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Die Masken des Morpheus

Die Masken des Morpheus

Titel: Die Masken des Morpheus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Kugel war vermutlich längst verschossen. Der Mann verdrehte die Augen und brach zusammen.
    Arian lief auf den Ausgang zu. Die Fackeln zu beiden Seiten des Tunnels fauchten an ihm vorbei. Nach wie vor spürte er die verblassende Präsenz des Metasomenfürsten. Sie war stärker und düsterer als die von Ikela und jedes anderen Swappers, der diesen Weg benutzt hatte. Lag das an den Blutsbanden zwischen Urgroßvater und Urenkel oder daran, dass er den Dieb seines Körpers verfolgte?
    Allmählich blieb der Kampflärm hinter ihm zurück. Nach ungefähr fünfzig Schritten sah er eine Blutspur am Boden. Die gerade gehörten Worte fielen ihm wieder ein. Dann hat aber doch einer von uns in den Gang geschossen …
    Da war jemand! Jetzt konnte es Arian deutlich erkennen. Schwarz vermummt wie alle Besucher des Tempels. Die Gestalt lag zusammengesunken an der Geheimtür, die in den Keller des Theaters führte. Er wurde langsamer. Vielleicht abermals so ein verwirrter Krieger, der gleich versuchen wird, um sich zu schießen , dachte er. Im Fackellicht sah er eine Blutlache unter dem reglosen Körper. Arians Stiefelsohle schabte über den Boden. Der Kopf des Gefallenen wandte sich ihm zu.
    Es war Ikela im stämmigen Leib des Sekundanten.
    Arian lief wieder schneller und ließ sich neben ihr auf die Knie sinken. Sofort umklammerte er fest ihr Handgelenk, um nicht noch einmal von ihr überrumpelt zu werden. Der Schuss hatte sie in den Rücken getroffen.
    Sie lächelte müde. »Es ist wohl mein Schicksal, in diesem elenden Loch zu sterben. Ich konnte ihn nicht aufhalten.«
    Seltsamerweise empfand er keinen Zorn über ihre Heimtücke, die ihn leicht das Leben hätte kosten können. Sie tat ihm leid. »Es war Morpheus. Er hat mit seinem Faktotum den Körper getauscht.«
    »Ich weiß.«
    »Woher … ?«
    »Der angebliche Fürst hat … irgendwie falsch geklungen.« Sie schluckte. Das Sprechen fiel ihr sichtlich schwer. »Für Morpheus wäre mein Auftritt … ›famos‹ gewesen, nicht ›dramatisch‹. Zu seiner … seiner hochtrabenden Redeweise gehören Worte wie ›jedwede‹ oder ›angedeihen lassen‹. Xix … hat sie kein einziges Mal benutzt. Leider… leider ist mir das zu spät aufgegangen, weil mein Zorn mich blind machte. In deinem Körper wollte ich ihn noch einholen, doch … er ist mir entwischt. Wie hast du … seinen Betrug bemerkt?«
    »Nostradamus sagte es mir, ehe er starb. Er kam mir heute von Anfang an so verändert vor. Offenbar hat er uns gegen seinen Willen verraten. Warum sonst hätte er versuchen sollen, Euch das Leben zu retten.«
    »Morpheus … kann sehr überzeugend sein. Der arme Michel.« Ihre Stimme wurde mit jedem Satz schwächer. Sie schloss die Augen.
    Arian fühlte Verzweiflung in sich aufsteigen. War sie tot? Unwillkürlich umklammerte seine Rechte fester ihr Handgelenk.
    Plötzlich riss sie die Augen auf und starrte ihn wie eine Wahnsinnige an. »Du musst Zigor warnen! Und Mira! Sonst findet er sie und bringt sie alle um.«
    »Das werde ich«, versprach er. »Nur, wie soll ich Morpheus besiegen? Er hat mich immer wieder hereingelegt.«
    »Die Antwort … liegt in dir selbst.« Ihre Stimme war kaum noch zu verstehen.
    Arian schüttelte verzweifelt ihren Arm. »Ihr dürft uns jetzt nicht verlassen, Ikela. Ich habe Tarin die Botschaft geschickt. Der Angriff auf Ivoria ist nicht mehr aufzuhalten. Morpheus wird nicht dorthin zurückkehren. Wo kann ich ihn finden?«
    »Das brauchst du nicht«, hauchte sie. »Er wird dich finden.« Ikelas Augenlider sanken herab und ihr Kopf kippte schlaff zur Seite.
    Plötzlich hallte ein Schuss durch den Gang.
    Arian duckte sich.
    Eine Kugel zischte an seinem Ohr vorbei und schlug in die Geheimtür ein.
    Er hatte geglaubt, sämtliche Munition wäre verschossen. Rasch stieß er die Tür auf, stürzte in den dahinterliegenden Kellerraum und verriegelte den Ausgang hinter sich. Lange würden sich die Verfolger davon sicher nicht aufhalten lassen. Eilig durchquerte er die Gewölbe, in denen Kulissen und allerlei Geräte lagerten. Über eine Steintreppe gelangte er in das Theater hinauf. Plötzlich stand er einer Balletttänzerin gegenüber.
    Für einen Augenblick staunten sie einander an. Dann kreischte die junge Dame wie am Spieß – vielleicht hatte sie der Anblick des roten Kristallauges erschreckt.
    Arian ergriff die Flucht. Er rannte zu dem Hinterausgang, durch den er zuvor den Salle de la Porte Saint-Martin betreten hatte, und floh hinaus auf die Straßen von

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