Die Maschen des Schicksals (German Edition)
irgendeinem Grund wollte Margaret nicht mit mir darüber sprechen. Ich würde sie nicht dazu drängen, doch ich hoffte, dass sie bald von selbst zu mir käme. Bis dahin konnte ich nichts weiter tun, als ihr meine Zuneigung zu zeigen, ihre schlechten Launen geduldig zu ertragen und zu warten, bis sie Vertrauen zu mir fassen würde.
„Ich glaube schon“, widersprach Brad sanft. „Dazu kenne ich dich zu gut, Lydia. Du kannst es nicht so lange für dich behalten. Das ist einfach deine Natur.“
Ich lachte darüber, aber ich wusste, dass er eigentlich recht hatte.
6. KAPITEL
Elise Beaumont
E lise stellte fest, dass sie sich auf den Beginn des Kurses im Sockenstricken freute. Ohne ihrer Tochter etwas zu verraten, hatte sie Wolle gekauft, um David, ihrem Schwiegersohn, das erste Paar zu stricken. Es sollte eine kleine Anerkennung sein, mit der sie ihm ihre Dankbarkeit dafür zeigen wollte, dass sie während der anstrengenden Zeit des Prozesses bei den beiden wohnen durfte. Nach den letzten Informationen ihres Anwalts gab es noch keine nennenswerten Fortschritte; Geduld war gefragt. Sie fand es so demütigend, dass sie nach all ihren sorgfältigen Planungen nun bei ihrer Tochter und deren Mann hatte unterkommen müssen, egal ob dieses Arrangement nur vorübergehend war oder nicht.
Am Nachmittag vor dem Dienstagskurs saß Elise auf der Terrasse und las, eine Beschäftigung, die sie immer wieder mit tiefer Befriedigung erfüllte. Schon als Kind waren Bücher ihre Leidenschaft gewesen. Früh hatte sie angefangen zu lesen und konnte sich erinnern, wie sie mit einem Buch in der Hand in ihrem Kinderbett gesessen hatte, vollkommen zufrieden. Ihre Liebe zu Büchern hatte ihr die ganzen Jahre über sehr geholfen.
Heute las sie Jane Austens „Emma“ zum wiederholen Mal, so wie sie es etwa alle zehn Jahre tat. Es gab solche Romane, wahrhaftige Klassiker, die sie immer wieder zur Hand nahm. Austen, Brontë, Flaubert und ihre Lieblingsschriftstellerin George Eliot. Diese Autoren beschrieben das Leben und die Gefühle von Frauen auf eine Art, die ein Jahrhundert später noch immer zutreffend war. Sie las gerade eine Szene, in der Mr. Knightley und Emma mal wieder miteinander stritten, als Aurora die Glasschiebetür öffnete und zu ihr auf die Terrasse trat. „Können wir mal kurz miteinander reden, Mom?“, fragte sie vorsichtig. Sie setzte sich auf den Stuhl neben die Liege, auf der sich Elise ausgestreckt hatte. Aurora hielt ein großes Glas Eistee in der Hand, in dem die Eiswürfel leise klirrten. Offensichtlich war sie nervös.
„Natürlich.“ Elise steckte sorgfältig ihr Lesezeichen zwischen die Seiten und klappte das Buch zu. So wie ihre Tochter sich benahm, schien es sich um etwas Wichtiges zu handeln.
„Ich will über Daddy reden“, ließ sie ihre Mutter wissen und nahm damit ohne große Umschweife das unangenehmste Thema überhaupt in Angriff.
Elise war immer sehr vorsichtig bei allem, was ihren Exmann betraf. Maverick war ein raffinierter, wortgewandter Mann, der so sympathisch wirkte, dass man ihm schwer etwas ausschlagen und er jeden um den Finger wickeln konnte. „Von mir aus.“ Ihre Tochter wusste im Wesentlichen, wie Elise Maverick kennengelernt, sich kopflos in ihn verliebt und ihn dann geheiratet hatte. Die Ehe hatte keine achtzehn Monate gehalten, zwei Jahre auf dem Papier.
Oh, wie der Mann reden konnte. Elise würde jede Wette eingehen, dass er auch eine Klapperschlange mit seinem Charme bezirzen könnte. Schon als Teenager war sie sich bewusst gewesen, keine besondere Schönheit zu sein. Maverick hatte immer wieder das Gegenteil behauptet. Jung und naiv, wie sie gewesen war, hatte sie sich über seine Komplimente gefreut und sie in vollen Zügen genossen. Sie glaubte ihm, denn sie wollte schrecklich gern so schön sein, wie er sagte. Bei Maverick fühlte sie sich attraktiv und reizvoll. Doch sie brauchte nicht lange, um festzustellen, dass sie in einer Traumwelt lebte.
„Was ist mit deinem Vater?“, fragte Elise und versuchte, so neutral wie möglich zu klingen.
„Du hast ihn mal geliebt, oder?“
Das war eine gemeine Frage und nicht einfach zu beantworten. Sie war Maverick begegnet, als sie sich gerade in einer sehr verletzlichen Phase ihres Lebens befunden hatte, als die Hormone über die Vernunft regiert hatten. Zu der Zeit hatte sie geglaubt, ihn zu lieben. Doch später dachte sie, dass es nur die Lust gewesen sein konnte, die sie verbunden hatte, keine Liebe. Liebe hält an. Aber das,
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