Die Mars-Verschwörung
Stringfellows Verletzungen begutachtet.
»Er ist ein Dalit .« Der Soldat zuckt mit den Schultern. »Er hat nur bekommen, was er verdient.«
»Raus!« Archibald schnippt mit den Fingern vor dem Soldaten, worauf der mürrisch hinausgeht. Nun wendet Archibald sich wieder dem Beobachtungsfenster zu, eine Faust an die Lippen gepresst, die Augen vor Schadenfreude und Siegesgewissheit zu schmalen Schlitzen zusammengekniffen. Stringfellow! Gefangen! Lyme wird begeistert sein!
Archibald beobachtet, wie das Wasser aus den Entlastungsschützen wogt. Ein Regenbogen formt sich in dem Spritzwasserdunst. Das ist ein gutes Zeichen, ein Omen der Dinge, die da kommen werden.
»Herrlich, nicht wahr?«, sagt Archibald, so theatralisch er kann. »Wie sich das Sonnenlicht in den Wasserpartikeln fängt und einen Prismeneffekt hervorruft. Wusstet ihr, dass die Terraner geglaubt haben, am Ende des Regenbogens würde ein kleiner Mann wohnen, der jedem, der den Regenbogen bis zum Ende verfolgen und ihn schnappen kann, einen Topf voller Gold verspricht? Wie passend, dass dieser Regenbogen gerade in dem Moment auftaucht, in dem auch mein eigener Topf voller Gold erschienen ist. Hörst du mir zu, Mr. Stringfellow?«
Nein, das tut er offensichtlich nicht. Archibald schnappt sich ebenfalls einen Stuhl und setzt sich Stringfellow gegenüber rücklings auf die Sitzfläche.
Stringfellows Lippen bewegen sich, aber alles, was er sagt, ist: »Nah.«
»Ich werte das als ja. Du und ich haben vieles gemeinsam, weißt du. Wir sind die Söhne mächtiger Eltern. Wir sind bester Herkunft. Haben die beste Bildung genossen«, sagt Archibald. »Aber wie du habe ich das Beste als ermüdend empfunden und mich aufgemacht, um meine eigenen Spuren in der Welt zu hinterlassen.«
Er greift in Stringfellows Haare und zieht dessen Kopf hoch.Dann zückt er sein Feuerzeug und entzündet es unter dem schutzlosen Kinn.
»Bedauerlicherweise mangelt es mir an deinen physischen Gaben«, sagt Archibald, »also musste ich eine andere Methode finden, mir Ausdruck zu geben.«
Er wirbelt Stringfellows Stuhl herum, sodass dieser Vienne vor Augen hat. Stringfellows Lippen zittern. Ist es Furcht? Schmerz? Hoffentlich beides , denkt Archibald.
»Liebe tut weh, nicht wahr?«, spottet er. »Du liebst sie doch, richtig? Auf die Art, auf die reiche Jungs hübsche Mädchen lieben, die sie abweisen. Weißt du, was traurig ist? Wenn du sie dann doch einmal bekommst, erfährst du die grausame Wahrheit über die Liebe: Es ist die Jagd, nicht das Mädchen.«
»Lügner«, antwortet Stringfellow endlich.
»Ich wusste, dass du zuhörst«, sagt Archibald und lacht. »Du bist ein schlechter Schauspieler.«
Er rutscht auf Stringfellows Schoß und packt dessen blutiges Gesicht. »›Dieser Jacob Stringfellow. So ein hübscher junger Mann.‹ Weißt du, wie oft meine Mutter diese Worte mir gegenüber geäußert hat?« Er dreht Stringfellows Gesicht zu Vienne. »Wie ist es mit dir, mon petit chou? Glaubst du, er ist immer noch ...« Er dreht Stringfellows Kopf grob hin und her, um jede Silbe zu unterstreichen. »Ein hübscher. Junger. Mann?«
Vienne antwortet nicht, aber ihr Körper zuckt, als hätte sie einen Petit-Mal-Anfall erlitten.
Stringfellow stöhnt und versucht, sich aus Archibalds Griff zu befreien, aber er ist zu schwach.
»Jacob! Sieh dir meine hübsche Dame und ihre neuen Augen an!«, sagt Archibald. »Ich habe die Katze in einen Leoparden verwandelt, und der hat sehr scharfe Zähne. Vielleicht sollte ich sie ein bisschen mit ihrem Futter spielen lassen. Siehst du diese grausame Miene? Das habe ich gemacht. Siehst du die Mordlust in ihren Augen? Die habe ich da reingebracht. Und weißt du, warumich das alles tun konnte? Weil du versagt hast, Stringfellow. Du hast eine wunderschöne junge Soldatin in einen Kampf geführt und sie zurückgelassen, um deinen Arsch zu retten, als du die Flucht ergriffen hast. Ein toller Held bist du.«
Stringfellow kämpft mit seinen Fesseln, tut alles, um Archibald mit den Fäusten zu erreichen.
»Die Wahrheit ist eine bittere Pille, habe ich recht?« Er grinst. Dann presst er Stringfellows Lippen zusammen. »Führst du mal wieder Selbstgespräche? Dann hör auf damit. Es hört so oder so niemand zu.«
Ein paar Sekunden lang ergötzt sich Archibald an Stringfellows zunehmender Unruhe; dann spürt er plötzlich, wie sich der Biss von irgendetwas, das schon länger an ihm nagt, verstärkt. »Wie kommt es eigentlich, dass Lyme so scharf auf dich
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