Die Maske des Alien
erwachsene männliche Alveaner essen im Übermaß. Erzähl mir nicht, daß du das noch nicht bemerkt hast.“
„Ich hatte noch keine Zeit, irgend etwas zu bemerken.“ Was Fain allerdings, zu seiner eigenen Überraschung, sehr wohl bemerkte war, daß die Frau erstaunlich hübsch war. Nicht schön – nicht wie Batemans Töchter –, aber seltsam sinnlich und eher körperlich, eine feste, kräftige Erscheinung und nicht ein Gebilde aus Seide, Flaum und feinen Spitzen. „Aber der Änderung hätte es bemerkt.“
„Joane ist nicht der Änderung.“
„Woher weißt du das?“
„Ich weiß es nicht, aber Scorpio weiß es. Und der ist schon wieder eingeschlafen.“
Fain warf einen Blick hinter sich, um sicherzugehen, daß Skallon recht hatte, und als er den schlummernden Hund sah, schob er den Hitzestrahler in sein Holster. „Es tut mir leid“, sagte er, zu Kish gewandt, „aber wir können gar nicht vorsichtig genug sein. Skallon hat Euch gesagt, warum wir hier sind . Der Feind kann überall sein – und in jeder Gestalt.“
„Ich weiß, ich weiß, aber …“ Kish starrte auf den Fußboden, wo Fains zweite Fleischportion wie ein feuchter Klumpen unter den Scherben des Tellers lag. „Es ist noch mehr da. Ich bringe …“
„Nein“, sagte Fain. „Laßt es gut sein. Wir haben Euch lange genug wachgehalten. Geht jetzt schlafen. Du auch.“ Dies galt dem Jungen, der die ganze Zeit über nichts gesagt und sich damit begnügt hatte, mit weit aufgerissenen, erstaunten Augen zuzusehen. „Eure Frau kann uns bringen, was wir noch brauchen.“
„Ja, natürlich. Meine Frau. Ja, natürlich. Joane, neues Fleisch für unsere Gäste.“
Fain kehrte in den Speiseraum zurück. Als er sich an den Tisch setzte, murmelte Skallon ihm ins Ohr: „Du hast soeben eine wesentliche Regel der Etikette verletzt. Eine alveanische Frau bedient niemanden außer ihrem Mann.“
Fain zuckle die Achseln. „Die wissen doch schon, daß ich ein Wilder bin.“
Die Frau erschien mit einer Platte voll gekochtem Fleisch, die sie vor Fain auf den Tisch stellte. Sie war allein. Also waren Kish und Danon offenbar durch einen rückwärtigen Gang verschwunden. Während er aß, stellte Fain fest, daß er seinen Blick nicht von Joane abwenden konnte. Sie saß neben der Küchentür und erwiderte sein Starren, und es schien, als lächelte sie kaum merklich. Sie sieht mich an, als ob sie alles über mich wüßte, dachte Fain. Aber wie könnte sie das? Die Frau war eine Alveanerin. Trotz ihrer breiten Hüften, ihrer schweren Brüste und der dicken, aufgeworfenen Lippen war sie ein Konstrukt, pseudo-menschlich, ein Wesen, das für das Leben auf dieser fremden Welt entwickelt worden war.
Und Fain wußte, daß ihm alle derartigen Leute zuwider waren.
Er mußte seinen ganzen Willen aufbieten, um seine Augen von der Frau abzuwenden und Skallon anzusehen, der anscheinend schon wieder halb schlief. „Hör mal“, sagte er, „ich habe dich nicht mit herunlergebeten, damit du mich den Eingeborenen vorstellst. Es gibt ein paar Dinge, die wir, meine ich, diskutieren sollten, ehe es hell wird. Wir müssen unsere grundsätzliche Strategie klären. Änderlinge schlafen nämlich nicht, weißt du, und sie machen sich nur selten die Mühe, etwas zu essen. Er ist uns jetzt schon voraus, und wir können uns nicht erlauben, den Abstand weiter zu vergrößern.“
„Und was schlägst du vor?“ Skallon bemühte sich, durch die unübersehbaren Schranken seiner Erschöpfung wenigstens halbwegs interessiert auszusehen.
Fain warf einen Blick auf die Frau. War es klug, in ihrer Gegenwart zu reden? Aber sie war ja nicht der Änderung selbst, und sie arbeiteten niemals mit Spionen. Er hatte das Gefühl, daß sie, selbst wenn er sie wegschickte, einen Weg finden würde, um zuzuhören. Falls das
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