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Die Malerin von Fontainebleau

Die Malerin von Fontainebleau

Titel: Die Malerin von Fontainebleau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilken Constanze
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einem Lächeln. Ihr Magen knurrte.
    »Auf dem Weg zu den Festsälen gehen wir in der Küche vorbei. Das wird dich für einiges entschädigen.« Scibec wartete, bis Luisa sich Wasser ins Gesicht gespritzt und die Hände gewaschen hatte. Anschließend führte er sie durch die weitläufige Anlage.
    In den dunklen Ecken quietschte und scharrte es. Geschäftig eilten die Kammerdiener mit Wäsche und Eimern voller Kammerlauge an ihnen vorbei.
    »Oh, wie das hier stinkt!« Luisa rümpfte angeekelt die Nase. »Hier ist es noch schlimmer als in Fon tainebleau.«
    »Ganz Paris ist ein rottender Pfuhl. Ratten und Getier überall, und mit Getier meine ich auch solches …« Scibec nickte bedeutungsvoll zur Seite. Sie durchquerten die Zimmerfluchten des ersten Stocks, in dem die Räume nur durch Türen getrennt aufeinander folgten. Wollte man zum anderen Ende des Traktes, musste man notgedrungen alle Räume durchlaufen.
    In diesem mit einem Baldachinbett und einem prächtigen Gobelin ausgestatteten Gemach waren zwei Diener dabei, die roten Festtagsgewänder ihres Herrn auszupacken. »Der Kardinal …«, sagte Luisa leise und beschleunigte unwillkürlich ihren Schritt. »Du kannst ihn auch nicht leiden, Francesco, nicht wahr?«

    »Pfaffen sind mir schon immer zuwider. Sie nutzen die Unwissenheit des Pöbels und bereichern sich an den Bauern. Überleg mal, was es für einen armen Bauern bedeutet, wenn er noch einen Zehnten abgeben muss, wo sein Herr ihm kaum genug zum Leben lässt. Hier entlang!« Er öffnete eine schmale Tür in der hölzernen Wandverkleidung, die Luisa nicht aufgefallen wäre.
    »Pass auf die Stufen auf, sie sind unregelmäßig.« Scibec ging in der Dunkelheit vorweg. »Und ich kann dir auch sagen, worauf meine schlechte Meinung vom Kirchenvolk gründet«, nahm er das Gespräch wieder auf. »Meine ganze Familie stammt vom Land, und bevor mein Vater als Tischler in der Stadt Arbeit gefunden hat, waren wir arm wie die Kirchenmäuse und hatten im Winter außer altem Brot und Bohnen oft genug nichts zu essen. Von zehn Kindern, die meine Tante geboren hat, sind nur zwei am Leben geblieben. Was ist mit euch? Eure Familie hat keinen ins Kloster geschickt, soweit ich weiß?«
    Es galt bei den meisten Familien als ehrenvoll, wenigstens einen Sohn ein geistliches Amt erlernen zu lassen. Luisa tastete sich an der rauen Wand entlang. »Alle wurden in der Werkstatt gebraucht, weil meine Eltern früh gestorben sind. Mein Bruder …« Weiter kam sie nicht, weil von unten Licht heraufschien.
    »Wer ist da oben? Macht Platz! Ich bringe die Abendmahlzeit für Seine Exzellenz!« Die hochmütige Stimme kündigte einen älteren Kammerdiener mit grauem Zopf und einem mit Schüsseln und Kerzenleuchter beladenen Tablett an.
    Luisa und Scibec drückten sich an die Wand und ließen den Mann passieren, der sie keines Blickes würdigte. Der Duft von Gebratenem hing in der Luft und kündigte die nahe Küche an.
    Am Ende des schmalen Treppenhauses stieß Scibec eine
Tür auf, die sie in ein Gewölbe entließ, von dem aus mehrere Gänge abzweigten. Einer war erleuchtet und brachte sie direkt in eine der großen Küchen des Louvre. Fontainebleau war Luisa bereits riesig erschienen, doch was sich ihr hier bot, war außerordentlich. An vier Feuerstellen wurde gekocht und gebraten, an den Wänden reihten sich auf Regalen Körbe mit Früchten, Gemüse, Gewürztöpfchen und Krüge mit exotischen Essenzen. Dutzende von Mägden, Köchen und Küchenjungen waren dabei, das Festmahl für den Ball am heutigen Abend vorzubereiten. Auf langen Tischen stapelten sich Brotlaibe, Weinkrüge, riesige Teller und Tabletts für die Braten, Schüsseln mit gekochten Möhren, grünen Bohnen, Pasteten, Kuchen und anderen Näschereien. Und es wurde immer noch mehr zubereitet.
    Luisa blieb angesichts dieser Vielfalt der Mund offen stehen. »Wer soll das alles essen?«
    »Der König und seine Gäste. Los jetzt, nimm dir was, und dann müssen wir zum Meister«, drängte Scibec. »Hast du überhaupt schon ein Kostüm für heute Nacht?«
    »Ich?«, fragte Luisa überrascht und biss in ein Stück Pastete, die köstlich nach Wild und Beeren schmeckte.
    »Natürlich. Wir helfen zwar, die Kostüme zu fertigen, aber wir sind auch als Gäste geladen. Der König ist uns Künstlern gegenüber sehr großzügig.«
    Während sie die Geschmackssensation von Früchten, Fleisch und Gewürzen auf der Zunge zergehen ließ, kam ihr eine Idee. Lächelnd aß sie die Pastete auf und war voller

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