Die Malerin von Fontainebleau
Bewegungen. Als Luisa nichts erwiderte, setzte Scibec nach: »Oder sind es gar nicht die Weiber, die dich interessieren? Wundern tät’s mich nicht. So ein hübsches Knäblein.« Er senkte die Stimme. »Pellegrino ist schon richtig eifersüchtig auf dich. Sieh dich vor …« Wie über einen gelungenen Scherz lachte Scibec in sich hinein.
»Hmm …«, war alles, was Luisa herausbrachte, zu verlegen machten sie Scibecs Andeutungen, und zu besorgt war sie um Armido. Wenn es nur eine Frau wäre. Sie wusste es besser, und auch wenn er ihr nichts sagte und alles herunterspielte, war sie davon überzeugt, dass Armido sich in große Gefahr begab. Sie hatte ihn gebeten, ihr zu sagen, wohin er ging, damit sie ihm im Notfall helfen könne, doch das hatte er strikt abgelehnt. Er wolle sie nicht mit in Schwierigkeiten bringen. Luisa stieß hörbar die Luft aus. Als ob er das nicht ohnehin tat! Sie hatte ihn auf die Resolution von Chanforan angesprochen und keine Erklärung bekommen. Wurde jemand der Ketzerei verdächtigt, standen immer die gesamte Familie und auch die Freunde unter Verdacht. Nun, immerhin waren sie in Frankreich, wo die heilige Inquisition von Franz nicht unterstützt wurde.
Die Palasttore waren weit geöffnet, um den Tross aus
Höflingen, Künstlern und Wagen mit Möbeln und Geschirr hereinzulassen. Obwohl der König sich im Louvre öfter aufhielt als in seinen übrigen Schlössern, wurden auch hier seine Gemächer stets aufs Neue mit den persönlichen Möbeln Seiner Majestät ausgestattet. Der Regen hatte endlich aufgehört, und Luisa hatte Gelegenheit, sich den quadratischen Innenhof der königlichen Residenz genauer anzusehen.
Gerüste an den Fassaden sowie Haufen von Bauholz und Steinen wiesen darauf hin, dass an zwei Flügeln gebaut wurde. Im Moment schienen die Arbeiten zu ruhen, was auf den bevorstehenden Maskenball zurückzuführen sein mochte. Die Anlage wirkte, als wäre sie noch lange nicht fertiggestellt. Allein die Stallungen deuteten auf ungeheure Dimensionen hin. Herbeigeeilte Knechte halfen beim Absitzen und Entladen der Wagen. Luisa streckte sich und legte die Hände ins schmerzende Kreuz. Sie ritt zu selten, als dass sie sich wirklich daran gewöhnt hätte. Während sie den nassen Hut abnahm und ausschüttelte, ertönten laute Rufe und das Klappern zahlreicher Pferdehufe. Ehe sie wusste, wie ihr geschah, wurde sie von ihrem scheuenden Pferd zur Seite gedrückt und stürzte auf das nasse Pflaster.
Verärgert rappelte sie sich auf und suchte nach dem Grund des Aufruhrs. Eine herrschaftliche Karosse mit sechs prachtvollen Pferden stand im Hof. Eifrige Lakaien sprangen um das Gefährt herum, als handele es sich um den König persönlich. Doch der war bereits hier und probierte Kostüme an, wie Luisa von Meister Rosso wusste. Gespannt wartete sie darauf, wer dem mit einem Wappen beschlagenen Gefährt entsteigen mochte.
Da trat Léonard Thiry hinzu und sagte dicht an ihrem Ohr: »Das, kleiner Paserini, ist einer der mächtigsten Männer des Königreichs. Einer, vor dessen Macht selbst unser Franz demütig wird.«
Fasziniert starrte Luisa auf die Trittstufen, die man an die Wagentür gelehnt hatte, und sah einen großen Mann in schwarzrotem Mantel aussteigen. Der rote, charakteristisch gefaltete Hut saß über einem herrischen Gesicht. Scharfe Falten rechts und links der dominanten Nase und kühl abwägende Augen zeugten von einem Mann, der sich seiner Position bewusst war. Der sorgfältig gestutzte graue Bart sollte seinem Träger Würde verleihen, doch Luisa fröstelte. Sie ahnte, dass dieser Mann zu mörderischem Hass fähig war. Da flüsterte ihr Thiry ins Ohr: »Kardinal Tournon. Er hat den Vertrag von Madrid unterzeichnet, der Seiner Majestät nach der Gefangenschaft in Madrid die Freiheit gebracht hat. Auch an der Befreiung von Franz’ Kindern war Tournon maßgeblich beteiligt, außerdem hat er die Ehe mit Kaiser Karls Schwester, Eleonore von Österreich, eingefädelt.«
Luisa wollte von Thiry und seinem alkoholschweren Atem wegrücken, doch der flandrische Maler hielt sie am Ärmel fest. »Tournon ist nach Rom gegangen, um die Gefahr der Exkommunikation von Franz’ Haupt abzuwenden, und als die kaiserlichen Truppen letztes Jahr in die Provence eingefallen sind, hat der König ihn zum Generalleutnant an Montmorencys Seite gemacht. Tournon war dabei nicht nur als Stratege erfolgreich, sondern hat auch für die Bezahlung der Truppen gesorgt. Er wurde zum Abt von Tournon und Saint
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