Die Masken des Morpheus
sich vor den Blicken der Kämpfenden zu verbergen.
»Ihr lebt! Ich bringe Euch hier raus«, drang unvermittelt eine aufgeregte Stimme an sein Ohr. Von der Seite näherte sich ihm einer von Ikelas Leuten.
»Ich komme schon zurecht«, rief er. »Geh und hilf deinen Kameraden.«
Widerstrebend fügte sich der Leibwächter seinem Befehl und verschwand im Nebel des Pulverrauches.
Arian wankte weiter. Die schmerzende Schulter war nicht einmal das Schlimmste. Anscheinend befand sich sein Körper in einem Schockzustand, der ihn betäubte. Besorgniserregender war der starke Blutverlust. Jeder Schritt kostete ihn größere Anstrengung. Bald würde er sich nicht mehr auf den Beinen halten können.
Endlich erreichte er den Ausgang. Überraschenderweise traf er im Vorraum dahinter auf die vier Bewacher des Gefangenen. Trotz des Kampflärms hatten sie sich nicht von der Stelle gerührt. Sie bedrohten sich gegenseitig mit gezückten Schwertern und Pistolen. Der gefesselte Kommissar drückte sich ängstlich in eine Ecke der Kammer.
Arian warf sich den Mantelsaum über die blutende Schulter und überspielte seine Schwäche mit kalter Härte. »Was soll das?«, herrschte er die Männer an.
Verwirrte Blicke begegneten ihm. Einer von Ikelas Leuten wagte zu fragen, was der Lärm im Tempel zu bedeuten habe.
»Ein tragisches Missverständnis«, erklärte Arian. »Morpheus wurde verletzt. Die Aufwiegler sind anscheinend geflohen. Habt Ihr jemanden rauskommen sehen?«
»Ja. Zwei sogar.«
»Der eine war Xix«, fügte ein anderer Mann hinzu. »Er wollte einen Arzt holen und sagte, wir sollten verhindern, dass ihm irgendwer folge. Kurz danach kam einer von Euren Leuten heraus, der behauptete, der Fürst selbst habe ihn geschickt, um den Verräter einzuholen. Wir waren verwirrt, als er davonlief. Dann hat aber doch einer von uns in den Gang geschossen, weil uns die Sache komisch vorkam.«
»Ihr Holzköpfe!«, brüllte Arian. »Beide waren Agents provocateurs der Freien, die wollen, dass wir uns gegenseitig umbringen. Und ihr habt sie entwischen lassen. Ihr müsst auf der Stelle eure Kameraden beruhigen, sonst kommt hier keiner lebend raus.«
Vier Augenpaare sahen einander unschlüssig an.
»Habt ihr nicht gehört?«, schrie er die Männer an. »Geht sofort in den Tempel und schafft Ordnung.«
»Seine Hoheit hat uns befohlen, auf den Gefangenen aufzupassen«, widersprach einer aus dem Gefolge des Metasomenfürsten.
»Darum kann ich mich kümmern.« Arian zog seinen Dolch und lief auf den Einäugigen zu, der in seiner Ecke wie Espenlaub zitterte. »Ich bleibe bei ihm. Jetzt macht schon, oder wollt Ihr, dass Morpheus euch bestraft, weil ihr ihn im Stich gelassen habt?«
Unwillig fügten sich die vier ihrem Befehl.
Sobald sie im Tempel verschwunden waren, wandte sich Arian dem Gefangenen zu. »Wie viele Unschuldige haben Sie aufs Blutgerüst gebracht?«
Der Mann schüttelte ängstlich den Kopf.
»Sie sind eines todeswürdigen Verbrechens schuldig. Wenn ich Sie trotzdem losschneide, versprechen Sie mir dann, Ihren Rücktritt als Kommissar einzureichen, niemanden mehr unter die Guillotine zu schicken und sich fortan für ein gerechteres Miteinander Ihrer Mitbürger einzusetzen?«
Der andere nickte hektisch.
»Also gut.« Arian befreite den Jakobiner von seinem Knebel. »Sie haben es zwar nicht verdient, aber ich gebe Ihnen die Chance, ein besseres Leben zu führen. Drücken Sie Ihren Mantel fest auf die Wunde.«
»Welche Wunde?«, fragte der verdutzte Kommissar.
Arian schnitt die Fesseln des Gefangenen durch und berührte ihn dabei an den Händen. »Die an deiner Schulter«, sagte er mit Turtlenecks Stimme.
Er hätte sich nie träumen lassen, die Rückkehr in den Körper des Einäugigen als Befreiung zu empfinden. Für Arian war es der bisher müheloseste Swap gewesen, weil er ihn selbst herbeigeführt hatte und darauf vorbereitet war. Erwartungsgemäß nahm der Tausch den Kommissar in Ikelas blutleerer Hülle erheblich mehr mit. Er verlor zwar nicht die Besinnung, doch ihm knickten die Beine ein und er wirkte völlig orientierungslos.
Spielend entwaffnete Arian ihn. »Kümmern Sie sich um die Wunde«, erinnerte er den Verletzten. Aus dem Tempel drang nach wie vor Kampflärm.
Auf einmal wankte ein verwundeter Mann in den Vorraum. Unter seiner weißen Maske sickerte Blut hervor. Mit starrem Blick sah er die zwei an, richtete stumm seine Pistole auf Arian und drückte ab.
Klick!
Das Steinschloss zündete nicht. Die einzige
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