Die Marionette
mühsam beherrscht.
Der Botschafter maß ihn kühl. »Sie sollten lieber alles daransetzen, Eric Mayer zu finden«, bemerkte er. »Wie wir aus der deutschen Botschaft gehört haben, ist er untergetaucht.«
»Nun, das wäre ich an seiner Stelle auch«, erwiderte Martinez und verließ den Raum.
Zurück in seinem eigenen Büro, griff er zum Telefon. Es würde nicht leicht werden, Mayer aufzuspüren. Wenn er überhaupt noch in der Stadt war. Und es gab nur einen Mann, dem Martinez diese Aufgabe zutraute. Er leitete eine Gruppe Söldner, die im Dienst der CIA standen, ehemalige Special Forces, erfahrene Männer, mit der entsprechenden Erfahrung nicht nur im Kampf, sondern auch mit Undercover-Aktionen. »Ich will Eric Mayer schnell, und ich will ihn lebend«, forderte Martinez. »Haben wir uns da verstanden?«
»Wir tun unser Bestes, Don.«
Nachdem Martinez aufgelegt hatte, starrte er noch lange auf das Telefon und versuchte, die Zweifel auszublenden, diese eine Stimme, die nicht schweigen wollte, die noch immer aufbegehrte, trotz der eindeutigen Beweise vor ihm auf dem Tisch. Jeder war korrumpierbar, brach an einem bestimmten Punkt. Es war jahrelang Martinez’ Aufgabe gewesen, diesen Punkt zu finden. In jenem ganz besonderen Moment einen Blick auf einen Menschen zu werfen, in dem sich die letzten Geheimnisse seiner Persönlichkeit in Schmerz und Angst offenbarten. Diese Arbeit hatte nicht nur in seinen Delinquenten Spuren hinterlassen. Martinez fiel es seither schwer, seinen Mitmenschen vorbehaltlos zu begegnen, und da er wusste, wozu ihre Schwächen sie fähig machten, suchte er ständig die Verletzlichkeit und die Angst in ihnen. Misstraute ihnen. Es gab nur einige wenige, die davon ausgenommen waren. Eric Mayer war einer davon gewesen. Und in ihm sollte er sich so getäuscht haben?
Ungehalten griff Martinez erneut zum Telefon und wählte eine Nummer in den Staaten. Der Mann, der sich meldete, war sichtlich überrascht, Martinez’ Stimme zu hören. »Don, du lebst also doch noch! Das Letzte, was ich über dich gehört habe …«
»Ich brauche ein paar Informationen, Malcom«, fiel Martinez ihm ins Wort.
»Weswegen solltest du mich auch anrufen, du verfluchter Hund«, sagte Malcom lachend. »Wo steckst du, Mann?«
Malcoms Stimme weckte eine Vielzahl von Erinnerungen in Martinez, Bilder, von denen er gehofft hatte, sie nie wieder sehen zu müssen. »Ein Industrieller in Deutschland«, sagte er, ohne weiter auf Malcoms Frage einzugehen. »Ich schicke dir die Eckdaten über die alte Verbindung.«
»Die Preise sind gestiegen«, bemerkte Malcom.
»Schick mir deine Rechnung.«
»Was ist los mit dir? Ich werde dich bluten lassen.«
»Wann, Malcom?«
Ein Räuspern am anderen Ende war die Antwort. »Unter diesen Umständen sofort.«
Martinez legte auf. Er fragte sich noch immer, womit sie Mayer geknackt hatten. Ob sie ihn geknackt hatten.
***
Kabul, Afghanistan
Eric Mayer ließ das Café hinter sich und eilte die schmale Gasse hinunter, die schon bald in eine belebte Straße mündete. Er hielt sich im Schatten der Häuser und Marktstände und drückte einem Jungen ein paar afghanische Münzen in die Hand, damit er ein Taxi heranwinkte. Mayer hatte dem Fahrer gerade sein Ziel genannt, als sein Telefon klingelte. Paul Clarke war nicht bereit, ihn zu treffen. »Der amerikanische Geheimdienst ist hinter mir her.«
»Wegen der Reynolds-Sache, nehme ich an.«
Schweigen am anderen Ende der Leitung. »Woher wissen Sie davon?«, fragte Clarke schließlich vorsichtig.
Mayer klärte ihn mit wenigen Worten auf.
»Ich habe mit Milan Vieth gesprochen«, sagte Clarke daraufhin zu Mayers Überraschung. »Wir haben eine Abmachung getroffen. Ich warte nur darauf, dass er seinen Teil erledigt, damit ich endlich aus diesem Dreckloch verschwinden kann.«
»Milan Vieth ist vor vier Tagen ermordet worden«, erwiderte Mayer.
»Verflucht! CIA ?«
»Nein, vermutlich nicht. Was war Inhalt Ihrer Abmachung mit Vieth?«
»Darüber möchte ich am Telefon nicht reden.«
Mayer runzelte die Stirn. Nachdem Clarke herausgefunden hatte, dass der Senator Versorgungskonvois der Amerikaner verschwinden ließ, hatte er Kontakt zu Milan Vieth aufgenommen. Das ließ nur einen Schluss zu. »Ich nehme an, auf einem der verschwundenen Konvois waren deutsche Waffen«, bemerkte er.
Clarke bezog dazu keine Stellung. »Sie sollten mal einen Blick in das Auslieferungslager der Larenz-Werke hier in Kabul werfen«, sagte er lediglich. »Da werden Sie
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