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Die Maori-Prinzessin

Die Maori-Prinzessin

Titel: Die Maori-Prinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Walden
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Friedhof und dachte, Daniel sei schon bei euch«, erwiderte Eva hastig, doch an Lucies prüfendem Blick erkannte sie, dass sie ihr das nicht abnahm.
    »Habt ihr euch gestritten?«, flüsterte sie.
    Eva nickte.
    »Komm, wir gehen einen Augenblick nach draußen vor die Tür. Du siehst aus, als würdest du gleich umkippen.«
    Eva behielt ihren Mantel an und folgte Lucie vor die Tür des Hotels. Mit einem flüchtigen Blick musterte sie die neu errichtete Fassade, die man ebenfalls im Art-déco-Stil wiederaufgebaut hatte.
    »Was ist geschehen?«
    »Ich habe ein paar hässliche Dinge zu Daniel gesagt.«
    »Ach, Evakind, das wird er dir verzeihen, denn er liebt dich über alles.«
    »Vielleicht, aber wenn nicht, ist es mir auch egal!«, stieß sie trotzig hervor. »Ich weiß selbst nicht mehr, ob ich ihn jemals so lieben kann, wie ich Adrian geliebt habe.«
    »Wenn ihr erst einmal in Wellington lebt und eine eigene Familie habt, dann wird die Erinnerung an Adrian verblassen.«
    »Das will ich gar nicht. Ich möchte intensiv an ihn denken, solange ich lebe. Und keinen Augenblick je vergessen«, widersprach Eva heftig.
    Lucie seufzte. »Vergessen sollst du ihn auch gar nicht, aber eines Tages wird es anders sein. Glaube mir, dann wird der Verlust nicht mehr so schmerzen. »
    »Danke, dass du es mir leichter machen möchtest, ich glaube allerdings, du kannst dir das nicht vorstellen, wie es ist, wenn man von einem Tag auf den anderen das Liebste verliert …«
    »Und ob ich das weiß!«, entfuhr es Lucie empört, und sie wurde rot.
    Eva horchte auf. »Du solltest mir unbedingt deine Geschichte weitererzählen.«
    »Darum wollte ich dich gerade bitten. Kannst du dir vorstellen, dass ich dir einiges diktiere, solange ihr noch in Napier seid, und den Rest, wenn ich dich in Wellington besuche?«
    »Natürlich, ich habe ja bis zur Abreise noch viel Zeit. Ich kann ja nicht mehr ins Büro. Und Daniel muss noch dieses Geschäftshaus für Williams zu Ende bringen. Der Besitzer, Mister Ford, hat sich geweigert, einen anderen Architekten ranzulassen.«
    »Wirst du es auch tun, wenn es für Berenice ist?«
    Evas Gesichtszüge entgleisten. »Für Berenice? Deine Erinnerungen? Nach allem, was sie dir angetan hat?«
    »Sie soll es erst nach meinem Tod bekommen. An dem Tag, an dem mein Testament eröffnet wird.«
    »Denk bitte so etwas nicht!«, empörte sich Eva. »Und warum tust du das überhaupt?«
    »Weil sie ein Recht hat, zu erfahren, woher sie kommt. Dass kein Maoriblut durch ihre Adern fließt. Vielleicht beruhigt sie das.«
    Eva zuckte die Achseln. »Ich bin ja auch sehr dafür, den Menschen zu verzeihen, bis auf eine Ausnahme: Berenice Clarke!«
    »Dann habe ich also noch eine Chance?«, ertönte eine raue Männerstimme. Lucie und Eva fuhren herum. Daniel lächelte schief. »Es tut mir leid, was ich gesagt habe.«
    »Du musst dich nicht entschuldigen. Es ist an mir, dich um Verzeihung zu bitten.«
    »Nein, nein, mir tut es leid!«
    Lucie zwinkerte Eva, die mit einem Mal gar nicht mehr so unglücklich wirkte, verschwörerisch zu.



M EEANEE , M ÄRZ 1888
    An dem Tag, der als ihr dritter Geburtstag deklariert wurde – wenn der wahre auch bereits fünf Monate zurücklag –, war Joanne wie eine kleine Prinzessin ausstaffiert. Sie trug ein weißes Tüllkleid und eine passende große Schleife in ihren blonden Locken. Sie war für ihr Alter sehr kapriziös, doch Lucie liebte sie über alles. Obwohl sie diesem Kind jeden Wunsch von den Augen ablas, war Joanne dennoch ein erklärtes Papakind. Sobald Tom aus den Weinbergen oder der Kellerei ins Haus trat, ließ die Kleine alles stehen und liegen und flog ihm entgegen.
    Als Lucie damals die Schwangerschaft vorgespielt hatte, war sie durch Verbindungen von Miss Benson über fünf Monate lang in einem Heim für ledige Mütter in Wellington untergeschlüpft. Mit ihrem angeblich Neugeborenen war sie dann direkt nach Meeanee gezogen und hatte ihr Baby in der ersten Zeit den Blicken neugieriger Besucher aus Napier vorenthalten. Lucie war dabei zugutegekommen, dass Joanne ein zartes Wesen war. Mit einem Jahr konnte sie von der Größe her tatsächlich für ein siebenmonatiges Kind durchgehen. Aber es fiel auf, dass sie mit allem anderen in ihrem Alter stets ein Stück voraus war. Sie galt bald schon als Wunderkind, weil sie schon so früh laufen und sprechen konnte.
    Lucie lebte allerdings in der ständigen Sorge, jemand könne ihr das Kind wieder wegnehmen, was absurd war, denn schließlich war

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