Die Malerin von Fontainebleau
immer an der Ausschmückung der königlichen Gemächer arbeitete, würde sich die Hände reiben, erführe er Luisas wahre Identität.
Nach ihrer Rückkehr aus Paris hatten sie mit den Fresken in der östlichen Hälfte der Galerie begonnen. Im Moment stand Rosso auf einem Gerüst und fuhr mit einem Pinselstiel die Konturen des Kartons mit seiner Vorzeichnung nach, wodurch sie sich in die weiche Mörtelschicht eingrub. Die eingegrabene Zeichnung stand danach schwach reliefartig auf der Mauer. Luisa hockte auf der ersten Stufe des Gerüsts und beobachtete genau, wie Rosso vorging. Wenn sie das ihr übertragene Fresko zu seiner Zufriedenheit ausführen wollte, musste sie seine Arbeitsweise übernehmen. Das Fresko befand sich an der Südwand neben dem Kabinett der Danaë und sollte Kleobis und Biton darstellen.
Armido und eine Gruppe römischer Stukkadore waren mit dem Gießen und Herstellen der Formen für Putten, Früchte und zwei männliche Figuren beschäftigt, die das gegenüberliegende Fresko L’Incendie de Catane , Die Zwillinge von Catania , einfassen sollten. Die Wunden an Armidos Armen und Beinen waren verheilt, aber die Folter schien tiefe Spuren auf seiner Seele hinterlassen zu haben, denn er war in sich gekehrt und schweigsam geworden.
Die Sonne warf mildes Licht durch die kleinen Fensterscheiben und die teilweise offen stehenden Läden. Sobald das Tageslicht verschwunden war, ließ Rosso den Pinsel sinken. »Künstliches Licht verfälscht die Farben«, pflegte er zu sagen. Luisa zog das Wams enger, denn ein kalter Wind wehte durch die Galerie. Die Männer waren an die Kälte gewöhnt und arbeiteten unverdrossen weiter. Sie alle verstanden ihr Handwerk, und obwohl Luisa oft zugesehen und auch mitgeholfen hatte, wenn Fresken vorbereitet wurden, beeindruckte sie die Professionalität von Rossos Mitarbeitern.
Das Auftragen der verschiedenen Mörtelschichten war eine Kunst, die sie meisterlich beherrschten.
Matteo, ein junger Florentiner, stand neben ihr auf dem Gerüst und säuberte sein Glättbrett. Neben ihm lagen Richtlatte, Spitzhammer, Besen, Sieb, Senkblei, Hacke und eine Kelle, allesamt für das Mörtelauftragen benötigte Instrumente, die er sorgfältig pflegte, denn am nächsten Tag wurden sie für das nächste Stück gebraucht.
»Erklär mir genau, wie du den Putz aufträgst, Matteo. Die Oberfläche ist perfekt. So habe ich das noch nicht gesehen!«
Matteo lächelte geschmeichelt. Er war klein, kräftig und hatte ein hübsches Gesicht. Sein Hemd war voller Gips, der auch in seinen Haaren klebte. »Das Schwierigste war die Mauer.« Er klopfte mit der Hand dagegen. »Der ganze Untergrund ist nass, teilweise sumpfig. Wir haben also zuerst die Mauer trockengelegt und feuchte Steine und solche mit Ausblühungen entfernt. Meister Rosso hält nichts vom Abbürsten mit Salzsäure.«
Rosso, der dem Gespräch von oben lauschte, klinkte sich ein: »Richtig, davon halte ich überhaupt nichts. Die Steine müssen ausgetauscht werden. Oft genug habe ich erlebt, wie ein fertiges Fresko von innen heraus zerfressen wird, weil schwefelsaurer Kalk weiterwächst, durch die Farbschicht hindurch! Eine Katastrophe!« Er sprach, ohne seine Arbeit zu unterbrechen. Konzentriert zog er Detail für Detail nach. Gerade war es ein Säulenkapitell.
»Also, wir nehmen diese Vorarbeiten sehr genau, denn die Schichten werden ja nass in nass aufgetragen. Und das Wasser muss von der Mauer durch alle nassen Schichten ungehindert zur Oberfläche dringen können, weil es erst da den Kalksinter absetzt, der die Farben bindet. Aber was erzähle ich. Das weißt du sicher alles.«
»Nein, bitte. Ich will eure Methode hören.«
»Für den ersten Spritzwurf mischen wir drei Teile groben, scharfen Sand mit einem Teil Kalkbrei. Dieser Wurf ist etwas flüssiger als die nächsten und wird einen Finger dick aufgetragen. Das ist Männerarbeit, nichts für zarte Burschen wie dich.« Matteo lachte und zeigte stolz seine muskulösen Oberarme.
Man brauchte tatsächlich Kraft, wenn man den Mörtel so gegen die Wand werfen wollte, dass keine Luftblasen entstanden. Sie hatte es einmal in Siena versucht und war kläglich gescheitert.
»Dann tragen wir zwei weitere Schichten auf, deren Oberfläche rau bleiben muss. Für den Feinputz, meine Spezialität, nehmen wir ein Teil Marmormehl und ein Teil Kalk.«
Rosso rief von oben: »Das kann Luca morgen übernehmen. Zeig ihm, wie du es machst. Erst wenn man selbst das Gefühl für den Untergrund hat,
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