dachte, ich wäre der Einzige, der sich schon frühmorgens um seine Arbeit kümmert, oder was treibt Ihr hier?«
    Plötzlich ertönten Schritte, und ein Knecht kam mit einer Laterne um die Ecke. »Heda!

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