Die Masken des Morpheus
Legros.«
»Mich kannst du nicht zum Narren halten«, sagte aus der Zelle gegenüber eine Stimme, die Arian nur allzu gut kannte, war es doch seine eigene.
Seine freundliche Miene versteinerte. Er nickte dem Bankier zu und drehte sich um. »Urgroßvater.«
Morpheus zog eine abfällige Grimasse. »Koste deinen Triumph ruhig aus, mein Sohn. Der bittere Nachgeschmack wird dir weniger munden.«
»Redest du von meinem Vater? Wo ist er?« Arian spürte Miras Hand auf seiner Schulter. Sie ahnte wohl, wie aufgewühlt er innerlich war.
»Wer weiß? Vielleicht tot? Oder im Kerker von Ivoria?«
»Da ist er nicht. Während du heute festgenommen wurdest, hat Tarin auf dem Montmartre mit Abbé Chappe gesprochen. Als er hörte, welches Urteil seinen geheimen … Gönner erwartet, erzählte er uns von der Erstürmung Ivorias. Mein Vater war nicht da. Wo hast du ihn versteckt?«
»Er lebt nicht mehr.«
»Das ist eine Lüge!«, schrie Arian. Er ballte zornig die Fäuste. Morpheus blieb unbeeindruckt. Er schob sein Gesicht zwischen die Gitterstäbe und grinste. »Es ging immer nur um dich, Arian. Du warst der Bastard, der meine Macht herausforderte. Das konnte ich nicht dulden, auch wenn du mein Urenkel bist. Tobes ließ ich nur leben, weil ich hoffte, durch ihn zu dir zu finden. Dann sah ich dich auf der Guillotine sterben und dieser Rebell war nicht länger von Wert für mich. Xix hat ihn getötet.«
»Du … Ungeheuer!« Arian war außer sich vor Zorn. Hätte Mira ihn nicht festgehalten, wäre er Morpheus an die Gurgel gegangen.
Der Fürst lachte leise. »Du solltest dich sehen, Sohn. Dein Hass quillt dir aus allen Poren. Es fehlt nicht mehr viel und du wirst sein wie ich.«
»Niemals!«, zischte Arian. »Ich mag von deinem Blut sein, aber deine Niedertracht ist mir fremd. Ich will nur wieder ich selbst sein. Gib mir zurück, was mir gehört.«
»Du meinst deinen Körper? Diesen jungen, starken Leib? Möchtest damit wohl das Mädchen an deiner Seite beeindrucken, was?«
»Deinen hämischen Ton kannst du dir sparen, du Monster. Tu wenigstens noch einmal etwas Gutes, ehe du das Blutgerüst besteigst.«
Morpheus streckte grinsend die Hand durch die Gitterstäbe. »Komm und berühre mich.«
Arian hob den Arm.
»Tu es nicht!«, raunte Mira. »Er ist zu mächtig für einen Zweikampf. Du würdest mit ihm verschmelzen.«
»Das hat er schon mal versucht. Ich bin ein Blocker.« Seine Fingerspitzen näherten sich denen des Fürsten.
»Bitte, Arian! In London hast du ihn überrascht. Jetzt wird er seine ganze Macht gegen dich ausspielen und dich töten.«
In seinem Innern tobte ein Sturm. Sollte er es trotzdem wagen? Seine Hand schob sich weiter auf Morpheus zu.
»Bitte!«, flehte Mira. »Wir wollten heute nur das Schicksal deines Vaters klären. Deinen Körper können wir uns später holen. Bis er auf die Guillotine kommt, fällt uns schon etwas ein.«
Nur ein Zoll Luft trennte die beiden Hände noch.
»Es ist nicht wichtig für mich, wie du aussiehst, Arian«, sagte Mira. »Ich liebe dich so, wie du bist, ob hässlich oder schön. Ich möchte mit dir alt werden. Wenn du stirbst, will ich auch nicht mehr leben.«
Er ließ den Arm kraftlos niedersinken und sah sie mit großen Augen an. »Ist das wahr?«
Plötzlich hörte er ein Rascheln aus der Zelle. Während sein Kopf herumflog, schoss ihm ein furchtbarer Gedanke durch den Sinn. Die Ratte!
Arian sah es kommen und konnte es doch nicht verhindern. Sein athletischer Körper warf sich mit artistischer Bravour auf das Nagetier. Das versuchte zwar zu entkommen, aber Morpheus schnitt ihm auf allen vieren den Fluchtweg ab und erwischte es am Schwanz. Mehr brauchte er nicht für den Swap.
Étienne Clavière kicherte. »Was für eine seltsame Familie!«
Der Metasomenfürst, jetzt im schwarzen Fell des Nagers, huschte in das Wandloch. Zurück blieb ein junger Mann, der scheinbar ziellos über den Boden kroch und an dem fauligen Stroh schnüffelte.
»Nein!«, schrie Arian. »Nein, nein, nein!« Das konnte nicht wahr sein. Würde er diesen Fluch denn nie loswerden?
Mira griff seinen Arm und klopfte ihm auf den Rücken. »Beruhige dich, sonst kommt der Concierge und wirft uns raus.«
Der Bankier klatschte begeistert in die Hände. »Was für eine Dramatik! Besser als diese neumodischen Revolutionsstücke im Theater. Hier, mein hübscher Rattenmann, du sollst nicht ohne Lohn ausgehen.« Er warf einige Brotkrumen durch das Türengitter.
Vom Ende des Ganges waren Schritte zu
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