Die Maori-Prinzessin
in Meeanee.« Eva nickte in die Runde. »Guten Tag, die Herren!«
Sowohl die drei jungen Männer als auch Berenice starrten sie an wie ein Wesen von einem fremden Stern. »Na, Sie haben ja vielleicht Nerven«, stieß Berenices Begleiter empört hervor. »Oder sind Sie auf einen Skandal aus?« Er senkte die Stimme. »Wenn ich Sie wäre, würde ich dieses Bürohaus ganz diskret verlassen.«
Eva fasste sich an den Kopf. »Haben Sie getrunken? Warum sollte ich mich wie ein Verbrecher davonmachen?«
»Bei uns ist Hochstapelei ein Verbrechen«, zischte der junge Mann.
Ein einziger Blick in Berenices vor Schadenfreude funkelnde Augen sorgte bei Eva für Klarheit. Sie wusste jetzt, was hier gespielt wurde. Berenice hatte dafür gesorgt, dass alle diese Menschen wussten, dass sie niemals auch nur eine einzige Akademie oder Hochschule von innen gesehen hatte.
Eva spürte förmlich, wie ihr die Schamesröte in die Wangen stieg.
»Und fühlst du dich jetzt gut?«, zischte sie.
»Du Dummchen, es ist nicht persönlich gemeint, aber das kann ich einfach nicht verantworten. Du spielst hier die feine Dame und die Stararchitektin und hast nichts als eine deutsche Dorfschule besucht. Stell dir doch nur vor, das spricht sich herum. Unsere Stadt wird der Lächerlichkeit preisgegeben …«
Eva wollte es wirklich nicht, aber ihre Hand machte sich selbstständig. Sie versetzte Berenice eine schallende Ohrfeige.
In diesem Augenblick näherte sich Daniel im Laufschritt.
»Komm, Liebling, wir haben hier nichts mehr zu suchen«, sagte er entschieden und legte schützend den Arm um Eva.
»Sie hat mich geschlagen«, kreischte Berenice.
»Noch ein Wort und du bekommst von mir auch noch eine«, wies Daniel sie zurecht.
Berenice schnappte nach Luft. Erst in diesem Augenblick verstand Eva, was Berenice wohl bezweckt hatte. Sie hatte sie vor Daniel unmöglich machen wollen. Das aber war gründlich danebengegangen. Eva blieb keine Zeit, Schadenfreude zu empfinden, denn Daniel packte sie nun am Arm und schob sie durch die gaffende Menge nach draußen vor die Tür.
Es regnete immer noch, aber Daniel dachte nicht an einen Regenschirm, sondern drückte sie nur ganz fest an sich.
»Du zitterst ja, mein Liebling. Komm schnell mit ins Auto!« Er zog seine Jacke aus, hüllte sie darin ein und brachte sie schnellstens zum Wagen. Sie waren beide völlig durchnässt, als sie endlich im Trockenen saßen.
Eva fühlte nichts. In ihr war nichts als Leere. Wie betäubt starrte sie auf den Regen, der unbeirrt von den menschlichen Dramen, die sich in diesem Augenblick abspielten, gegen die Scheiben prasselte.
Sie erwachte erst aus ihrer Trance, als sich eine warme Hand in ihre schob.
»Ich werde die Stadt verlassen, damit du nicht mit mir zusammen in Ungnade fällst«, murmelte sie.
Daniel schüttelte heftig den Kopf. »Du wirst die Stadt verlassen, aber nicht allein!«
Eva sah ihn mit großen Augen an.
»Wie meinst du das?«
»So, wie ich es sage. Ich werde behaupten, Williams habe nicht geahnt, dass du keinerlei Ausbildung hast. Und dann meine Konsequenzen ziehen und kündigen.«
»Ich hab euch beobachtet. Ihr habt heftig diskutiert. Er schien außer sich. Hat er dich gezwungen, es auf deine Kappe zu nehmen?«
»Nein, im Gegenteil, er will, dass ich bleibe. Außer sich war er darüber, was Berenice Clarke mit ihrer Gehässigkeit angerichtet hat. Anscheinend hat sie ihr Wissen vor unserem Eintreffen auf dem Fest ganz gezielt unter die jungen Architekten beider Büros gestreut. Einer von Williams’ Mitarbeitern hat daraufhin im Namen der Belegschaft von unserem Chef verlangt, dass er dir vor allen Gästen die fristlose Kündigung ausspricht. Er hat sich geweigert. Ich musste ihn regelrecht anflehen, gegenüber seinen Mitarbeitern zu verschweigen, dass er dir den Daily-Telegraph-Building-Auftrag übertragen hat, obwohl er um deine mangelnde Ausbildung wusste. Ich hoffe, er nimmt mein Angebot an.«
»Und wie lautet das?«
»Er soll sagen, ich hätte für dich gebürgt, weil du deine Zeugnisse in Deutschland gelassen hast, wohl wissend, dass du gar keine Ausbildung genossen hast.«
»Aber, dann wirst du nirgends mehr eine Stellung bekommen. Das spricht sich rum. Das wird deinen Ruf beschädigen … Ich hätte sie nicht schlagen dürfen. Das ist unverzeihlich, denn sie hat doch recht. Ich bin nichts als eine billige Hochstaplerin! Behalt du wenigstens deinen Posten, und ich verspreche, nie wieder einen Zeichenstift anzurühren. Dann wächst Gras
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