Die Marionette
weshalb sie genau diesen Platz gewählt hatten. Eric nahm den Stick entgegen. Sein Laptop stand bereits auf dem Tisch, und Valerie sah, wie sich ein guter Teil der Spannung auflöste, die auf ihm lastete, wie die Linie seiner Schultern weicher wurde, sich der harte Zug um seinen Mund glättete, als er die gespeicherten Daten überflog. Schließlich nickte er, zog den Stick heraus und klappte den Computer zu. »Sie haben nicht zu viel versprochen. Ich bin Ihnen wirklich zu Dank verpflichtet.«
Clarke lächelte.
Mayer betrachtete ihn nachdenklich. »Warum tun Sie das? Warum treffen Sie sich mit mir nach all Ihren schlechten Erfahrungen?«
Clarkes Blick flog zu Valerie.
»Nach Frau Weymanns Anruf habe ich mich über Sie informiert. Es war nicht ganz einfach, überhaupt etwas herauszukriegen, aber ich habe einen guten Freund in englischen Regierungskreisen, im Außenministerium …« Clarkes Stimme bekam einen entschuldigenden Unterton. »Er hat mir von dem Klimagipfel in Hamburg vor anderthalb Jahren erzählt, dem Terrorverdacht, dass Frau Weymann von der CIA nach Rumänien verschleppt wurde …« Kälte breitete sich in Valerie aus. Sie bemerkte, wie er hastig den Blick abwandte, als wäre er ihr zu nahegetreten, und sie fragte sich, wie intim die Details waren, die er über sie in Erfahrung gebracht hatte. Er wandte sich wieder an Mayer. »Und dennoch hat sich Frau Weymann für Sie verbürgt.«
Die Stille, die seinen Worten folgte, war erdrückend. Clarke zog ganz klare Grenzen. Keine Zusammenarbeit mit Geheimdiensten. Valerie wusste, dass der Kontakt zwischen ihm und Mayer in Afghanistan ebenfalls nur durch die Fürsprache eines gemeinsamen Bekannten zustande gekommen war, und Erics Schweigen sprach Bände. Sein Gesichtsausdruck zeigte, dass er sich der Problematik durchaus bewusst war. In Berlin würde sein Wort gegen das von Bender stehen, und dabei würde es nicht in erster Linie um Wahrheitsfindung oder Glaubwürdigkeit gehen, sondern um das politische Gewicht. Bender vertrat eine der führenden Firmen der Republik, und weder er noch seine amerikanischen Partner würden es riskieren, dass Mayer mit diesem brisanten Insider-Wissen in Berlin blieb und eine einflussreiche Stimme besaß. Wenn sie nicht einen vermeintlichen Unfall arrangierten wie bei Milan, würden sie dafür sorgen, dass Mayer wegbefördert wurde aus Deutschland. Irgendwohin, wo sie ihm eine weitere unangenehme Affäre anhängen konnten, bis er selbst für seine Freunde nicht mehr tragbar war. Er wäre nicht der Erste, dem das passierte. Bender besaß genügend Macht für einen solchen Coup, und er arbeitete mit Profis, wie die Ermordung von Milan bewies.
Sie brauchten Clarke. In Person. In Berlin. Er war ein renommierter Journalist in der politischen Welt. Seine Artikel wurden weltweit in den führenden Nachrichtenmagazinen gedruckt, wie Valerie in den vergangenen zwei Tagen in Erfahrung gebracht hatte. »Kann ich Sie bitten, Ihren Entschluss, nicht nach Berlin zu reisen, noch einmal zu überdenken?«, bat sie ihn. »Ich kann für Sie den Kontakt zu einem führenden Mitglied unserer Regierung herstellen, das maßgeblich in die Larenz-Krise involviert ist.«
Clarke sah überrascht auf, ihr entging nicht das plötzliche Interesse in seinen Augen. Mayers Mund dagegen wurde schmal. Er schätzte es überhaupt nicht, wenn er in wichtige Prozesse nicht involviert war, wenn er überrumpelt wurde. So gut kannte sie ihn inzwischen.
***
Dr. Kurt Meisenberg verzog keine Miene, als Valerie ihm wenig später die Fotokopien vorlegte, die seine Beteiligung an den Spekulationen mit dem Firmenvermögen der Larenz-Werke schwarz auf weiß bewiesen. Lange blickte er darauf, bevor er sich schließlich äußerte: »Es hat durchaus etwas Klischeehaftes, aber damals, als du als Referendarin das erste Mal in dieses Büro gekommen bist, da wusste ich schon, dass du das Zeug für eine verdammt gute Juristin in dir hattest.« Er sah sie an. »Du hast mich nicht enttäuscht. Das ist zumindest ein kleiner Triumph in dieser unglücklichen Konstellation.«
»Ich wäre nie dahintergekommen, wenn du mich nicht um meine Hilfe gebeten hättest«, erwiderte sie eisig. Es gelang ihm immer wieder, selbst einer Niederlage noch den Hauch eines Sieges zu verleihen.
Er seufzte und ließ sich mit einer theatralischen Geste in seinen Chefsessel zurückfallen. »Ich war in Panik. Wer hätte jemals gedacht, dass Bender so weit gehen würde, aber der Börsenkrach hat ihn
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