Die Malerin von Fontainebleau
kann man sicher darauf malen. Und erklär auch die von mir bevorzugten Farben.«
»Jetzt gleich?«, fragte Matteo.
»Ja! Hast du sonst noch etwas vor?«
»Nein, Meister.« Matteo packte seine Werkzeuge in einen Eimer und stieg die Leiter hinab.
Als Luisa ihm folgen wollte, winkte Rosso sie zu sich. Flink kletterte sie die Leiter zur zweiten Etage hinauf. Zahlreiche Schälchen und Becher mit Farben und Flüssigkeiten standen auf den Planken. Ein in ein Tuch gewickeltes Bündel Pinsel lag neben einer Palette und verschiedenen Spateln. Die Brüstung schützte sie weitgehend vor Blicken, doch Rosso ging kein Risiko ein. Niemand hätte aus seinem Verhalten schließen können, was zwischen ihnen geschehen war. Eine Nacht, dachte Luisa wieder einmal, und es schien so, als hätte sie ihm nichts bedeutet. Doch das war Rosso gegenüber ungerecht. Hatte er ihr nicht wie selbstverständlich bei der Rettung Armidos geholfen? Zudem hatte er sie gewarnt, sich nicht zu
sehr auf ihn einzulassen, und natürlich hatte er damit recht. Ihre Gedanken sprachen von eigensüchtiger Unreife. Kaum hatte sie sich selbst zurechtgewiesen, kitzelte Rosso mit der Pinselspitze ihre Nase und sagte leise: »Ich habe Pellegrino mit einem Auftrag nach Paris geschickt. Willst du mir die Ehre erweisen und heute Abend mein Gast sein?«
Sie nickte, und ihr Herz schlug schneller. »Ich hatte befürchtet …«
»Dass ich den Maskenball vergessen habe? Kleine Nymphe. Wie könnte ich. Aber ich habe dich gewarnt. Keine Versprechungen. Wir müssen äußerst diskret sein. Ihr habt selbst erlebt, wie gefährlich der Hof ist.« Seine dunklen Augen ruhten auf ihr und versprachen mehr als seine vorsichtigen Worte.
»Ja«, sagte sie.
Von unten war Armidos Stimme zu vernehmen. Er stand mit vor der Brust verschränkten Armen neben einem Stuckateur und diskutierte über die vor ihnen stehende Figur.
Rosso, der Armido ebenfalls bemerkt hatte, sagte: »Dein Bruder ist verändert. Geht es ihm gut?«
Luisa seufzte. »Wenn ich das wüsste. Seine Wunden sind verheilt, aber er vertraut sich mir nicht an.«
Rosso nahm ihre Hand und drückte sie sanft. »Gib ihm Zeit. Solange er vernünftig ist und sich von den Protestanten fernhält, hat er nichts zu befürchten. Wenn er sich allerdings weiter mit ihnen einlässt, können weder ich noch Madame d’Étampes ihn länger beschützen. Die Großmut des Königs hat gerade in dieser Hinsicht Grenzen.«
Ängstlich beobachtete sie ihren Bruder.
»Was ist jetzt, Luca?«, rief Matteo von unten.
»Wir sprechen später über alles. Du kommst doch?«, flüsterte Rosso.
Sie lächelte und kletterte rasch die Leiter hinunter. Matteo
schwenkte ungeduldig seine Kelle und klopfte auf den Rand eines Eimers. »Hier wird gemischt. Ich werde morgen mit dir zusammen grundieren. Also, den Feinputz trage ich mit einem Hobel auf.« Er zeigte auf das hölzerne Werkzeug. »Holunderholz, beste Qualität. Wichtig ist, dass der Feinputz nicht zu lange geglättet wird, dann bindet er die Farbe nicht genügend.«
»Wie lange kann man auf dem vorbereiteten Grund malen?«
»Fünf bis sechs Stunden. Meister Rosso ist schnell mit dem Vorzeichnen. Sieh nur, jetzt nimmt er schon die Farben zur Hand.«
Luisa trat einen Schritt zurück, um besser nach oben auf das Gerüst sehen zu können, und tatsächlich hatte Rosso den Karton beiseite gelegt und hielt eine Schale und einen Pinsel in den Händen. Sicher setzte er Pinselstrich neben Pinselstrich, und eine Säule nahm Gestalt an.
»Wenn Meister Rosso an den Fresken arbeitet, gehe ich schon vor Sonnenaufgang in die Galerie und beginne mit dem Putzauftragen. Kommt er, habe ich den Feinputz meist fertig. Er prüft das gern selbst, indem er ihn mit dem Finger leicht eindrückt. Erst wenn er zufrieden ist, beginnt er mit dem Malen. Vorn, beim Kampf der Zentauren, musste ich alles wieder runterklopfen, weil er eine Stelle entdeckt hatte, die durchgetrocknet war.« Matteo fuhr sich durch seine dicken Haare, dass der Gips herausbröckelte. »An solchen Stellen bildet sich Kalksinterhaut und verhindert die Durchlässigkeit, und dann kann das Putzstück später platzen.« Er grinste. »Dachte mir, ich komm drum herum, und wenn der Putz erst in Jahren abplatzt, bin ich sowieso nicht mehr hier, aber ihm entgeht nichts.«
Luisa erinnerte sich daran, was Armido von Michelangelo erzählt hatte, der in Rom die Sixtinische Kapelle ausmalte.
Meister Michelangelo Buonarroti hatte zwar Gehilfen, machte aber am liebsten
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