Die Maschen des Schicksals (German Edition)
ulkig zu finden.
„Du schläfst in dem unteren Bett, und Luke und ich teilen uns das andere“, erzählte John und stürzte sich auf die Matratze. „Mom hat alles neu bezogen.“
„Weil John immer noch ins Bett macht.“
„Mach ich nicht!“, schrie John, sprang auf und schwang wild die Fäuste vor seinem Bruder.
Elise wollte schon ins Zimmer gehen, um den Kampf zu unterbinden. Aber Maverick hatte die Situation schnell unter Kontrolle und trennte die Jungs voneinander. Er lenkte die beiden ab, indem er sich von ihnen den Rest des Hauses zeigen ließ. Da sie nicht mehr gebraucht wurde, zog sich Elise in ihr eigenes Zimmer zurück.
Eine Dreiviertelstunde später saß sie mit hochgelegten Beinen vor dem Fernseher und strickte. Sie bekam kaum mit, was in den Nachrichten gesendet wurde, denn in Gedanken war sie bei ihrer Familie. Sie ärgerte sich, dass sie sich durch Maverick daran hindern ließ, mit denen zusammen zu sein, die sie am meisten liebte.
Jemand klopfte leise an die Tür. Kurz darauf steckte Aurora den Kopf herein. „Ich hoffe, dass du uns beim Dinner Gesellschaft leistest“, sagte sie mit einem flehenden Blick. „David kommt heute extra früher nach Hause, und es würde mir sehr viel bedeuten, wenn du dabei wärst.“
Elise hätte dieses „Willkommens-Essen“ lieber vermieden. Doch sie konnte ihrer Tochter kaum eine Bitte abschlagen, während diese sich ihr gegenüber die ganze Zeit so wundervoll verhielt und sie in ihrer finanziellen Situation nicht im Stich ließ. „Ist in Ordnung.“
„Danke.“ Auroras Augen leuchteten erfreut.
Wenn Elise sich richtig erinnerte, war dies das erste Mal, dass Aurora mit beiden Elternteilen zum Essen am Tisch saß. Eine sehr traurige Feststellung. Sie hätte sich ihrer Tochter zuliebe einen anderen Verlauf ihrer Ehe gewünscht. Elise hielt sich nicht für eine besonders emotionale Frau, doch Auroras Freude über etwas so Belangloses trieb ihr tatsächlich die Tränen in die Augen.
Als Elise schließlich ins Esszimmer kam, war David schon da und goss gerade den Wein für die Erwachsenen ein. Sie hatte ein gutes Verhältnis zu ihrem Schwiegersohn. Soweit sie es beurteilen konnte, war er der perfekte Ehemann. Sie freute sich so sehr für Aurora, dass diese – anders als ihre Mutter – genug Verstand besessen hatte, einen anständigen, zuverlässigen Mann zu heiraten, der einer richtigen Arbeit nachging.
Aurora hantierte noch immer in der Küche herum, und Elise ging zu ihr. Während David und Maverick sich unterhielten und Wein tranken, trugen die Frauen den Salat, aufgeschnittenen Braten, Kartoffelpüree und Soße zum Tisch.
„Ein richtiges Festessen“, kündigte Luke aufgeregt an.
„So wie Thanksgiving, nur dass es keinen Truthahn gibt“, fügte der rothaarige John hinzu, während er seinen Stuhl näher an den Tisch rückte. „Ich will neben Grandpa sitzen.“
„Ich auch“, sagte Luke entschlossen, und es sah so aus, als wollten sich die Brüder schon wieder aufeinanderstürzen. Maverick machte dem Streit gleich ein Ende, indem er versprach, sich zwischen sie zu setzen.
Trotz der Bedenken, die Elise gehabt hatte, wurde es ein angenehmes Dinner. Maverick unterhielt die Runde mit Erzählungen von seinen Reisen. Er war überall auf der Welt gewesen, von Alaska bis Zimbabwe, von Frankreich bis Polynesien, und hatte Orte besucht, die Elise bisher nur aus Büchern kannte. Eines Tages werde ich auch dorthin kommen, sagte sie sich, doch die Aussicht darauf schwand mit jeder Nachricht ihres Anwalts weiter dahin.
Bevor das Dessert serviert wurde, räumte Elise das Geschirr in die Spülmaschine und brühte Kaffee auf. Sobald sie die Möglichkeit sah, würde sie sich in ihr Zimmer zurückziehen und stricken. Da sie wusste, dass Aurora so viel Zeit wie möglich mit ihrem Vater verbringen wollte, trug sie die Kaffeekanne ins Wohnzimmer, in das alle umgezogen waren.
„Kommt, Jungs, ich bringe euch ins Bett“, sagte sie zu ihren Enkeln.
Diese Ankündigung löste das übliche Murren und Stöhnen aus.
Elise hatte nichts anderes erwartet. „Ich lese euch noch ein Kapitel aus dem „Hobbit“ vor.“
Das Gejammer ließ etwas nach.
„Lass mich das machen, Elise“, bot sich Maverick an.
Sie überließ ihm diese Aufgabe sehr gern, doch sie musste ihn vorwarnen. Wenn sie einmal angefangen hatte zu lesen, war es schwierig, wieder wegzukommen. Die Jungs wollten immer mehr hören. Ständig flehten sie: „Noch ein Kapitel, Grandma“ oder „Bitte nur
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