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Die Marsfrau

Die Marsfrau

Titel: Die Marsfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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dem Notschalter. Sparlicht ging an,
ausreichend, sich zurechtzufinden. Langsam ging er auf die
Schränke zu, auf die Horte der kostbaren Faunella.
Kein Summen dort, die Zeiger am Anschlag jenseits der Null.
Die Schreiber standen auf 18.77 Uhr.
Allan sah auf sein Chronometer. 19.83 Uhr, noch siebzehn
Minuten bis Mitternacht. Seit 106 Minuten erstarb das Leben
hinter den Luken der Schränke. Die Säulenthermometer
zeigten unterschiedlichen Temperaturabfall, aber alle bereits
unter der Gefahrenmarke.
Wie konnte…?
Fest stand: Die Stromversorgung war – vielleicht durch den
Sturm – ausgefallen. Der Notstromkreis hatte sich automatisch
zugeschaltet, nicht aber der für die Geräte.
Allan konnte sich an keinen ähnlichen Vorfall erinnern. Ein
unwahrscheinliches Ereignis. Trotzdem: Tritt es ein, das
Wesentliche ist automatisch abgesichert. Und diese Automatik
– hatte offenbar versagt!
Während Allan im Schaltraum Schränke öffnete auf der
Suche nach dem Schaltelement, dachte er daran, dass er
alarmieren müsste.
Doch plötzlich war wieder Anne in seinem Denken und wie
sie ihn abgewiesen hatte.
Dann fand er den Umschalter und auf der Platine einen
kleinen zylindrischen Körper mit Brandspuren. Es roch
brenzlig nach verschmortem Kunststoff.
Allan zog den gesamten Einschub, hielt ihn nachdenklich in
der Hand, biss sich unentschlossen auf die Lippen, stand und
starrte.
Dann hämmerte ein Gedanke: Die Kulturen sind nicht mehr
zu retten, abgestorben, tot, sowieso. Ein technisches Versagen,
das kann passieren. In einem halben Jahr sind sie vielleicht
wieder herangezüchtet…
Dann kam Allan in den Sinn, wie oft am Anfang das
Faunella-Experiment vor dem Abbruch gestanden hatte, weil
sich kein Erfolg einstellen wollte, weil die Zahl der
überlebenden Kulturen unter dem Durchschnitt lag.
Wäre nicht die unermüdliche, starrköpfige Anne…
Anne! Wieder fühlte er einen schmerzhaften Stich.
Wenn es aber nun nicht diesen simplen Stromausfall gäbe,
sondern eine andere, eine unerklärliche Ursache…?
Mechanisch, noch immer den Einschub in der Hand, ging
Allan ins Magazin. Seine Handlungen wurden gezielter,
schneller, dann hastig.
Er fand einen Ersatzschalter, eilte zurück. Als er den Schub
schon in der Führung hatte, zögerte er, sah zur Uhr. Wenn er
den Kontakt herstellte, würden die Heizungen und Ventilatoren
anlaufen. 0.13 Uhr.
Dann schob Allan mit einem Ruck den Schalter ein und eilte
ins Labor zurück. Er schaltete die Temperaturregler ab und
wartete, bis die Thermometer Normalwerte zeigten. Dann
drehte er von Hand die Schreiber nach, auf den Zeitpunkt, den
die Zentraluhr des Laboratoriums zeigte. In Intervallen von
fünf Minuten wurden so Uhrzeit und Temperatur auf einem
Magnetband registriert. Die Kontrolle würde keine
Unregelmäßigkeit erkennen lassen.
Kalt überdachte Allan noch einmal seine Schritte. Er
entdeckte keine Unterlassung, nahm das defekte Schaltelement
an sich und löschte das Licht.
Als er von außen die Tür ins Schloss zog, blickte er durch die
Scheiben in bunte, gleißende Augen, die die toten Algen
bewachten. Dumme, verdummte Augen… –
    Allan Nagy riss sich aus der Erinnerung. Er murmelte
„Schwein“, dann erhob er sich. Einen Augenblick stand er
gedankenversunken inmitten des Zimmers. War eine gewaltige
Aufregung damals, als alle Kulturen eingegangen waren.
Niemand wusste, weshalb. ,Hast ganze Arbeit geleistet, Allan!’
Eine Sekunde lang spürte Nagy wieder etwas von der
Befriedigung, die ihn damals befallen hatte, als gleichsam über
Nacht die Versuche abgebrochen wurden. Doch dann das
Fiasko! Anne muss es gefühlt, geahnt haben…
    Allan Nagy strich sich über die Augen. Erneut befiel ihn der
Schmerz wie damals, als er feststellen musste, dass er Anne
verloren hatte…
,Sie wäre noch da und – sicher glücklich.
    Und da muss erst so ein Grünling, so ein Schweinetreiber
daherkommen…’
Gleichzeitig mit diesem Gedanken fühlte Allan jedoch, dass
es ihm nicht länger gelingen würde, im Umgang mit den
Kollegen Vergessen zu finden, die Erinnerung im autogenen
Training bewusst zu unterdrücken. Eine Haut hatte sich zwar
gebildet, aber eine verdammt dünne. Und gleichsam mit einer
unbedachten Handbewegung hatte dieser Sylvester Reim sie
aufgerissen.
Allan begann mit Bedacht zu packen, nur die persönlichen
Dinge. Die meiste Kleidung und viele Gebrauchsgegenstände
ließ er an ihrem Platz.
Er war gerade fertig und hatte den Koffer weggestellt, als es
klopfte. Und ohne sein

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