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Die Markgräfin

Die Markgräfin

Titel: Die Markgräfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weigand
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dahin.«
    »Herr, dein Wille geschehe.« Eine der Gestalten hustete leise. Die Gemeinde rezitierte: »Lamm Gottes, du nimmst hinweg die Sünden der Welt … «
    Georg schauderte. Eine Totenmesse, ging es ihm durch den Kopf, sie halten eine heimliche Totenmesse ab. Aber für wen? Auf der Burg war in letzter Zeit niemand gestorben. Der Hauptmann lehnte sich so fest wie möglich gegen die Wand, um nicht den Halt zu verlieren, und lauschte weiter.
    »Befreie, o Herr, die Seelen aller Gläubigen von jeder Fessel der Schuld. Deine Gnade komme ihnen zu Hilfe, auf dass sie entrinnen dem Rachegerichte. Lass sie genießen die ewige Glückseligkeit.«
    Die wenigen Besucher der Messe stimmten das Kyrie an. Es hallte leise und unheimlich durch die leere Kirche. Irgendwo auf der Empore knackte es, und Georg zuckte zusammen. Seine Nerven waren zum Zerreißen gespannt, und zusammen mit der Kälte der Nacht kroch die Angst in ihm hoch: Hier fand etwas Ungeheuerliches statt. Er spürte, wie sich seine Nackenhaare aufstellten.
    Tiefenthaler stockte einen Moment lang. Er suchte Barbaras Blick, und die Markgräfin nickte ihm zu. Ihre Lippen formten ein lautloses »Weiter«. Der Kaplan
holte tief Luft und fuhr mit dem entscheidenden Teil des gespenstischen Rituals fort.
    »Herr Jesus Christus, dir ist allzeit Erbarmen und Schonung zu Eigen, daher flehen wir in Demut zu dir: Nimm auf die Seele dieses deines Dieners Markgraf Albrecht von Brandenburg-Kulmbach und übergib sie nicht den Händen deines Feindes. Lass sie nicht die Qualen der Hölle erleiden, sondern die ewigen Freuden genießen. Gib deinem dahingegangenen Diener die ewige Ruhe.«
    Georg von Leuchtenberg hatte das Gefühl, als ob man ihm den Boden unter den Füßen wegzöge. Es traf ihn wie ein Schlag: Albrecht! Sie wollten Albrechts Tod. Sein erster Impuls war, nach vorne ans Geländer zu stürzen, aber er war wie gelähmt vor Entsetzen und schaffte es nicht, sich vom Fleck zu rühren. Atemlos hörte er mit an, wie Tiefenthaler den Gottesdienst zu Ende brachte. Endlose Minuten vergingen, in denen der Hauptmann unfähig war, irgendetwas zu tun.
    »Nimm hin, o Herr, deinen Diener Albrecht. In memoria aeterna erit justus; ab auditione mala non timebit. Suscipe famulum tuum cum sanctis tuis in aeternum, quia pius es.«
    »Amen.« Die Gemeinde sang das Schlussrequiem. Georg meinte, teuflischen Triumph aus ihren verhaltenen Stimmen herauszuhören. Hass keimte in ihm auf. So leise wie möglich bewegte er sich zur Tür und verließ die Kapelle lautlos, wie er gekommen war.
    Er verfluchte die Tatsache, dass er nicht rennen konnte. Mit wilden Bewegungen hastete er durch die Gänge zurück in sein Zimmer.
    Nachricht Georgs von Leuchtenberg an Markgraf
Albrecht von Brandenburg-Kulmbach, geschrieben
in der Nacht vom 21 . auf den 22 .November 1553
     
    Mein willig Dienst zuvor, günstiger durchleuchtiger Freund und Herr, ich send Euch dies Schreiben mit dem schnellsten Einrosser, der zu finden ist. Ein Schrecklichs ist geschehn, das noch niemals erhört worden. Heute Nacht war ich Zeuge einer unsäglichen Schand, ja des Hochverrats! Schwarze Magie ist gerichtet worden gegen Euer Leib und Leben, dass sich mir die Feder sträubt, das Wort zu schreiben: ein Mortbeten war. Es gehen Dinge vor, die der Teufel selber bewerkstelligt durch die Hand des heimtückischen Schlosskaplans und seiner bösen Kumpane. Schützt Euer Leben, Freund, oder Ihr seid verloren! Die Sach ist ungeheurlich. Ich selbst will nichts unternehmen ohne Euren allerhöchsten Befehl. Ich ersuch Euch und fleh Euch an: Kommt schnellstens herbei und verhindert selber die schlimmen Folgen der Verschwörung. Der Zauber richtet sich auf Euer Wohl und Wehe, ja Euer Leben ist in hoher Gefahr. Eilt!
     
    In höchster Sorge Georg von Leuchtenberg Haubtmann
zu Plassenberg, in der Nacht auf Cäcilien
anno 1553
    Schreiben des Markgrafen Albrecht Alkibiades von
Brandenburg-Kulmbach an den Hauptmann auf dem
Gebirg, 24 .November 1553
     
    Meinen Dank und Gottes Gruß zuvor, treuer Freund und Haubtmann. Item du schreibst, ein Zauber sei gegen uns gerichtet, das ängstigt uns über die Maßen. Dennoch können wir noch nicht von Hohenlandsberg abkommen, wo wir seit zweien Wochen die Verteidigung der Festung gegen den belagernden Feind in allen Dingen ordnen. Die Festung ist noch abgeriegelt, und wir sitzen derhalben auf unsern Erschen fest, bis ein Ausbruch gelingt. Du, Haubtmann, sollst derweilen nichts unternehmen, bis wir, so Gott will, selbst

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