Die Markgräfin
der Stadt reservieren lassen. Im Schloss selber gab es keine Badegelegenheit, und so gingen seit jeher die Herren der Plassenburg in die Stadt, so oft sie sich einer intensiveren als nur einer Katzenwäsche unterziehen wollten.
Zusammen mit fünf Söldnern zu seiner Bewachung ritt der Markgraf im morgendlichen Sonnenschein nach Kulmbach hinunter. Die Stadt besaß drei Badstuben: das Mainbad außerhalb der Stadtmauer, die Mittlere Badstube im Unteren Stadtgässchen und die Obere Badstube, die der Burg am nächsten lag. Hierhin lenkte das Grüppchen die Pferde. Während die Soldaten rund um das Haus Posten bezogen, wurde der Markgraf vom Bader unter tiefen Verbeugungen in Empfang genommen. Zwei Dienerinnen kleideten Albrecht im Vorbad aus, übergossen ihn mit warmem Wasser und rubbelten ihn mit Seife von oben bis unten ab. In ein weiches Tuch gewickelt, betrat der Markgraf schließlich die Badstube selber und legte sich auf eine der Holzbänke. Heißer Dampf nahm ihm fast den Atem, und er begann sofort zu schwitzen. Zweimal ging er zwischendurch zurück ins Vorbad, um in einen Kessel mit lauwarmem Wasser zu tauchen und sich zu erfrischen. Danach führte ihn der Bader selbst in den Ruheraum, wo vor einem wohlig warmen Kachelofen ein Lager gerichtet war.
»Womit darf ich Euer Gnaden dienen? Aderlass? Schröpfen? Ein hübsches Maidlein? Alles, was beliebt!«
»Schröpfen darfst du, Bader, aber mehr auch nicht. Später kommt der Doctor und erledigt alles Weitere.« Mit diesen Worten drehte sich der Markgraf auf den Bauch.
Der Bader, der wenig davon begeistert war, dass ihm der Markgraf die Konkurrenz ins Haus holte, ließ sich von seinem Gehilfen acht heiße Schröpfköpfe bringen. Der Liegende zog jedes Mal die Luft zwischen den Zähnen ein, wenn Peitinger die runden Glaskolben paarweise auf seinem Rücken festdrückte. »Geht’s, Euer Gnaden?«
»Frag nicht so scheinheilig, du Schinder«, knurrte Albrecht zurück.
Bald waren die Schröpfköpfe mit Blut gefüllt, und der Bader nahm sie vorsichtig ab, bevor sie ganz erkalteten und von selber abfielen. Sein Gehilfe tupfte gerade das Blut vom Rücken des Markgrafen, als eine der Mägde eintrat.
»Der Herr Doctor wär jetzt da, Euer Gnaden!«
Albrecht ließ ihn hereinholen, während der Bader naserümpfend den Raum verließ.
Nikolaus Scharf war ein rotgesichtiger älterer Herr und ein Arzt von hervorragendem Ruf; lediglich die Tatsache, dass er dem Trunk verfallen war, beeinträchtigte bisweilen den Erfolg seines segensreichen Wirkens. Heute jedoch war er stocknüchtern, hörte sich Albrechts Litanei konzentriert an und besah sich die tiefroten Schröpfstellen auf dem Rücken des Markgrafen.
»Gut, gut, Euer Liebden, das Schröpfen ist erfolgreich bei allerlei Leiden der heiß-trockenen Ausprägung,
die mit Fieber und Entzündungen einhergehen, aber der reißende und drückende Kopfschmerz, das ist eine ganz andere Sache. Ich würde Euer Gnaden täglich dreimal kalte Wickel mit einem Kräuterabsud empfehlen, den ich Euch aufs Schloss schicken lassen werde. Und … «
»Hört mir auf mit derlei unwirksamem Getändel, Quacksalber!« Der Markgraf unterbrach den Arzt sichtlich wütend. »Kräuterwickel! Seid Ihr ein Kräuterweib oder ein studierter Doctor der Medizin? Ich will ein wirksames Mittel, das mir die Schmerzen nimmt. Wenn Euch nichts Besseres einfällt, könnt Ihr wieder gehen!«
Scharf zuckte zusammen und überlegte fieberhaft, was seinen Patienten zufrieden stellen könnte.
»Euer Gnaden, es gäbe da schon eine Methode … «
»Lasst hören!«
»Diese Methode folgt einer neuen Theorie aus den Niederlanden, die besagt, dass Kopfschmerz dadurch entsteht, dass sich schlechte Säfte im Schädel stauen. Man muss nun diesem bösen Plasmenstau die Möglichkeit verschaffen, wieder aus dem Schädel auszutreten, wodurch dann eine Heilung erzielt wird. Dies geschieht folgendermaßen: Man fädelt quer über dem Nacken ein zwei Finger langes Haarseil dicht unter der Haut durch und lässt es eine Zeit lang dort. Das Haarseil zieht daraufhin die schlechten Säfte an, weshalb die Stelle bald anschwillt und sich unter dem
Einfluss des Gifts rötet und erhitzt. Schließlich koagulieren die bösen Säfte zu gelbem Eiter, die Wunde geht auf oder wird durch einen Schnitt geöffnet, und mitsamt dem Eiter fließt alles Schlechte aus dem Kopf ab. Notabene: Die Schmerzen haben ein Ende.«
Der Markgraf überlegte. Viel Lust hatte er nicht, eine derartige Prozedur über
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