Die Mars-Verschwörung
gepresst.
Hinter uns flackern plötzlich Mündungsblitze über den Himmel, gefolgt von gebrüllten Kommandos. Die Stimmen sind nahe: Das Gefecht bewegt sich auf uns zu.
Ich greife an, ramme Vienne mit voller Wucht und hebe sie von den Füßen. Der Raketenwerfer fliegt davon, als wir gemeinsam auf den Betonboden knallen. Ich bin als Erster wieder auf den Beinen. Doch kaum nehme ich Verteidigungshaltung ein, macht sie einen Rückwärtssalto und kommt angriffsbereit wieder hoch.
»Vienne. Ich bin es, Durango. Ich bin gekommen, um dich nach Hause zu bringen.«
Sie dreht den Kopf, als lausche sie einem fernen Pfeifen. Ihr Gesicht ist entspannt. Dann fängt an ihrem Hals ein Metallreif, der teilweise von einer Kapuze verdeckt war, zu summen an.
»Mimi? Was ist das für ein Geräusch?«
»Hochfrequente Schallwellen«, sagt sie. »Werden meist mit Computerleitsystemen in Verbindung gebracht. Pass auf!«
Krach!
Viennes Faust trifft meinen rechten Wangenknochen, und ich krache auf den Gehsteig. Mit klingelnden Ohren rapple ich mich auf.
Vienne tritt mich in den Bauch.
Meine Panzerung wird steif, und Viennes Fuß bleibt an dem Gewebe kleben.
Ihr Fuß bleibt kleben?
Mein Kopf ist immer noch mit Watte gefüllt, und ich schüttle ihn verzweifelt. Offensichtlich fantasiere ich.
»Nein, tust du nicht«, sagt Mimi. »Die Panzerung klebt wirklich an dir.«
Vienne versucht sich loszureißen, aber ich versetze ihr mit der gesunden Hand einen Hieb in die Kniekehle, worauf sie unsanft auf dem Hinterteil landet. Sofort dreht sie sich um, stemmt sich auf die Hände und nagelt mit dem freien Bein meinen Gips am Boden fest.
Weißglühender Schmerz explodiert an der Bruchstelle, und mein ganzer Körper verkrampft sich. Meine Panzerung verhärtet erneut, und Vienne kommt frei. Ist wieder auf den Beinen. Angriffsbereit.
»Das hast du mir angetan«, sagt sie.
Ich husche davon. Ringe um Atem. Fokussiere mein Auge, das reichlich feucht geworden ist. »Wer hat dir das gesagt?«
»Archibald«, keucht sie. »Er hat gesagt, du hättest mir das angetan. Mich zu diesem ... Monster gemacht.«
»Du bist kein Monster.«
»Lügner! Ich habe sie erschossen!« Ihre Schultern sacken herab, und ihr Kinn sinkt auf die Brust. »Ich habe das kleine Mädchen erschossen. Nur ein Ungeheuer bringt so etwas fertig.«
Denk nach. Denk nach!
»Erinnerst du dich an das hier?« In einem Akt der Verzweiflung ziehe ich ihren Anhänger aus der Kapuze meiner Panzerung. »Er gehört dir, weißt du noch? Als du ein kleines Mädchen gewesen bist, hast du ihn geliebt, so wie Riki-Tiki dich geliebt hat und wie ich dich jetzt liebe.«
» LÜGNER !« Sie springt aus dem Stand zwei Meter in die Höhe. Hebt die Hand wie einen Vorschlaghammer. Brüllt und will mirdie Faust auf den Kopf schmettern. Der Schlag würde mich umbringen.
Ich hebe den Arm zu einem kraftlosen Abwehrversuch.
Meine Hand öffnet sich. Haare spritzen aus meiner Handfläche, fliegen wie ein Schwarm davon und treffen Viennes Gesicht. Ihren Mund. Ihre Augen. Als wäre sie gegen eine unsichtbare Mauer geprallt, beugt sie sich zurück und sackt zusammen, krallt die Finger in die brennenden Augen, die sich anfühlen, als wären sie mit Säure bespritzt worden, wie ich aus eigener Erfahrung weiß.
»Nein!«, rufe ich. »Nicht jetzt! Mimi, warum passiert das ständig?«
»Die erforderlichen Daten zur Verarbeitung dieser Frage liegen mir nicht vor.«
»Was bedeutet, dass du so ratlos bist wie ich.«
»Red keinen Unsinn«, sagt sie. »Haare gehören einfach nicht zu meinem Fachgebiet.«
Ich bücke mich, um Vienne zu helfen, aber in ihrem Gesicht stecken Hunderte, wenn nicht Tausende von Haaren, und sie macht alles noch schlimmer, indem sie daran herumfummelt. Die Haarspitzen haben Widerhaken. Sie zu bewegen ist, als würde man an einem Haken rütteln, der sich durch die Haut gebohrt hat.
»Hör auf! Nicht anfassen!«, schreie ich sie an und versuche, ihre Hände fortzuziehen. Es hat keinen Sinn. Sie kann mich nicht hören. Und wenn sie es könnte, würde sie versuchen, mich zu töten.
»Wir haben keine Minute mehr, bis die Flut uns erreicht«, sagt Mimi.
Das erste Zeichen der Apokalypse ist ein Rinnsal, das übers Pflaster läuft. Ich höre das Wasser, ehe es da ist – ein tiefes, dumpfes Tosen, begleitet von einem hämmernden Paukenschlag. Dann ist plötzlich Druck auf meinen Trommelfellen. Und dann sehe ich es – eine Wand aus Wasser, gekrönt von Schaum, fünfzig Meter hoch, schiebt
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