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Die Marsfrau

Die Marsfrau

Titel: Die Marsfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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einer
Weise aus der Fassung gebracht. Was ihn traf wie ein
Keulenschlag: Mac hatte offenbar am Roten Felsen soeben ein
Rendezvous beendet!
Denn in dem Augenblick, als Alexej aufsah, verschwand, nur
wenige Sekunden noch sichtbar, eine zweite Gestalt, vielleicht
bereits 200 Meter von Mac entfernt, dort, wo sich der Cañon
entlang zog, und es war eine wenig oder dünn oder mit durch
den Regen enghaftendem Anzug bekleidete Frau. Der Anzug
schien ihm grünlich zu sein.
„Sieh einer an“, murmelte er, und er fühlte sich überrascht.
Nicht durch die Tatsache an sich. Mac traf sich mit einer Frau,
na und? – auch wenn er außerdem eine feste Bindung zu einer
Frau auf der Erde aufrecht hielt. Wenn Alexej von sich auf
andere schloss, schien ihm das durchaus normal. Er hatte sich
noch nie eine feste, langjährige Bindung vorstellen können.
Dagegen erinnerte er sich gern einer Vielzahl kurzer,
intensiver Beziehungen. Dass er nun hier auf dem Mars bisher
so gänzlich ohne Partnerin geblieben war, lag wohl
ausschließlich an den örtlichen Gegebenheiten. Es gab zwar im
Nordbezirk drei oder vier Stationen mit reinen
Frauenbesatzungen, aber einige 1000 Kilometer entfernt, und
Alexej waren Unternehmungen dieser Art zu unbequem. Er
hätte einen Fluggleiter anfordern – begründet, versteht sich –,
Urlaub beantragen, ein Abkommen mit Mac schließen und sich
verpflichten müssen, einen Arbeitsrückstand nicht zuzulassen.
Und das alles auf die Gefahr hin, dass die Kolleginnen dort im
Norden gar nichts von ihm wissen wollten.
Nein, was Alexej so in Verwunderung versetzte war, dass das
jener Mac sein sollte, der seit anderthalb Jahren jeder
Lebensäußerung seiner Kim gleichsam entgegengefiebert
hatte, dessen gesamtes Streben darauf ausgerichtet zu sein
schien, mit eben dieser Kim auf einer einsamen Station 70 bis
90 Jahre zu verbringen, jener, der seine ungeheure Kondition,
seine ausgeglichene Fröhlichkeit aus dieser Verbindung zu
schöpfen schien.
Wenn Alexej bereits all das an seinem Gefährten bewundert
hatte, dann kam jetzt etwas Neues hinzu: Mac hatte nicht wie
er aufgesteckt; er hatte trotz kolossal erschwerter Bedingungen
auch seiner Männlichkeit zu ihrem Recht verholfen. Und
Alexej kam zu der für ihn ein wenig bitteren Erkenntnis, dass
es ihm nicht gelungen war, den Gefährten in der langen Zeit
richtig kennen zu lernen.
Und dann stieg ein klein wenig Gekränktsein in ihm an:
Warum tun sie es so heimlich? Er wäre doch der Letzte, der so
etwas verurteilt. ,So viel Vertrauen hätte ich erwartet. Denn so
gut muss er mich kennen! Statt dessen treffen sie sich in Regen
und Schlamm. Ich hätte die Station jederzeit geräumt, wenn sie
allein sein wollten. Nun gut, wenn sie Heimlichkeit
wünschen…!’ Alexej wandte sich zum Gehen. Nun wollte er
unbedingt vermeiden, mit Mac hier draußen
zusammenzutreffen. Und in diesem Augenblick fasste er auch
den Entschluss, Mac gegenüber nicht das Geringste von seiner
Entdeckung verlauten zu lassen.
Über der Station riss die Wolke wie abgeschnitten ab. Dort
würde der Regen ebenso jäh aufhören. Außerdem hatte Alexej
nun nicht mehr den richtigen Spaß daran.
Er saß bereits wieder über seinem Riss, als Mac noch
nässetriefend, bis zum Gesäß mit rotem Schlamm beschmutzt
und
– wie es schien
– recht erschöpft, in den
Gemeinschaftsraum gestolpert kam. –
    Allan Nagy fühlte sich außer Stande, seine Gefühle zu ordnen.
Er glaubte, nunmehr alle Voraussetzungen zu haben,
erleichtert zu sein. Allein, ein solcher Zustand wollte sich nicht
einstellen.
    Zu dieser Vormittags stunde befanden sich in der kleinen
Kaffees tube kaum Gäste. Allan Nagy saß vor seinem Kognak
und versuchte sich zu entspannen.
    Nachträglich fand er es beschämend, dass er mit derart
klopfendem Herzen vor der Tür der Alten gestanden hatte,
nachdem er sich bereits Tage vorher entschlossen hatte, sie
aufzusuchen. Und doch, er hatte sich vorgestellt, wie sie rot
anliefe – schließlich hatte er einige solcher Ausbrüche bei ihr
erlebt – und wie sie ihn in aller Schärfe, ohne die Stimme zu
erheben, mit beträchtlichem Zynismus stauchen würde. Er
hatte sich vorgenommen, die Tirade, und wäre sie noch so
unsachlich, widerspruchslos über sich ergehen zu lassen.
Schließlich war er deswegen gekommen.
    Aber es lief anders.
Zunächst behandelte ihn Ramona-Ros Müller beinahe taktlos
sachlich und fremd. Überrascht gab sie sich überhaupt nicht.
Sie saß über eine Arbeit gebeugt,

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