Die Maschen des Schicksals (German Edition)
Arme.
„Wir müssen gehen“, sagte Margaret leise.
Er ließ mich los, und ich warf ihm einen dankbaren Blick zu, bevor ich aus dem Laden rannte.
Die Belegschaft im Krankenhaus war fabelhaft, obwohl es, wie es mir schien, Stunden dauerte, bis wir mit jemandem sprechen konnten. Ich machte mir immer wieder schwere Vorwürfe, nicht mehr Zeit für meine Mutter gehabt zu haben. Sie hatte nie etwas von mir gefordert und war immer dankbar für das, was ich für sie erübrigte. Ich besuchte sie zwei- oder dreimal die Woche, doch das war offensichtlich nicht genug gewesen.
Margaret fuhr auch immer zu ihr, wenn sie konnte. Doch Mom brauchte mehr als gelegentliche Besuche von ihren zwei Töchtern. Ich wurde von Schuldgefühlen fast zerfressen, und ich glaubte, meiner Schwester erging es ebenso.
Margaret hasste Krankenhäuser. Sie sagte, es wäre wegen des Geruchs, der ihr sofort Angst machte. Ich hatte praktisch meine ganze Jugend in einem Hospital verbracht und mich so daran gewöhnt, dass ich ihn gar nicht mehr bemerkte. Meine Schwester klammerte sich förmlich an meinen Arm und ließ sich von mir führen.
Wir wurden gebeten, uns ins Wartezimmer zu setzen, bis der Arzt uns über den Zustand unserer Mutter informieren konnte. Die Sessel waren bequem, der Fernseher lief und zeigte eine Soap Opera – ironischerweise handelte es sich um „General Hospital“. Ich achtete nicht auf das, was auf dem Bildschirm geschah, hörte kein einziges Wort von dem, was gesprochen wurde. Stattdessen war ich vollkommen mit meinen Schuldgefühlen, Selbstvorwürfen und meiner Angst beschäftigt. Ganz bestimmt hatte ich bei meiner Mutter versagt, und alles war irgendwie meine Schuld.
Ein Arzt erschien, Margaret und ich sprangen gleichzeitig auf.
Der Mann kam gleich zum Punkt. „Ihre Mutter ist ernsthaft krank. Sie befindet sich in einem diabetischen Koma.“
Das war ein Schock für uns beide.
„Wir haben sie stabilisiert, und ich denke, wir werden ihren Insulinspiegel wieder ausgleichen können. Aber mit dieser Krankheit ist nicht zu spaßen.“
„Bei uns in der Familie hatte bisher niemand Diabetes“, sagte Margaret. „Wir hätten so etwas bei unserer Mutter nie erwartet.“
„Sie lebt allein?“
Wir nickten beide.
Wieder redete der Arzt nicht lange um den heißen Brei. „Also, ich schlage vor, Sie kümmern sich darum, sie in ein betreutes Wohnheim zu bringen.“
Er wollte, dass wir unsere Mutter aus dem Haus holten, in dem sie seit fünfzig Jahren lebte. Ich wusste nicht, ob ich dazu fähig wäre – andererseits hatten wir wohl keine andere Wahl.
30. KAPITEL
Elise Beaumont
E lise wartete auf Maverick. Auf den Mann, den sie so sehr liebte, dass sie jegliche Vernunft verloren hatte. Sie wusste genau, wer er war, kannte ihn und all seine Schwächen. Aber jetzt waren ihr seine Fehler völlig egal.
Es klopfte, und sie öffnete die Tür, um ihn hereinzulassen. Er zog sie an sich und küsste sie. Sie hatten sich nur einmal geliebt – in der Nacht nach ihrem Ausflug in die Berge. Anschließend hatten sie beide geweint und sich nach der gemeinsam erlebten Leidenschaft fest in den Armen gehalten. Ihr erstes sexuelles Erlebnis miteinander nach so vielen Jahren war eine Mischung aus Aufregung, Scham, Angst und Erwartung gewesen. Sie hatten sich erst etwas unbeholfen gefühlt, doch ebenso Zärtlichkeit und Lust empfunden. Seitdem verbrachten sie die meisten Nächte zusammen, aber hielten sich nur fest im Arm. Nach all dieser Zeit hätte Elise nie gedacht, dass sie je wieder einen Mann mit in ihr Bett nehmen würde, dazu noch in ein Einzelbett. Wenn jemand sie so sehen würde, dicht gegen die Wand gepresst, hätte er es sicher komisch gefunden. Sie schlief in seiner Umarmung ein, und ganz früh am Morgen schlich Maverick zurück in das Zimmer der Jungen.
Niemand bemerkte es. Jedenfalls nicht, dass sie wüsste. Sie nahm an, Aurora und David vermuteten etwas, aber keiner machte eine Bemerkung darüber. Elise verhielt sich so, als ginge sie fest davon aus, dass ihre Tochter von dem nächtlichen Umzug zwischen Mavericks und ihrem Zimmer nichts mitbekam.
„Das ist verrückt“, murmelte Maverick und zog die Decke zurück, damit sie beide darunterschlüpfen konnten. Er ließ sie zuerst ins Bett und folgte ihr dann.
„Was ist verrückt? Dass wir zusammen sind?“ Er hatte recht, aber es beunruhigte sie, dass er das sagte.
„Dass wir zusammen sind, ist das einzige Richtige an dieser Situation“, entgegnete er leise. „Was nicht
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