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Die Marionette

Die Marionette

Titel: Die Marionette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Berg
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auf die Uhr neben dem Bett. Es war bereits später Nachmittag. Sie zog sich aus, ging unter die Dusche und ließ sich heißes Wasser über den Kopf laufen, bis sie ganz allmählich wieder das Gefühl hatte, zu sich zu kommen, und ihr die Erlebnisse der vergangenen Nacht nur noch wie ein surrealer Alptraum erschienen. Als sie aus dem Bad kam, zog sie die Vorhänge zu, so dass kein Lichtschein nach draußen dringen konnte, dann nahm sie ihr Notebook aus ihrem Rucksack. Anstatt die eingegangenen Nachrichten zu lesen, suchte sie im Internet nach weiteren Informationen über die Trauerfeier, die am übernächsten Tag stattfinden sollte. Sie hatten einen Ort am Rhein gewählt, eingebettet in Weinberge, nicht weit von Koblenz entfernt. Drei der verstorbenen Soldaten kamen aus der Region. Es gab eine alte Kirche, Teil eines Klosters. Wieder tastete sie nach ihren Zigaretten, starrte einen Moment irritiert in die leere Schachtel, bevor sie sie auf den Boden fallen ließ. Sie fand in ihrem Rucksack eine neue, außerdem eine Packung Kekse und eine Flasche Cola. Sie ließ die Bilder der Klosterkirche über ihren Bildschirm laufen und begriff, warum das Verteidigungsministerium ausgerechnet diesen Ort gewählt hatte. Sie hätte ihn auch gewählt, wenn sie für die Sicherheit der Trauergäste verantwortlich gewesen wäre. Es gab nur eine Zufahrt. Hohe Mauern. Alle Taubheit wich von ihr, und ihr Kopf wurde ganz klar, als sie darüber nachdachte, wo sie die Scharfschützen plazieren würden.
    ***
    Kabul, Afghanistan
    Eric Mayer war seit mehr als zwölf Stunden spurlos verschwunden. Bender hatte in der Zwischenzeit nicht viel in Erfahrung bringen können. Der BND -Mann war am Nachmittag des vorangegangenen Tages mit einem Taxi vom Hotel aus aufgebrochen, Ziel unbekannt.
    Erfolglos hatte Bender versucht, seinen Kontakt im Verteidigungsministerium zu erreichen, was an sich schon ungewöhnlich war. Eine vorsichtige Nachfrage beim Botschafter hatte ergeben, dass der Krisenstab in Berlin nahezu ununterbrochen tagte. Das Entsetzen angesichts der jüngsten Ereignisse war groß, die Verantwortlichen gingen davon aus, dass Mayer sich abgesetzt, die Seiten gewechselt hatte. Mit all seinem Wissen um Interna, all seiner Kenntnis um die politischen Vorgänge in Berlin und der Verbindungsleute im Ausland kam das einem GAU gleich. Bender hatte erfahren, dass Mayer wie eine Schnittstelle funktionierte, ein lebenswichtiges Organ für die Auslandsbeziehungen der Regierung. Insbesondere als Afghanistan-Experte war er nur schwer zu ersetzen.
    Das hatte ihn letztlich auch für Bender so gefährlich gemacht. Er war der Einzige, der seine Pläne noch hätte durchkreuzen können.
    »Ich hätte nie geglaubt, dass ausgerechnet Eric Mayer in diese Geschäfte involviert ist«, sagte Vombrook zu ihm, als sie gemeinsam zu ihrem letzten Treffen mit afghanischen Vertretern aufbrachen. Der Justiziar war sichtlich erleichtert gewesen, dass die Pläne für ihren Aufenthalt aufgrund der jüngsten Ereignisse kurzfristig geändert worden waren. Vombrook würde am späten Nachmittag direkt von Kabul aus nach Deutschland zurückfliegen. Bender würde noch das deutsche Militärlager in Mazar-i-Sharif besuchen, wo neben den Soldaten der Bundeswehr auch eine Einheit amerikanischer Elitesoldaten stationiert war, und von dort den Rückflug antreten. Ursprünglich hatte Reynolds ihn begleiten sollen.
    »Hättest du das Milan zugetraut?«, fragte Bender.
    Vombrook dachte nach, während er mit nervösem Blick die Hotellobby scannte, bevor sie aus dem Fahrstuhl traten. Herausgerissen aus seiner gewohnten Umgebung, wirkte Vombrook bieder, so gar nicht kosmopolitisch. »Ihm noch eher als Mayer«, erwiderte er. »Ich habe schon mit vielen Vorstandsmitgliedern zusammengearbeitet, Milan war stets ein Außenseiter.« Er räusperte sich. »Mayer dagegen schien wirklich hinter seiner Arbeit zu stehen, sehr geradlinig.«
    »Er hat bei der Untersuchung Beweismaterial unterschlagen, um sich selbst zu schützen. Und du hast auch die belastenden Mails gelesen.«
    »Ja, sicher, dennoch überrascht es mich.«
    » Ich hoffe nur, dass sich die Aufregung ein wenig gelegt hat, bis wir wieder zurück sind«, sagte Bender.
    »Dem Geschäft wäre es sicher zuträglich«, bemerkte Vombrook. »Es gibt Stimmen in Berlin, vor allem aus der Opposition, die uns als einen der ersten Lieferanten der Bundeswehr in Frage stellen.«
    »Die nutzen jede Gelegenheit, laut zu schreien«, wiegelte Bender ab. »Das wird

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