Die Malerin von Fontainebleau
hielt.
»Jules ist fort. Er hätte mich nicht gehen lassen, aber Robert ist nicht mein Vater.«
»Du wohnst bei Robert Estienne?«
»Dort sind wir immer, wenn wir uns länger in Paris aufhalten
müssen. Sie haben Thibault nicht eingesperrt. Robert hat für ihn gesprochen, und sie hatten keine Beweise gegen ihn, die vor einem Gericht standgehalten hätten. Armido, deine Arme!« Erst jetzt hatte sie die Verbände wahrgenommen, die unter seinem Überrock hervorschauten.
»Ach, das ist nichts.« Er drehte sie zu sich herum und küsste sie innig.
Nach einer kleinen Ewigkeit hob Aleyd den Kopf. »Sie hat ein Mahl für uns bereiten lassen. Schau.«
Armido blickte auf einen gedeckten Tisch, auf dem Silbergeschirr und verschiedene Köstlichkeiten warteten. »Du solltest essen, Aleyd.« Sie war dünner als bei ihrer letzten Begegnung. Ihr Gesicht wirkte spitz.
Gemeinsam machten sie sich über Saiblingpastete, eine kräftige Hühnersuppe und Eiertorte mit Quittenmus her. Der unverdünnte Rotwein rundete das Menu ab.
»Wenn ich nicht in dich verliebt wäre, dann wäre es Anne de Pisseleu. Sie versteht es zu leben«, bemerkte Armido und rieb sich den Bauch.
Aleyds Wangen hatten an Farbe gewonnen. »Und ich würde mich für den Marquis entscheiden, ein ganz reizender Mann.«
»Ach, inwiefern?«
»Er ist sehr höflich, sehr charmant, sehr …«, bevor sie ihn jedoch mit weiteren Komplimenten über einen anderen necken konnte, hatte Armido sie zu sich auf den Schoss gezogen und verschloss ihren Mund mit einem Kuss.
»Bleib hier, Aleyd. Geh nicht wieder fort. Wir lassen uns von einem barbe trauen. Irgendeiner wird doch in Paris sein.« Ihre Nähe machte ihn schier wahnsinnig, und er wollte sie endlich ganz spüren.
Aleyds Haube hatte sich gelöst und ihre rotblonden Locken freigegeben. »Du bist noch keiner von uns.«
»Doch, das bin ich. Es ist nur eine Formalität, Aleyd, und das weißt du. Ich liebe dich!« Schon morgen konnte alles anders sein, und er wollte nicht sterben, ohne sie geliebt zu haben. Er stand auf und hob Aleyd auf seine Arme.
»Was tust du?« »Was denkst du?«, murmelte er mit rauer Stimme und trug sie hinüber in sein Schlafgemach.
Dort ließ er sie auf sein Bett gleiten und legte sich neben sie. »Ich weiß nicht, welches Schicksal die Sterne für uns bestimmt haben, aber ich will nicht vor unseren Schöpfer treten, ohne die Frau geliebt zu haben, der mein Herz gehört.«
»Armido«, wisperte sie und zog ihn zu sich.
XVI
Saint-Flour am Lander
Februar 1538
H erzog Anne de Montmorency zügelte sein Pferd und ließ es den Kopf senken, um Wasser zu saufen. Sie waren den ganzen Tag über scharf geritten, um rechtzeitig in Moulins einzutreffen, wo der König sie in acht Tagen erwartete. Der Wind wehte kalt durch das Flusstal und ließ die karge Landschaft der Auvergne noch feindseliger wirken. Nur Berge, unfruchtbares Land, Wildnis. Montmorency spuckte aus. Moulins war die Hauptstadt seines Intimfeinds Bourbon gewesen, einst der zweitmächtigste Mann in Frankreich. Nun hatte er alles verloren, seine Güter, seine Titel, seine Ehre. Das Tragischste an der ganzen Geschichte war, dass Bourbon ein Ehrenmann gewesen war, durch und durch.
Montmorency streckte den Rücken und rieb sich die kalten Oberschenkel. Während des Rittes hatten sich Eiskristalle in seinem Bart gebildet. Auf den Felsvorsprüngen lag Schnee, und der Uferweg war vereist. Er war ein Stück allein vorausgeritten, um seine Gedanken zu sammeln. Hin und wieder brauchte er Abstand von den Soldaten, den rohen lauten Burschen, die ihm seine Siege ermöglichten, die jedoch Mittel zum Zweck blieben und ihm nie dieselbe Achtung und den Respekt entgegenbringen würden, wie sie ihn dem vor Rom gefallenen Bourbon gezollt hatten. Montmorencys Mund wurde zu einem schmalen Strich. Vor ihm erhob sich das Basaltplateau, dessen Wände steil über dem
Fluss abfielen. Dunkel duckten sich die Häuser von Saint-Flour gegen den Wind. Er konnte die Kathedrale des heiligen Florus erkennen. Saint-Flour war Bischofssitz, eine gottverlassene Stadt in der Wildnis.
Vom Mittelmeer hier herauf war es ein langer Weg gewesen. In Leucate hatte er an der Seite des Kardinals von Lothringen mit den Kaiserlichen, vertreten durch Francisco de los Lobos und Nicolas Perrenot, Herr von Granvelle, verhandelt. Das Ergebnis war nicht zufriedenstellend ausgefallen, denn über eine Verlängerung des Waffenstillstands um drei Monate waren sie nicht
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