Die Maschen des Schicksals (German Edition)
Valentinstag“, sagte Grant mit einer so heiseren Stimme, dass sie sie kaum wiedererkannte.
Sie küsste ihn auf die Wange und spürte, wie er sich versteifte. „Grant, bitte … was ist los?“
Da begann er zu weinen. Sein ganzer Körper wurde von großen Schluchzern geschüttelt. In den zwanzig Jahren ihrer Ehe konnte sich Bethanne nur an wenige Situationen erinnern, in denen ihr Mann solche starken Gefühle gezeigt hatte. „Ich will dir nicht wehtun.“
„Sag es mir einfach!“
Er fasste sie so fest bei den Schultern, dass sich seine Finger fast schmerzhaft in ihr Fleisch drückten. „Du bist eine gute Frau, Bethanne, aber …“ Er stockte. „Aber ich liebe dich nicht mehr.“
Zuerst dachte sie, dass er einen Scherz machte, und kicherte nervös. „Was soll das heißen, du liebst mich nicht mehr? Grant, wir sind seit zwanzig Jahren verheiratet.
Natürlich
liebst du mich.“
Er schloss die Augen, als könne er es nicht ertragen, sie anzusehen. „Nein, das tue ich nicht. Es tut mir so leid. Aber ich habe es versucht. Ich habe es weiß Gott versucht. Ich kann mit dieser … dieser Charade nicht länger leben.“
Bethanne starrte ihn sprachlos an. Das war der Mann, mit dem sie all die Jahre zusammengelebt und geschlafen hatte. Und plötzlich, auf einen Schlag, war er ein Fremder geworden.
„Was ist passiert?“, erkundigte sie sich unsicher.
„Bitte“, flehte er, „zwinge mich nicht, es zu sagen.“
„Was zu sagen?“ In diesem Moment war sie eher verwundert als verärgert. Statt die Worte persönlich zu nehmen, verfiel sie sofort in ihre pragmatische Art, ein Problem anzugehen. Was auch immer nicht stimmte, konnte in Ordnung gebracht werden, genauso wie ein undichter Wasserhahn oder eine kaputte Steckdose. Man brauchte nur den Klempner oder den Elektriker zu bestellen. Was immer reparaturbedürftig war, benötigte lediglich die entsprechende Behandlung, und alles funktionierte wieder so wie vorher.
„Es gibt einen Grund, warum ich dich nicht mehr liebe“, stieß ihr Mann zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Er warf die Steppdecke zur Seite und stand auf. Seine gereizte Art bestürzte sie.
„Grant, was ist in dich gefahren?“
Er stieg in seine Hosen, zog sie hoch und schloss den Reißverschluss. „Bist du wirklich so schwer von Begriff, dass ich es aussprechen muss?“
Innerhalb von Sekunden war aus dem Häufchen Elend ein Tyrann geworden. „Was aussprechen?“, wollte sie wissen und hob unschuldig die Hände, in Erwartung dessen, was immer er ihr zu sagen hatte. Sie war mehr von seiner aggressiven Art schockiert als von seinen Worten.
Er hielt inne, den einen Arm im Ärmel seines Hemdes. Seine Worte kamen ohne jede Gefühlsregung und ohne dass er sie ansah. „Es gibt jemand anderen.“
Da begriff Bethanne endlich. „Du hast … eine Affäre?“ Plötzlich fühlte sie sich wie betäubt, und ihr Mund war wie ausgetrocknet. Ihre Zunge schien auf die doppelte Größe angeschwollen zu sein, sodass sie nicht sprechen konnte. Das war unmöglich. Sie weigerte sich, das zu glauben – Grant würde sie niemals betrügen. Sie hätte es gewusst, wenn er jemand anders gehabt hätte. In Filmen und Büchern hatten Männer Affären. Das war etwas, das anderen Frauen passierte, in anderen Ehen, aber nicht in ihrer. Im ersten Augenblick wollte sie es einfach nicht wahrhaben, bis er weiterredete, während er sich für die Arbeit anzog.
„Wann? Wie?“, stotterte sie.
„Wir haben uns im Büro kennengelernt“, sagte er. „Sie ist auch Maklerin, und sie war neu in der Firma.“ Er seufzte schwer. „Ich habe versucht, unsere Ehe zu retten, aber es ging nicht. Es war nicht meine Absicht, dass so was passiert.“ Sie hörte für einen kurzen Moment einen fast flehenden Tonfall in seiner Stimme, der aber sofort ärgerlich wurde. „Verdammt, Bethanne, mach es nicht noch schwieriger, als es ohnehin schon ist.“ Als hätte er es bereits seit Tagen geplant, öffnete er die Schranktür und zog einen Koffer heraus, den er aufs Bett legte.
„Du … gehst?“
Er beantwortete ihre Frage, indem er die Schubladen öffnete und seine Kleidungsstücke herausnahm. Bethanne zuckte zusammen, als sie beobachtete, wie er einen Stapel ordentlich zusammengelegter Unterhemden in den Koffer tat. Grant war ziemlich eigen mit seinen T-Shirts, sie mussten auf besondere Art gefaltet sein. Er war, was sein Äußeres betraf, besonders sorgfältig, und dieser Perfektionismus betraf auch sein Haar und die
Weitere Kostenlose Bücher